Autor: Annette und Stefan

Findet Nemo

Als Urlaubsziel haben wir uns die Insel Ko Chang im äußersten Südosten an der Grenze zu Kambodscha ausgeguckt. Doch bis dorthin sind es noch einige Kilometer und auf dem Weg dorthin besuchen wir zuerst die antike Stadt Sukothai, gegründet 1238 aus einer alten Khmer-Siedlung.  Sukhothai wurde wenig später für 120 Jahre Hauptstadt des gleichnamigen erstmals unabhängigen Königreiches, das Erste der Thai im thailändischen Tiefland.

Dort besuchen wir den Historical Park, Weltkulturerbe der UNESCO, in dem wir auch einen Platz zum Übernachten finden. Der weitere Weg führt uns in die historische Stadt Ayutthaya, ebenso Hauptstadt eines alten Königreiches, das in Europa zur damaligen Zeit als Siam bekannt war und auch UNESCO Weltkurlturerbe ist. Ayutthaya war ein mächtiges Königreich, das 1431 auch die östlich gelegene Hauptstadt Angkor des großen Khmerreiches einnahm und im Jahre 1438 das Königreich Sukothai eingliederte.
1767 wurde Ayutthaya von den Burmanen, nach langer Belagerung gestürmt und zerstört,  vor der riesigen Buddha-Statue des Phra Sri Sanphet wurden tagelang Feuer geschürt, um das Gold zu schmelzen, aus dem die Figur hergestellt war.

Auch heute ist Thailand ein Königreich und die Hauptstadt ist seit 1782 Bangkok, heute leben ca. 9 Millionen Menschen in der Stadt und sie war 2013 mit mehr als 17 Millionen ausländischen Besuchern, die meistbesuchte Stadt der Welt, bevor sie 2014 wieder von London abgelöst wurde, seitdem rangiert Bangkok auf dem 2. Platz.

Wir sind gespannt auf diese Stadt, kennen wir doch die Bilder von Smog, von tausenden Mopeds, Polizisten mit Atemmasken und endlosen Staus. Bereits bei der Einreise nach Thailand waren wir sehr positiv überrascht, gutes Mobilfunknetz, Supermärkte, sehr gute Straßen, meist 4-spurig, schnelles Internet und moderne Tankstellen. Es gibt u. a. ESSO und Shell, was schimpfen wir doch in Europa so oft auf die Ölmultis, doch hier sind wir froh, diese Tankstellen zu sehen. Was kam doch auf der bisherigen Reise schon alles aus unserem Auspuff heraus, schwarzbrauner, ekelhafter Schaum, beißender Gestank und dichte Rauchschwaden in unterschiedlichen Farben. Das Beast, so nehmen wir stark an, ist glücklich wieder einmal Norm-Kraftstoff zu tanken.

Und auch vom Verkehr in Bangkok sind wir angenehm überrascht. Gut, er ist dicht und es gibt, vor allem in der Rushhour Staus, aber die Menschen in ihren Autos sind geduldig, sie beachten die Regeln und keiner hupt, alles sehr relaxt, das gefällt uns. Wir steuern das Hotel Penpark Place an, dort, so haben wir gehört, können Overlander im Hof campieren. Für 200 Bath pro Person, umgerechnet 5 Euro, incl. Strom, WC, Dusche ist das für Bangkok ein akzeptabler Preis. Für 20 Baht (~ 0,50 Euro) können wir eine Maschine Wäsche waschen, Annette nutzt die Gunst der Stunde und wäscht noch das Innenzelt unseres Dachzeltes. Am Abend des zweiten Tages treffen wir Ramona und Sandra aus unserem Wiesental im schönen Schwarzwald. Sie haben das Kennzeichen gesehen und sprechen uns an, Sandra aus Mambach arbeitet bei einer Bank in Schopfheim und wenn sie mal einen Augenblick Zeit hat, kann sie aus ihrem Büro auf den Marktplatz schauen. Und so sagt sie zu uns, dass sie doch erst kürzlich unser Auto auf dem Marktplatz gesehen hätte. Das muss länger als 14 Monate her sein. Wir gehen noch zusammen was essen, es ist schön wieder einmal alemannisch reden zu können. Ramona und Sandra sind mit dem Rucksack unterwegs und auch sie machen einen Ausflug nach Ayutthaya und später fliegen sie in den Süden Richtung Pukhet.

Einen Tag später treffen wir die Daytrippers wieder, Penpark Place entwickelt sich für uns zu einem richtigen Treffpunkt. Raphael und Isabela kommen gerade aus Vietnam zurück und wir verbringen auch noch den ganzen nächsten Tag mit ihnen zusammen. Sie erzählen uns von ihren weiteren Reiseplänen, dass sie ihren Landrover im Januar oder Februar nach Südafrika verschiffen wollen.

Tagsdrauf fahren wir nun die letzte Etappe bis Ko Chang, wir setzen mit der Fähre über und fahren auf der Insel am Weststrand Richtung Süden bis zum Lonley Beach. Dort können wir umsonst bei Floris und Mareijke stehen, zwei ehemalige Afrika-Overlander aus den Niederlanden, die seit 4 Jahren hier auf der Insel die Bungalow Siedlung Oasis betreiben.

Wir bleiben 9 Tage, baden, waschen Wäsche und das Auto, machen einen Bootsausflug mit Schnorcheln und Angeln bei Mr. Khai (sehr empfehlenswert), leihen bei Mama einen Motorroller und fahren die Insel ab, nach über einem Jahr 4×4 sind wir die Zweiräder wohl nicht mehr gewohnt und leider legen wir uns damit auf den Asphalt, außer ein paar Abschürfungen an den Beinen und am Roller geht es glimpflich aus. Auf der weiteren Fahrt wollen wir noch einen Abstecher zum ‚tropical beach‘ machen, als uns ein anderes Pärchen auf einem Roller überholt, der Weg ist bereits sehr holprig und sandig und in der nächsten Kurve sehen wir, wie der Roller der beiden zuerst zu schlingern beginnt und dann die Zwei in hohem Bogen abwirft. Den Beiden hat es den Lenker im tiefen Sand quergestellt und dann sind sie gestürzt. Wir halten an, es ist aber glücklicherweise nichts passiert.

In den nächsten Tagen bemerken wir, dass auffällig viele Touristen Pflaster und Verbände an Armen und Beinen tragen und jetzt wird uns auch klar, warum uns die Polizei auf der Insel anhielt und uns eindringlich darum bat, langsam zu fahren. Unerfahrene Touristen auf schnellen Rollern auf kurvigen Straßen, das kann eine gefährliche Mischung sein.

Abends bummeln wir durch den Ort Bailan (Lonley Beach) und lassen die Atmosphäre auf uns wirken, dutzende Tatoostudios, Bars, Restaurants und Kneipen. Es ist für jeden etwas dabei. In einer kleinen Bar trinken wir Mojito und der Wirt erzählt uns, dass er 15 Jahre in Nürnberg gelebt hat, sein deutsch ist jedoch noch schlechter als unser englisch. Neben der Bar hat er sein Tatoostudio, seine Spezialität scheint aber der Mushroom-Cocktail zu sein, den er mit Magic Mushrooms serviert, einigen Kunden verkauft er auch mal schnell einige Gramm Weed. Der Mojito jedenfalls war lecker und mit 70 Baht, sagenhaft günstig.

Am Strand findet zu der Zeit eine Fullmoon-Party statt, bis Mitternacht ist Happy Hour und alle schon sehr betrunken, eine Asiatin möchte noch unbedingt tanzen, sie benötigt allerdings mindestens zwei Helferinnen, denn die Anziehungskraft des Mondes ist in dieser Nacht besonders groß und sie wird ständig nach links gezogen, aber die beiden Freundinnen halten sie so halbwegs in der Mitte. Die Musikrichtung und –lautstärke ist allerdings für uns etwas zu heftig, oder wir sind für solcherlei Feierlichkeiten schon zu alt, weshalb wir uns dann schon bald wieder vom Acker machen.

Die Zeit vergeht wie im Fluge und nach 9 Tagen auf Ko Chang beschließen wir einen Abstecher über Kambodscha und Laos zu machen und im Nordosten wieder in Thailand einzureisen. In Delhi hatten wir uns deshalb schon mal Visa mit ‚double entry‘ ausstellen lassen.

Die Grenze nach Kambodscha ist nur einen Katzensprung entfernt. Doch davon wollen wir euch in Kürze in einem anderen Blog berichten.

Birma, Burma, Myanmar

Nachdem wir den indischen Subkontinent erfolgreich von West nach Ost durchquert haben, erreichen wir nun Südostasien, so nennt man die Region östlich von Indien und südlich von China und das erste Land in dieser Region ist für uns nun Myanmar, so heißt das Land seit 1989 offiziell, nachdem es vorher Birma oder Burma hieß. Das Land wird seit 1962 von verschiedenen Militärregierungen geführt und hatte sich in der Vergangenheit nach außen hin neutral verhalten und sich stark abgeschottet. So blieb es von den Auswirkungen der heftigen indochinesischen Kriege verschont, jedoch gab es im Inneren des Landes heftige ethnische Konflikte und Auseinandersetzungen mit Drogenbaronen, das Land verarmte und es kam zu gewalttätigen Protesten, die ebenso gewaltsam niedergeschlagen wurden. Zwangs- und Kinderarbeit, Folter, Zwangsräumungen von Dörfern, Verletzung von Menschenrechten und Einsatz von Kindersoldaten wurden vom Internationalen Roten Kreuz immer wieder öffentlich angeprangert.

So verwunderte es uns überhaupt nicht, dass wir als Overlander, die das Land mit dem eigenen Fahrzeug bereisen möchten, einen Guide und einen Offiziellen der Regierung als Begleitung vorgeschrieben bekommen.

Seit dem Jahr 2010 ist ein Demokratisierungsprozess im Gange und während unseres Besuchs in Myanmar findet unter Beobachtung der EU eine Wahl statt, die die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi deutlich gewinnt. Sie hatte bereits 1990 eine Wahl gewonnen, danach ignorierte jedoch die Militärregierung das Ergebnis und stellte Aung San Suu Kyi unter Hausarrest.

Die Menschen waren nach dieser Wahl so euphorisch, dass einige Gäste in einer Kneipe unsere Getränkerechnung  übernahmen. Wir hoffen für die Menschen in Myanmar, dass sich ihre Träume erfüllen mögen und die Aufbruchsstimmung lange anhält.

Bereits in New Delhi hatten wir uns die Visa für Myanmar besorgt und um die Kosten für den Guide und die Genehmigungen zu reduzieren, hatten wir im Internet nach anderen Reisenden gesucht. Auf unsere Anzeige in ‚overland-to-asia‘ hatten sich Claire und Emiel gemeldet und später fanden wir noch Susi und Werner. Nach einigem Hin und Her stießen dann noch 3 australische Motorräder zu uns und obwohl wir nun 6 Fahrzeuge waren, bezahlten wir immer noch 800 US$ pro Person für 14 Tage Myanmar, Kosten für Unterkunft, Treibstoff und Verpflegung kommen jedoch noch hinzu.

So wurde nun unsere Gruppe, bestehend aus Werners Sprinter, Emiels Toyota, den 3 australischen Motorrädern und unserem Beast, von einem Minivan begleitet, in dem Vingh, ein Mitarbeiter der Reiseagentur Burma Senses, der Mitarbeiter der Regierung, Nyi, der Guide und Joe, der Fahrer saßen.

Dieses Quartett brachte uns erfolgreich von Indien über die Grenze nach Myanmar und an diesem Tag hatten wir auch noch eine gehörige Strecke zu fahren, sodass wir erst gegen 18.30 Uhr unser erstes Etappenziel Gangaw erreichten.  Gegen 17 Uhr begann es bereits zu dämmern und keiner der Reisegruppe fährt gerne bei Dunkelheit, da dieses sehr gefährlich ist, denn die Straßen sind schlecht und auf diesen sind viele Menschen und schlecht beleuchtete Fahrzeuge unterwegs.

So kam es am Abend schon zu einem kleinen Disput, als Ard, ein australischer Motorradfahrer dem Guide lautstark seinen Unmut mitteilte, und ständig das f***-Wort benutze. Heute ist der erste Tag und Nyi, der Guide tat sein Bestes, das konnte heute jeder sehen, also bat ich Ard darum, seine Wortwahl zu ändern und doch etwas höflicher zu sein. Daraufhin verließ er wütend die Gruppe und Maik, sein 19-jähriger Sohn folgte ihm.

Die beiden sind schon seit 3 Jahren auf dem Motorrad in der Welt unterwegs, aber seit einigen Wochen hat Ards Frau die beiden verlassen, vielleicht steckt das noch in ihm drin.

Wir drei mit den Autos schlafen die ganzen 14 Tage in den Dachzelten, bzw. im Sprinter, die Biker nehmen sich immer ein Zimmer.

Am nächsten Morgen brechen wir früh auf und sind bereits um 07.00 Uhr auf der Straße. Wir haben in den 14 Tagen ein strenges Programm, ca. 3.000 km bis zur thailändischen Grenze und jede Menge Sightseeing. Heute fahren wir bis Mandalay, der letzten Hauptstadt des alten birmanischen Königreichs und der zweitgrößten Stadt Myanmars, erreichen diese aber auch erst wieder spät, so gegen 19.30 Uhr.

Mandalay muss etwas Magisches haben, viele Musiker haben Lieder über diese Stadt geschrieben und gesungen, u. a. auch Frank Sinatra, Robbie Williams, Midnight Oil, Electric Light Orchestra, The Eagles, Elton John mit Leon Russel und Erdmöbel. Am Abend stand der Sonnenuntergang auf der längsten und ältesten Teakholzbrücke der Welt auf dem Programm, leider verpassen wir diesen, denn als wir eintreffen ist es bereits Nacht.

Am Morgen soll es wieder früh weitergehen, aber die Biker streiken. Karen, gebürtige Schottin und jetzt Australierin ist mit ihrem Mann Vince auf einer BMW auf dem Weg von Großbritannien nach Australien und macht nun gewaltig Stress. Sie weigert sich partout weiterzufahren und verlangt eine schriftliche Bestätigung des Managements von Burma Senses, dass sie an keinem Tag in Myanmar wieder in die Nacht hinein fahren muss. Somit blockiert sie die ganze Gruppe, mich wundert es stark, dass sie es durch den Nordosten Indiens geschafft hat, wo doch dort noch das witch hunting so verbreitet ist. Nun ist Vingh gefragt, Vertreter von Burma Senses, er verspricht nicht mehr bis in die Nacht zu fahren, aber keiner glaubt ihm das. Wir schlagen nun den Bikern vor, weiterzufahren und dem Management Zeit zu geben, einen neuen Reiseplan auszuarbeiten, den Vingh am Abend vorstellen soll.

So starten wir dann mit 1 ½-stündiger Verspätung unsere heutige Etappe, die bereits verkürzt wurde. Am Abend präsentiert Vingh den neuen Plan, Rangun und Mrauk U sind gestrichen worden, sehr zum Leidwesen von Werner und Susi, die aber letztendlich zustimmen, damit der Friede in der Gruppe erhalten bleibt.

Am darauffolgenden Tag besichtigen wir eine Höhle mit über 8.000 Bildnissen des Buddha.  Als wir wieder herauskommen ist ein Reifen von Vince‘ Motorrad platt und er wechselt mit Hilfe von Ard den Reifen, leider erreichen wir auch heute die Unterkunft nicht bei Tageslicht. Kleinlaut entschuldigt sich Karen an diesem Abend bei den Anderen.

Nach diesen kleinen Startschwierigkeiten und der Grüppchenbildung Autos vs. Bikes geht es dann endlich richtig los und wir können die Zeit in Myanmar genießen. Als nächstes fahren wir nach Nyaung Shwe und von dort aus zum Inle See. Wir machen eine Bootsfahrt und besichtigen eine Seiden- und Lotusproduktion. Besonders interessant ist es wie aus den Stengeln der Lotusblume die Fäden gewonnen und zu Garn gesponnen werden, leider sind die fertigen Schals und anderen Lotusprodukte unbezahlbar. In einem netten Restaurant auf dem See legt unser Boot zum Mittagessen an, als wir wieder ablegen möchten und sich fast alle Leute auf dem Bootssteg befinden, bricht dieser ein. Es entsteht eine kleine Panik und einige gehen unter, Ards Nikon Kamera ist nach dem Tauchgang nicht mehr zu gebrauchen und Karen ist pudelnass.

‚Karma knows everyones adress‘ – aber zum Trost kriegen die Geschädigten ein T-shirt oder einen Longji [Londschi], den traditionellen Wickelrock der Burmesen vom Restaurant geschenkt.

Wir besuchen noch eine Produktion von Schirmen, deren Bezug aus Shen-Papier hergestellt wird. Interessant ist, dass das Papier aus den Blättern des Maulbeerbaumes hergestellt wird. Der Maulbeerbaum ist ein echtes Multitalent. Die Seidenraupen fressen ausschließlich Blätter dieses Baumes, aus den Blättern kann man dieses Papier herstellen, die Früchte schmecken sehr gut und letztendlich findet auch das Holz Verwendung.

Aufgrund des verkürzten Tourplanes haben wir jetzt nachmittags auch mal etwas mehr Zeit und einmal sind wir gegen 15 Uhr schon an den Autos. Diese parken direkt vor dem Hoteleingang, in dem die Biker ihre Zimmer haben. Wir trinken zusammen mit Claire und Emiel ein paar Bier, Emiel dreht dann Metallica etwas auf und wir steigen auf Mandalay Rum um, die Musik wird immer lauter und inzwischen spielt Emiel auf der Rumflasche Luftgitarre in seinem pakistanischen Shilwar Kamez. Es ist ein super Abend mit einem kleinen Kater am Morgen. Vor einem deutschen Hotel wäre so etwas undenkbar gewesen, die Mitarbeiter winken noch freundlich als wir wegfahren.

Der weitere Weg nach Thailand führt uns zum Mount Popa, das uns stark an Meteora erinnert. Annette wird auf dem Weg nach oben zum Tempel von einem Affen belästigt, der um alles in der Welt ihre Wasserfalsche will. In Bago besuchen wir die Shwemawdaw Pagode, die mit ihren 114 m als die höchste der Welt gilt, sowie den Goldenen Felsen, der nur durch ein Haar des Buddha im Gleichgewicht gehalten wird.

Nach 14 Tagen erreichen wir die Grenze zu Thailand, mit Werner , Susi, Claire und Emiel haben wir uns super verstanden und hatten eine tolle, gemeinsame Reise, die Motorradfahrer sind nach dem Grenzübertritt ohne ein Wort des Abschieds einfach davon gefahren.

Myanmar hat uns mit seinen Menschen, seinen Landschaften und seiner Kultur super gut gefallen und wir wären gerne länger geblieben und hätten gerne mehr Freiräume gehabt. Nach dem Wahlsieg der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hoffen wir für dieses Land, das es sich weiter öffnet und sich gut entwickelt.

In Thailand verbringen wir noch zwei Tage gemeinsam mit Naglwitz und ‚This life outside‘ bevor sich unsere Wege wieder trennen. Emiel und Claire fahren in den Norden und dann nach Laos, Susi und Werner parken ihr Auto in Chiang Mai und fliegen zurück nach Österreich und wir wollen an den Beach und uns von den Strapazen in Indien und Myanmar erholen.

Ab in den Urlaub!

 

Wir sind in LAOS

fröhliche Weihnachten wünschen wir euch allen und hoffen, dass ihr auch 2016 unseren Blog verfolgt.

Merry Christmas to all our friends and we hope you’ll follow our blog in 2016, too.

Thank you.

Jahresrückblick 2015 – Video

Hier könnt ihr einen kleinen Jahresrückblick sehen.
Wir durchquerten 2015 die Türkei, Georgien, Armenien, Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Kirgistan, Tadschikistan, China, Pakistan, Indien, Myanmar, Thailand, Kambodscha und Laos.

Hier gehts zum Video

Incredible !ndia

Seit der Osttürkei ist unser Scheibenwischermotor nur noch mit 2 statt 3 Schrauben befestigt, da eine Aufnahme am Alugussgehäuse abgerissen ist. In Kashgar/China hatte ich den Motor noch zusätzlich mit Kabelbindern fixiert, jedoch wenn es stark regnet und der Scheibenwischer auf Hochtouren läuft, fängt sich dieser an, zu verstellen. Bevor wir nun nach Indien und nach Südostasien fahren, wo es doch auch mal heftiger regnen kann, wollen wir dieses beheben lassen. Wir bestellen bei Mercedes-Benz in New Delhi einen Wischermotor und begeben uns nun zur Werkstatt.

Auch hat das Beast nach der erfolgreichen Überquerung des Pamir, des Karakorum und des Himalayas ein paar Streicheleinheiten nötig und verdient.  Zu unserer Überraschung und Freude treffen wir in der Werkstatt Christian, vom weltweiten Mercedes-Benz Kundendienst, der für fünf Jahre nach Indien ‚abkommandiert‘ wurde. Der schaut persönlich den Wagen durch, entdeckt noch ein paar Kleinigkeiten und managt den ganzen Ablauf.  Zu guter Letzt können wir auch noch bei ihm schlafen, er lädt uns ein in sein Apartment, das sich etwas außerhalb in ruhiger Lage befindet. Der Clou ist seine Dachterrasse, auf dieser sitzen wir jeden Abend und trinken ein paar Kingfisher Bier oder Gin Tonic. In der Ferne kann man Flugzeuge beobachten, die den Flughafen Delhi anfliegen und an einem Abend müsste auch die deutsche Bundeskanzlerin einfliegen, sie besucht Indien, just zu der Zeit als wir auch in Delhi sind. Alle öffentlichen Plätze sind mit deutschen Fahnen geschmückt. Christian erzählt uns, dass er kurz zuvor noch die S-Klasse des Präsidenten durchchecken musste, mit der Angela Merkel in Delhi chauffiert wird und die beiden Ersatzfahrzeuge, noch eine S-Klasse und einen Ambassador/Morris Oxford, ebenfalls gepanzert.

Während das Beast in der Werkstatt ist, nutzen wir die Zeit, sehen uns Delhi an und besorgen Visa für Myanmar und Thailand.

Bei Delhi Tourismus (Coffee Home 1, Baba Kharak Singh Marg) buchen wir die halbtägige Citytour und fahren mit einem Bus zum Lakshmit Narayan Temple, auch bekannt als Birla Mandir, einem großen Hindu Tempel. Im Anschluss geht es weiter zum Qutub Minar, einem 72 m hohen Minarett aus dem 12. Jahrhundert im afghanischen Baustil.

Das Safdarjung-Mausoleum für Mirza Muqim Abul Mansur Khan (1708–1754) wurde 1754 fertiggestellt und liegt in einem schönen Garten. Das Mausoleum Safdarjungs wird oft bewertet als „letztes Aufleuchten der Mogularchitektur“. Nachfolgende Herrscher waren nicht mehr in der Lage, sich ein derartig aufwendiges Grabmal zu leisten. Mehr und mehr übernahmen die Briten mit ihrer merkantilen und militärischen Präsenz (Britisch Indien) die Kontrolle über die Machthaber Indiens; nach und nach verleibten sie sich das zerfallende Mogulreich „als schönstes Juwel in der Krone“ des britischen Weltreiches ein.

Zum Abschluss fahren wir zum Gandhi Smrit, dem Haus, in dem Mahatma Gandhi am 30. Januar 1948 ermordet wurde. Wir betreten den schönen, gepflegten Garten, und dann das Haus. Zuerst gibt es viel zu lesen, die Wände sind voll mit Drucken, Schriften, Zeitungen und vielem mehr, das meiste in schwarz weiß, dann betreten wir das Zimmer, in dem sich Gandhi die meiste Zeit aufgehalten hat, uns befällt das Gefühl, dass er immer noch hier wohnt und gleich reinkommen muss, als wir seine Brille sehen müssen wir erst einmal schlucken und tief Luft holen, wir kämpfen mit den Tränen.  Auf einer Tafel lesen wir … sein Vermächtnis ist Mut, sein Banner Wahrheit, seine Waffe Liebe …

Aus seinem Zimmer führen Fußabdrücke in den Garten, denen wir folgen, sie enden an einem kleinen Pavillon, den Gandhi immer zum Beten aufgesucht hat und wo er im Winter 1948 durch 3 Pistolenschüsse in die Brust getötet wurde.

Wir sind tief beeindruckt und gehen noch einmal zurück in das Haus, um mehr über das Leben und seinen gewaltlosen Kampf für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit zu erfahren.

Großes Aufsehen erregte die Spinnrad-Kampagne. Sie richtete sich gegen den Import englischer Stoffe. Auf Reisen durch das ganze Land rief Gandhi dazu auf, zu Hause selbst Stoffe herzustellen. Gandhi machte damit das Spinnrad zum Symbol der indischen Unabhängigkeit. In dieser Kampagne war es ihm gelungen, das indische Volk auf einen friedlichen Weg des Widerstands zu führen. Noch heute ziert ein Spinnrad die indische Flagge.

Wir wünschen uns, dass es mehr von Menschen seiner Art auf dieser Welt gibt, dass Konflikte und Konfrontationen auf seine Art gelöst würden, statt zu terrorisieren und zu bomben.

Am Nachmittag besuchen wir noch das rote Fort ‚Lal Qila‘ und das India Gate, ein Kriegsdenkmal zu Ehren aller gefallenen Soldaten Indiens.

Laut einer  Studie von Credit Suisse (!?) verfügt Indien über die 5. stärkste Armee der Welt und es wird erwartet, dass das Land bis 2020 die 4. größten Militärausgaben der Welt haben wird. Auf der anderen Seite hat der Präsident dem Volk versprochen, dass bis 2019 jeder Inder eine Toilette hat. Hier wird deutlich in welchem Dilemma dieses Land steckt.

An einem Nachmittag treffen wir uns noch mit Gary, er hatte uns bereits auf der Fahrt in die Stadt auf dem Highway „entdeckt“ und Fotos von uns gemacht. Auch wir hatten ihn damals in seinem Toyota Pickup gesehen. Er nahm über Facebook mit uns Kontakt auf und so trafen wir ihn in seinem Reifenhandel am Khan Market in Delhi. Er ist selbst ein Reisender und besitzt 8 Geländewagen, mit einem davon fährt er Ende des Jahres auch über Myanmar nach Thailand. Er lädt uns zum Kaffee ein, wir plaudern über Gott und die Welt und am Abend führt er uns in den Ethiopian Club zum Essen, dieser befindet sich im Diplomatenviertel und Zutritt ist nur für „Members“. Gary ist Mitglied und wie wir so heraushören, hat er viele gute Kontakte. Er lud uns zu sich in sein Landhaus im Norden ein, eine australische Familie, ebenfalls Overlander, hatte dort vor kurzem 2 Wochen gecampt. Leider müssen wir sein Angebot ablehnen, denn unsere Nepalpläne hatten wir aufgrund von Grenzschwierigkeiten und politischem Geplänkel zwischen Indien und Nepal aufgegeben.

Unser weiterer Weg führt über Agra, Varanasi nach Kalkutta. Dort kriegen wir unsere neuen Bremsbeläge, diese waren leider im Lieferrückstand und Christian organisierte für uns, dass wir weiter nach Osten fahren können. Die Beläge kommen erst am 23.10. nach Kalkutta und am 28.10. müssen wir bereits in aller Frühe an der indischen Grenze zu Myanmar stehen.

Am 10. Oktober verlassen wir Delhi in Richtung Agra, wo es das weltberühmte Taj Mahal zu bewundern gibt. Die Straße dorthin ist eine der besten des Landes, für die guten 200 Kilometer benötigen wir bei gemütlicher Fahrt 4 Stunden. In Agra steuern wir das Hilltop Hotel an, dort, so haben wir von Ronald und Rini gehört, kann man im Garten campen und zum Taj Mahal ist es auch nicht weit. Wir checken dort ein, alles ist sehr heruntergekommen und bis auf einen, lungern alle nur herum.

Bhola, so ist der Name des ‚Mädchen für Alles‘ im Hilltop Hotel und auch uns bietet er sofort seine Hilfe an. Er besorgt vom Markt Gemüse und Wasser für unseren Tank. Ich gebe ihm ein paar Klamotten aus meiner Kiste, da diese mittlerweile kaum noch zugeht. Bhola hat in etwa die gleiche Statur, außerdem bekommt er ein paar Camelboots, die zwar auf der Seite aufgerissen sind, aber die zahlreichen Schuhmacher an der Straße können das problemlos reparieren. Für seine Töchter geben wir ihm noch ein paar Stifte und den Düsseldorf Metro Marathon Rucksack. Wir denken, dass dies nun genug sei, aber zum Schluss kam Bhola noch mit einer Kopie seiner Bankdaten zu uns und meinte, wir könnten ihm noch Geld überweisen.

Am Morgen stehen wir um 05.00 Uhr auf und gehen ohne Frühstück los. Auf dem Weg zum Taj Mahal sagen uns einige wir müssten zum West Gate gehen, dort sei der Eingang für Ausländer. Also nehmen wir diesen Weg. Am West Gate sind viele Schalter, aber nur einer für Ausländer. Alle sind menschenleer, bis auf den für die Ausländer, dort stehen Dutzende Menschen an, Männer und Frauen durch eine Eisenstange getrennt. Der Eintritt für Inder beträgt 20 Rupien, für Ausländer 750 Rupien, dafür bekommt man aber eine kleine Flasche Wasser gratis.

Als wir dann endlich unsere Tickets haben und gefühlten 100 Guides erklärt haben, dass wir keinen möchten, begeben wir uns zum Eingang, dieser öffnet bei Sonnenaufgang, aber die Schlange bewegt sich äußert langsam. Später erfahren wir den Grund, Securitycheck, schlimmer als am Flughafen, wieder getrennt für Mann und Frau. Man muss durch ein Portal und Hand- oder Fototaschen werden geröntgt. Ich muss die kleine Taschenlampe abgeben, bzw. in einen Mülleimer entsorgen. Annette muss ihr kleines Langenscheidts Zeigebuch entsorgen, wegen schwerer Sicherheitsbedenken. Das benutzte sie immer in Restaurants, um den Leuten zu zeigen, dass sie kein Schwein, kein Schaf, kein Beef und auch kein Huhn essen mag.

Aber klar, für die Sicherheit tun wir auch dies. Mit leicht erhöhtem Puls betreten wir dann das Gelände, der Sonnenaufgang ist leider schon vorbei. Wir schieben uns mit der Masse durch den Park, machen Fotos und entspannen ein wenig im Schatten. Wir besuchen noch das Agra Fort und gehen dann zurück zu unserem Zelt. Unterwegs gehen wir an einem Busparkplatz vorbei, die indischen Busse haben immer eine Art mobile Küche dabei, wo die ganzen Fahrgäste verköstigt werden. Wenn so ein Bus seinen Parkplatz verlässt, hinterlässt er einen unglaublichen Müllhaufen.

Als wir unseren Platz verlassen, fragen wir Bhola, wohin wir unseren Müll tun können, den wir fein säuberlich die letzten Tage gesammelt hatten. „Oh, you can give it to me.“ Dann nahm er den Sack, ging einige Meter in das angrenzende Wäldchen und warf ihn dort hinein.  Incredible !ndia

Wir fahren weiter nach Varanasi, die Straßen werden immer schlechter, aber die Maut bleibt. Die Landschaft verändert sich jetzt, es sieht steppenartig aus und wir sehen Strohhütten, viele Bananenplantagen und Kamele ziehen mit ihren Lasten vorüber. Als wir gegen 18 Uhr Varanasi erreichen ist es bereits dunkel, der Verkehr ist dicht und chaotisch, viele fahren ohne Licht und die Lichter, derer, die mit Licht fahren blenden derart, dass man kaum etwas sehen kann.  Direkt vor uns fährt ein Motorrad, das ein unbeleuchtetes Motorrad, das abbiegen möchte, übersieht und ungebremst in dessen Seite donnert. 3 Menschen, davon ein Kind, alle ohne Helm stürzen auf die Straße, wir weichen aus und halten kurz, fahren jedoch weiter, da sich sofort eine Menschentraube gebildet hat.

Wir suchen das Hotel Surya, auch dort soll man im Hof campieren können, als wir dort ankommen, können wir dies jedoch kaum glauben. Das Hotel macht einen sauberen, sehr gepflegten und hochwertigen Eindruck, also fragen wir an der Rezeption. Ja, kein Problem, wir können hier im Dachzelt schlafen, WC und Toilette gibt es am Swimming Pool. Das hört sich doch gut an, wir bleiben 3 Nächte hier und können hinter dem Pool parken. Eines Abends kommt eine junge Amerikanerin zu uns und stellt sich als eine Miteigentümerin vor, sie erklärt uns, dass sie die Art zu reisen toll findet und daher das unterstützt, sodass Overlander hier campieren können. Auch wir finden das klasse, dass es Menschen gibt, die diese Art zu reisen unterstützen, es wäre ja einfach zu sagen, dass man hier ein Zimmer mieten muss.

Am Morgen plantschen wir zuerst etwas im Pool, bevor wir uns aufmachen die Stadt zu erkunden, die als eine der ältesten Städte Indiens und als die heiligste Stadt der Hindus gilt. Gegründet im Jahre 1.200 v. Chr. besitzt sie heute über 1,2 Millionen Einwohner und liegt am linken Ufer des Ganges, dem heiligen Fluss der Hindus. Mit einem Tuk Tuk fahren wir zum legendären Dasaswamedh Ghat, einer von über 80 Treppen (Ghats), die hinunter zum heiligen Fluss führen. Die engen Gassen sind schon ein Erlebnis für sich, Menschenmassen, Kühe, Hunde, Ziegen, Verkaufsstände, Pilger, Bettler und Touristen bevölkern die Gassen und Ghats, Gerüche und Gestank wechseln sekündlich.

An den Ghats selbst ist es erstaunlich ruhig, man erklärt uns, dass im November die Pilgersaison ist und dass man dann nur sehr schwer einen Platz an den Ghats finden kann. Wir beschließen eine einstündige Bootsfahrt zu machen und das Treiben von der Flussseite aus zu betrachten. Wir bezahlen 300 Rupien (~4,10 €) und werden dann eine Stunde über den Fluss gerudert, hinunter zu den Waschplätzen und Krematorien, wir beobachten Pilger, die im Fluss baden und Opfer bringen. Nach der Bootsfahrt essen wir noch etwas und fahren mit einer Rikscha zurück. Wir fragen den Rikschafahrer , ob er die Adresse kennt und wieviel es kosten soll, er wackelt nur mit dem Kopf und zeigt uns mit einer Geste an, einzusteigen. Ich wiederhole aber die Fragen so lange, bis er uns sagt, wieviel er für die Fahrt haben möchte. Und natürlich weiß er nicht wohin er fahren muss, unterwegs hält er mehrmals an und fragt nach dem Weg, dann verfährt er sich und zu guter Letzt will er den Fahrpreis neu verhandeln, es ist immer das gleiche Spiel, ich schüttle nur den Kopf und halte ihm die vereinbarten Rupien hin.

Der Verkehr ist wie überall unbeschreiblich chaotisch, der Inder scheint überhaupt keine Zeit zu haben, jede Lücke auf der Straße wird zugefahren, vielleicht ist doch noch ein Vorbeikommen oder Überholen möglich. Einmal beobachten wir, wie der Ambulanz Rettungswagen vor einer Brücke wieder umkehrt, es gibt kein Durchkommen und selbst einem Einsatzfahrzeug mit Blaulicht wird keine Vorfahrt eingeräumt. Incredible India! Um der Eile noch besondere Brisanz zu verleihen wird die Hupe unentwegt betätigt, als wir am Hotel ankommen sind wir total genervt. Wir ziehen uns zurück an den Pool und versuchen mit einem kalten Bier wieder herunterzukommen. Für den nächsten Tag buchen wir beim Reisebüro des Hotels eine Frühtour zum Sonnenaufgang mit Bootsfahrt auf dem Ganges.

Um 04.30 stehen wir auf und um 05.00 Uhr sind wir am vereinbarten Treffpunkt. Leider fehlen zwei Leute, die beiden US-Brasilianer haben verschlafen und kommen 20 Minuten zu spät. Auf der Fahrt zu den Ghats fragt der Fahrer die beiden wie sie Indien finden und wie ihnen das Essen schmeckt, worauf sie antworten, dass sie einmal indisch gespeist hätten und seitdem nur noch Pizza essen.

Wir treffen an den Ghats noch eine israelische Familie und dann geht es ins Boot, trotz unserer Verspätung erleben wir einen unvergesslichen Sonnenaufgang am Ganges. Während der Fahrt fragt uns die Frau des Israeli, als sie gehört hatte, dass wir den ganzen Weg nach Indien mit dem Auto zurückgelegt haben, ob die anderen Länder auch so dreckig und vermüllt seien. Nein, teilten wir ihr mit, Indien ist das mit Abstand dreckigste Land, das wir jemals gesehen haben.

In Osh (Kirgistan) hatten wir Pierre-Alain aus der Schweiz mit seinem Landrover getroffen, mit ihm sind wir immer noch in Kontakt und als er vernahm, dass wir nach Indien reisen sandte er uns u. a. dies:

… when I was in India 2 years ago, after 3 months driving there, I wanted to Kill (!!!) somebody on the road… It was time for me to quit this country before it happens !!!

Just remember the 3 important rules in India:

1) There are no rules
2) You are bigger than others, then you have the priority
3) No accident

I see that you crossed Pakistan and you are still in life. Well done!

Wir waren jetzt erst gute 6 Wochen in Indien, aber bei mir war es jetzt schon soweit. Beim Fahren hatte ich Mordgedanken. Die Inder können nicht Autofahren, vorausschauendes Fahren ist ein Fremdwort, Verkehrsregeln unbekannt. Jeder hat es sehr eilig, daher fährt man halt in Einbahnstraßen oder ist als Geisterfahrer auf den Highways unterwegs. Überholt wird da, wo gerade Platz ist und da die Autobahn auch gleichzeitig Viehweide und Verkehrsweg für Hirten, Rikschas und Tuk Tuks ist, fährt der LKW eben permanent auf der eigentlichen Überholspur. Die Polizei schaut munter zu. Der Stärkere hat Vorfahrt, oft wurden wir Augenzeuge wie Fußgänger von Tuk Tuks angefahren wurden, wen kümmerts?

Als wir Varanasi verlassen müssen wir die Bahnschienen queren, ein Wärter lässt die Schranken zuerst halb herunter und nach einer Weile dann ganz. Aber selbst wenn die Schranke geschlossen ist, überqueren Fußgänger, Rikschas, einfach alle, die ihr Gefährt irgendwie unter der Schranke hindurchquetschen können die Gleise. Wir warten vor der Schranke, unterdessen füllt sich die komplette Strasse mit Fahrzeugen, auf der anderen Bahnseite geschieht das Gleiche und als die Schranke dann endlich wieder einmal aufgeht, preschen von beiden Seiten die Fahrzeuge über die gesamte Straßenbreite nach vorne, bis sie aufeinandertreffen, dann wird versucht irgendwie aneinander vorbei zukommen. Time is cash, time is money.

Wir verlassen die Stadt unbeschadet und fahren wieder auf den Highway in Richtung Kalkutta, die Stadt am Ganges Delta. Für mich ist diese Stadt Synonym für Armut und Elend, während meiner Grundschulzeit behandelten wir Mutter Theresa und von Kalkutta hatte ich immer nur im Kopf Lepra, Elend, Armut und Tod. Ich bin sehr auf die Realität gespannt.

Für die Fahrt benötigen wir zwei volle Tage, der Verkehr und die Straße sind ein Graus und kurz vor Kalkutta haben wir unser bis dahin übelstes Verkehrserlebnis. Vor uns fährt ein Truck wie immer auf der rechten Spur (Überholspur – in Indien herrscht Linksverkehr), ich setze zum Überholen an, als dieser plötzlich auch auf die linke Seite wechselt. Gut, denke ich , er macht uns Platz auf der Überholspur und ich kann ihn rechts (vorschriftsmäßig) überholen. Als ich auf die Überholspur hinausziehe, sehen wir den wahren Grund, des Spurwechsles des LKW’s, es kommt ein riesiger Truck entgegen und das mit voller Geschwindigkeit. Ich mache sofort eine Vollbremsung, die Reifen quietschen und ich schere wieder links hinter dem LKW, den wir überholen wollten ein. Der Geisterfahrer rauscht an uns vorbei, das Beast schwankt noch gewaltig und unsere Nerven flattern. Das war knapp.

Überholmanöver

Ich bin total genervt, es kommen andauernd Geisterfahrer. Autos fahren Auffahrten hinunter oder biegen von der Auffahrt in die falsche Richtung ab. Es scheint niemanden zu kümmern. Mittlerweile bin ich aus Frust dazu übergegangen den Geister-LKW’s Lichthupe zu geben und eindeutige Handzeichen zu geben, Annette fängt an, sich aufzuregen und erklärt mir, dass es sinnlos sei. Wahrscheinlich hat sie Recht.

In Indien sterben jedes Jahr mehr als 230.000 Menschen durch Verkehrsunfälle, in Deutschland sind das 3.368 (2014). Bezogen auf die Bevölkerungszahl sterben in Indien 5 mal soviele Menschen im Straßenverkehr wie in Deutschland. Laut einer WHO Studie beklagen arme Länder, die meisten Verkehrstoten. Wir stellen uns schon die Frage, ob das Geld, das Indien für die Verteidigung des Landes ausgibt, vielleicht nicht doch besser an der ‚Heimatfront‘ ausgegeben wäre? Eine Reduktion der Verkehrstoten um den Faktor 5 würde fast 200.000 Indern pro Jahr das Leben retten, im Süden Indiens wird das Dorf Peddakunta auch das Dorf der Witwen genannt, dort sind bis auf einen Mann, alle Männer des Dorfes auf der Landstrasse, die durch das Dorf führt, ums Leben gekommen. Uns wundert dies nicht.

Dann kommen wir in die Stadt, die sich selbst als Crazy Calcutta bezeichnet und in einer Stadtbroschüre steht zu lesen:

Calcutta is not for everyone.
You want your cities clean and green, stick to Delhi.
You want your cities rich and impersonal, go to Bombay.
You want them high-tech and full of draught beer, Bangalor’s your place.
But if you want a city with a soul, come to Calcutta.

Das verspricht ein neues Erlebnis zu werden. Kalkutta hat mehr als 18 Mio. Einwohner, wir suchen uns im Nordosten eine Unterkunft und erkunden von dort aus die Stadt. Wir haben noch einige Tage, bis unsere Bremsbeläge da sind. Außerdem wird gerade das Durga Puja Festival gefeiert, ein sehr wichtiges Festival für die Hindus, die temporär aufgebauten Tempelanlagen finden sogar Erwähnung in der deutschen BILD Zeitung.

Es herrscht Hochstimmung, viele Geschäfte bleiben geschlossen. Mit Einbruch der Dunkelheit strömen die Menschen zu den kunstvoll beleuchteten und reich geschmückten Tempeln, es gibt überall zu essen, Musik und manchmal wird getanzt. Es geht die ganze Nacht hindurch, über 10 Tage.

In Kalkutta besichtigen wir das Victoria Memorial, Fort William und den New Market. Dort verfolgt uns ein aufdringlicher Händler, trotz mehrmaligem Verneinen, dass wir wirklich nichts kaufen wollen, geht er ständig neben uns her. Ich bleibe stehen und sage ganz deutlich zu ihm, dass er verschwinden soll, er beharrt jedoch darauf, dass er hier gehen darf. Ja, das darf er, aber ab sofort nicht mehr mit uns sprechen. Es ist verrückt, wie mich diese Inder mit ihrer bloßen Anwesenheit aggressiv machen können. Wir biegen auf dem New Market in eine Seitengasse ab und landen in der ‚Fleischabteilung‘, links werden gerade eine Menge Hühner geschlachtet, die Körper zappeln auf dem blutüberströmten Boden, rechts wird gerade eine Ziege fachgerecht zerlegt, aber das Schlimmste ist der fürchterliche Gestank. Ich muss schon laut würgen, Annette ruft mir zu: „Schau mal, da werden Hühner frisch geschlachtet!“ Aber ich kann nicht schauen, ich muss gleich kotzen, der Gestank ist unerträglich, im Eilschritt erreiche ich die Gemüsehalle und dann das Freie. Ich atme tief durch, das war knapp, vielleicht ein Grund auch Vegetarier zu werden. Aber eines ist klar, würden wir in Deutschland auch auf solchen Märkten einkaufen, wäre der Fleischgenuss deutlich reduziert, keine Knusperdinos oder Nuggets für Kinder und nicht jeden Tag Schnitzel.

Wir sind im indischen Bundesstaat West Bengalen, dem Zuhause des sagenumwobenen und legendären bengalischen Tigers. Wir möchten in die Sundarbans fahren, was auf Deutsch so viel wie schöner Wald bedeutet und der größte Mangrovenwald der Erde ist. Der Fahrer holt uns morgens um 06.00 Uhr ab. Vor dem Hotel stehen ein schönes weißes Taxi und ein uralter grüner Ambrassador/Morris Oxford. Der Portier bringt mich zu den Wagen, ich tendiere nach rechts zum Taxi, aber er sagt, „No – this is your car“ und deutet auf den grünen Oldtimer. Der Fahrer kommt, es ist ein junger, lustiger Typ und dann fahren wir los. Die Fahrt in das Delta des Ganges dauert ca. 3 Stunden, keine Klimaanlage, Kopfstützen, etc. Zuerst erklärt er uns, dass er bis vor zwei Stunden am Festival war und dass das Fahrzeug über 50 Jahre alt ist. Die Sitze sind durch und die Fenster lassen sich nur mit großem Kraftaufwand herunterdrehen. Dennoch ist die Fahrt ganz angenehm, wir machen zweimal eine Pause, tanken und trinken Tee. Vom Auto steigen wir dann auf das Boot um, wir sind alleine drauf, aber 5 Crewmitglieder, der Fahrer sagt uns, dass er die Tour heute zum ersten Mal alleine durchführt, wahrscheinlich sind alle am Festival. Es gibt Frühstück und dann tuckern wir los, es steigt noch ein offizieller Guide des National Park zu und dann fahren wir in den Dschungel ein. Wir sehen Vögel, Leguane, einen Hirsch, Schildkröten, aber den bengalischen Tiger verpassen wir an einem Watchtower nur um Minuten, ein anderer Besucher zeigt uns sein Kameradisplay mit einem Prachtexemplar, das sich wenige Minuten vorher gezeigt hatte. Laut dem Guide vom National Park leben hier 103 Tiger. Wir fahren weiter, es gibt Mittagessen und unser Guide schläft sich aus. Gott sei Dank – denn die Heimfahrt ist anstrengend, das Auto hat nur eine Lichtstufe (Highbeam) und so schaltet er es ständig an und aus, die Straßen sind aufgrund des Festivals überall überfüllt, Fußgänger, Rikschas und Motorräder mit unzähligen Menschen, leider meist unbeleuchtet. Gegen 21 Uhr erreichen wir wieder wohlbehalten das Hotel, wir haben einen wunderbaren Tag verbracht und fallen todmüde ins Bett.

Es ist nun Freitag und unsere Bremsbeläge sind da, es ist der einzige Tag in dieser Woche, an dem die Werkstatt auf hat. Durga Puja, dann Wochenende und dann das nächste Festival.

Gegen 15.30 Uhr können wir Mercedes Benz in Kalkutta verlassen, beim Aufschreiben des Kilometerstandes war der Mitarbeiter sehr überrascht, ein indisches Auto hält im Durchschnitt 80.000 Kilometer, danach ist es Schrott. Wir haben mehr als doppelt so viel auf dem Tacho.

Wir verlassen auch die Stadt und machen uns nun auf den Weg zur Grenze nach Myanmar, wir haben über 1.500 Kilometer vor uns und die Straßen werden zunehmend schlechter. Wir müssen nach Norden und Bangladesch umfahren, kurz nach Kalkutta sind jedoch schon viele Straßen gesperrt, aufgrund von Festivals. Wir übernachten und starten am Morgen um 05.00 Uhr in aller Frühe, jetzt sind die Straßen so gut wie leer und wir kommen gut voran. Einmal sehen wir, wie ein Elefant die Straße kreuzt, zu schnell um ein Foto zu machen. Wir machen keine Pause, wir essen im Auto Obst und Nüsse, der Verkehr nimmt immer mehr zu und die Nerven liegen wieder blank.

In der Stadt Siliguri, wo wir bei Einbruch der Dunkelheit eintreffen wird auch ein Festival gefeiert und die Straßen sind verstopft, die Polizei regelt den Verkehr und riegelt die Innenstadt ab, eigentlich wollten wir hier in einem Guesthouse die Nacht verbringen, aber so fahren wir weiter, auf der zweispurigen Straße fahren die Fahrzeuge mittlerweile 4 bis 5-spurig nebeneinander, wir wollen raus aus der Stadt und fahren ganz rechts, ein Taxi meint noch eine neue Spur aufmachen zu müssen und will dann ganz nach links abbiegen, ich hupe mit unserem Drucklufthorn, aber der Taxifahrer streift mit seiner ganzen Fahrzeuglänge an unserem vorderen rechten Stoßstangeneck entlang. Ich sehe nur das weiße Taxi, jetzt mit eingedellter Seite, einem schwarzen Streifen und davonhängender Stoßstange hinten. Ich kann es kaum fassen, ich fahre neben das Taxi, lasse die Scheibe auf der Beifahrerseite hinunter und schreie. Ich schreie alles Üble, was mir auf Englisch so einfällt und fahre dann links an den Rand. Das Taxi ist verschwunden, aber im dichten Verkehr habe ich es schnell im Laufschritt eingeholt, es ist voll besetzt, überbesetzt mit einer Großfamilie und Kleinkindern auf dem Schoß der Frauen. Ich schreie immer noch, dass er das Beast gestreift hat und gefälligst halten soll, vor uns ist ein Verkehrspolizist, der den Verkehr regelt, ich laufe zu ihm und erkläre ihm den Sachverhalt, ein Augenzeuge kommt mit einem Auto hinzu und bestätigt das Ganze. Der Polizist zieht ein Absperrgitter vor und dahinter hält das Taxi, ich laufe kurz zurück zum Beast, um den Schaden zu begutachten und bin nach einer Minute zurück, das Gitter und das Taxi sind weg. Ich frage den Polizisten, was los ist, ernte aber nur das typische, indische Kopfwackeln. Erneut erlaufe ich im Marathonrenntempo den Unfallgegner, reiße die Fahrertür auf und fordere den Taxifahrer zum Aussteigen auf, dieser ist sichtlich verängstigt. Inder fahren wie die Idioten gebe ich ihm zu verstehen, alle Außenspiegel sind angeklappt und kaputt, diese sind eigentlich dazu da, um den nachfolgenden Verkehr zu beobachten.  Ich teile ihm auch deutlich mit, dass er einen Schaden von ca. 1000 Dollar zu vertreten hat. Der Familienvater der Fahrgäste möchte, dass ich sie in Ruhe lasse, es seien Kinder im Fahrzeug und es hätten beide Schuld. Der Fahrer hat mittlerweile die Tür wieder zugezogen und möchte wieder davon fahren, als meine Rechte durch das offene Fahrzeugfenster fährt. Das Veilchen wird er noch eine Weile mit sich herumtragen und für mich hat sich der Frust von 8 Wochen indischen Straßenverkehr schlagartig entladen. Das war ein 1000 $ Punch. Am nächsten Tag zeigt sich der Schaden, es fehlt die Kunststoffecke rechts an der Stahlstoßstange.

Die Landschaft wird nun wieder gebirgiger und die weitere Fahrt verläuft ruhiger. Hier im Nordosten Indiens entdecken wir an der Straße plötzlich Schilder mit der Aufschrift ‚ Stop Witch Hunting‘ und unsere Recherchen zu diesem Thema ergeben, dass hier jährlich über 150 Menschen, meist Frauen als Hexen verfolgt und getötet werden. Für uns unfassbar – Incredible !ndia

Endlich, nach 3 Tagen anstrengender Fahrt erreichen wir das Grenzkaff Moreh. Hier haben wir nun einen Tag zum Erholen, bevor wir in einer Gruppe von 6 Fahrzeugen in 14 Tagen Myanmar durchqueren werden.

Eine Nacht verbringen wir in einem Guesthouse, in dem es aber bereits morgens um 5 Uhr so unsäglich laut zugeht, dass wir am nächsten Tag direkt an der Grenze auf einem grasigen Platz übernachten.

Wir treffen hier Claire und Emiel aus Australien, die wir bereits in Pakistan getroffen hatten, sowie Susi und Werner aus Österreich, die mit ihrem Mercedes Sprinter die Welt umrunden.
Die drei Motorräder aus Australien, die unsere Gruppe vervollständigen, lernen wir erst an der Grenze kennen.

Ausnahmslos alle sind froh, Indien zu verlassen. Es ist ein Subkontinent, also ein eigener Kontinent auf dem Kontinent und mit nichts zu vergleichen.

Incredible !ndia

 

Interview Matsch & Piste

Das Offroad und Reisemagazin Matsch & Piste interviewt mybeastgoeseast.

Das vollständige Interview könnt ihr hier lesen:

Viel Spass

Matsch

http://matsch-und-piste.de/interview-mit-dem-beast-ueber-die-seidenstrasse-nach-osten/

Ladakh – traumhafte Landschaften, Tempel und Tibeter

Die Zeit drängt ein wenig, es ist bereits Mitte September und um nach Leh zu gelangen, müssen wir die höchsten befahrbaren Pässe dieser Erde überwinden.

Nachdem wir in Manali, die Genehmigung für die Fahrt nach Leh eingeholt hatten, starten wir in Richtung Norden in den indischen Himalaya nach Ladakh. Dies war einmal ein eigenständiges Königreich und ist nun ein Teil des indischen Staates Jammu und Kaschmir, der Name bedeutet so viel wie Land der hohen Pässe. (La = Pass, dakh = Land)

Es gibt noch viele Zweitnamen für Ladakh, wie z. B. Kleintibet, Westtibet oder Indisch-Tibet, aber Ladakh ist eine eigenständige Region und nicht Tibet, auch wenn viele Exiltibeter und der Dalai Lama momentan hier ihren Wohnsitz haben.

Zuerst überqueren wir den Pass Rohtang La, mit knappen 4.000 m einer der niedrigen Pässe, viele Inder aus dem Süden tummeln sich hier in Schneeanzügen und machen Fotos. Für die Meisten ist es das erste Mal im Leben, dass sie Schnee sehen. Die Anzüge können im Tal an unzähligen Ständen gemietet werden, soweit wir das überblicken können handelt es sich meist um ältere, abgewetzte, gebrauchte Ski Overalls aus Europa oder USA.

In einem Reisebericht über die Fahrt nach Leh und Ladakh wurde diese mit ‚The Beauty and the Beast‘ verglichen, wobei die Landschaft die Schöne und die Straße das Beast war und tatsächlich machen wir auf der nördlichen Passabfahrt vom Rohtang La erste Erfahrungen über den Straßenzustand. Unser Beast wird mit samt den Insassen gut durchgeschüttelt, die Straßen sind meist unbefestigt und schmal, durch Regen und Wasser, das von überall auf die Piste läuft, ist diese matschig und rutschig, durch das starke Gefälle wird die Abfahrt zu einem gefährlichen Unterfangen, das zeigen auch die zahlreichen gechrashten Fahrzeuge und überschlagenen Busse oder LKW´s am Straßenrand.

Für die ca. 480 km von Manali nach Leh brauchen wir zweieinhalb Tage, außer dass die Straßen schlecht sind, behindern uns Militärkonvois, die mit fast 100 Fahrzeugen auf der Strecke unterwegs sind, sowie die zahlreichen Trucks und Taxen. Überholen ist kaum möglich und wenn ein LKW oder anderes Fahrzeug entgegenkommt, beginnt eine Art Machtkampf. Es wird die Lichthupe wie wild betätigt,  gehupt, aber nicht gebremst, denn wer bremst verliert. Die LKW haben aufgrund ihrer Größe einen klaren Vorteil. Wenn einer entgegenkommt, heißt es für uns links ranfahren, aber selbst wenn wir in einer Einbuchtung stehen, kommen einige Trucks nicht vorbei. Die alten Gefährte oder selbst ausgebauten Tata Trucks sind total überladen und haben keine Lenkhilfe, also wollen einige in der Mitte weiterfahren. Das Beast ist auch nicht gerade klein und so legen wir uns ab und zu mal mit einem Truck, Bus oder Taxi an, aber vom Verkehr in Indien wollen wir in einem anderen Blog berichten.

Die Landschaft jedoch ist grandios, wir durchfahren wilde Täler und eindrucksvolle Gebirgszüge, die Farben sind unbeschreiblich. Einmal glauben wir in einer Sandwüste zu sein, bizarre Felsformationen, von Wind und Wetter geformt, ragen in gelb und orange aus dem Sand und doch, wir können es kaum glauben, lugt darunter Eis hervor. Ist das ein Gletscher?

Auf den Passhöhen, die wir überqueren, einige davon über 5.000 m hoch, wehen die Gebetsflaggen der Buddhisten im Wind.

Entlang des Leh-Manali Highways gibt es einige Häusersiedlungen, die meisten Menschen dort bieten etwas für Reisende an. Dhabas sind kleine Restaurants, wo es landestypische Speisen für wenig Geld gibt und Ramesh, der Sohn von Bophram gab uns den Tipp, dort auch zu übernachten. Für 100 Rupien kann man im Hinterzimmer in einem Schlafsaal ein Bett haben. Wir ziehen es aber vor, irgendwo abseits der Straße im Dachzelt zu schlafen.

Endlich überqueren wir den Indus und erreichen Leh, die Hauptstadt Lakdaks. Auch die Indusbrücke ist mit unzähligen Gebetsflaggen behängt und wir steuern das Goba Guesthouse an, wo wir im Hof parken und campieren können. Die netten Leute dort begrüßen uns mit einem lauten „Jullee, Jullee“, dem Gruß der Buddhisten in Ladakh. Und wenn wir auch hier nicht so gut kommunizieren können, sorgt ein Jullee, Jullee  meist für eine aufgelockerte Stimmung.

In Leh findet gerade das alljährliche Ladakh Festival statt. Wir bleiben hier 5 Tage und genießen die Zeit hier sehr. Wir besuchen Nick Eakins, lassen uns zwei Polohemden und zwei Hoodies mit mybeastgoeseast besticken, besuchen ein Polospiel und das Food Festival. Auch wollen wir noch auf den höchsten befahrbaren Pass der Welt fahren, den Khardung La, lt. indischen Angaben 5.604 m hoch, gemäß anderen Quellen, jedoch „nur“ 5.360 m hoch. Auch hierfür benötigen wir eine Permit. Auf dem Rückweg wollen wir am Tso Moriri und am Tso Kar vorbei und auch hierfür sind Genehmigungen notwendig. Wir kaufen also eine Universalgenehmigung mit 7 Tagen Gültigkeit und fahren dann auf den Khardung La.

Der Morgen ist bedeckt und regnerisch, der Regen geht bald in Schnee über und oben auf dem Pass herrscht das blanke Chaos. Die Inder lassen die Luft aus ihren abgefahrenen Reifen und unterlegen bei ihren PKW`s irgendwelche Kordeln und Schnüre, LKW und Army ziehen Schneeketten auf. Auf der Straße ist dafür natürlich kein Platz und so staut sich der Verkehr kilometerlang. Es gibt niemanden der für Ordnung sorgt und ab und zu gibt es mal ein Handgemenge, von der Ruhe, Ausgeglichenheit und inneren Balance der Inder ist nicht viel zu spüren.

So sitzen wir im warmen Auto, kurz vor der Passhöhe und warten darauf, dass sich der Verkehr wieder einmal vorwärts bewegt, als plötzlich ein junger Mann, der von oben herab kommt, sich vor unserem Auto hinkniet. Er verharrt einige Minuten in dieser Position, schlägt sich mehrmals gegen den Kopf und geht dann weiter. Im Rückspiegel sehe ich, wie der dann zwei Fahrzeuge weiter zusammenbricht. Ich springe aus dem Auto und greife die Sauerstoffmaske, samt Flasche, die ich von Ronald abgekauft hatte und renne zu dem armen Kerl. Es sind schon einige Leute da und unser Sauerstoff nicht nötig. Ein Taxifahrer hat ihm bereits eine Maske aufgesetzt und ihn auf den Rücksitz des Taxi gelegt. Wir gehen dann wieder zurück zu unserem Auto.

Wir sind hier auf 5.300 m und die Höhe ist nicht zu unterschätzen, auch uns fällt das Atmen schwer und es fällt uns wieder die Geschichte ein, von den beiden deutschen Bergsteigern, die in China ihren Kameraden in der Nacht im Zelt auf „nur“ 6.200m verloren haben.

In Leh gibt es eine Oxygen Bar, dort kann man Sauerstoff konsumieren und sich ausruhen, auch wenn Leh vergleichsweise niedrig, auf 3.500 m liegt, wissen wir, dass dies nicht nur zum Spaß dort ist.

Um an den Tso Moriri zu gelangen, folgen wir dem Lauf des Indus, die Landschaft fasziniert uns und als wir den See mit dem letzten Tageslicht erreichen, zieht uns die Atmosphäre in ihren Bann. Wir campieren am Westufer, südlich der Ortschaft Karzok, dem Winterquartier der Nomaden.

Unser Schlafplatz liegt auf 4.700 m und lässt uns nicht gut schlafen, die Aussicht und die Landschaft entschädigt uns am Morgen für die Kopfschmerzen. Es geht wieder ein Stück zurück und nach dem Tso Kar zurück auf den Highway. In Keylong bleiben wir nochmal für zwei Tage und machen einen Ausflug zur Kardang Monastery. Die Aussicht auf die umliegenden 6.000er ist wunderschön und im Ort ist ein Festival, die Leute laden uns ein, ihre Speisen zu probieren. Momos, eine Art Maultaschen begeistern uns. Über Shimla und Chandigarh verlassen wir die Bergwelt Indiens in Richtung ihrer Hauptstadt, Delhi.

In Shimla, der ehemaligen Sommerhauptstadt der englischen Besatzer bleiben wir einige Tage und besichtigen auf dem Berg Jakhoo (2.453 m) einen Tempel und eine überdimensionale Hanuman Statue, dies ist eine hinduistische Gottheit in Gestalt eines Affen und auch in der Stadt wimmelt es von wilden Affen.

Von Shimla aus verkehrt auch die Schmalspurbahn Kalka-Shimla Railway, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, die aufgrund ihrer geringen Größe und der begrenzten Anzahl an Wagen auch Toytrain (Spielzeugbahn) genannt wird.

Der Betrieb auf diesen Strecken, auf denen unter anderem auch noch Dampfzüge verkehren, hat sich seit dem Bau der Strecken 1903 nicht wesentlich verändert, der Regelbetrieb ging quasi fließend in den Museumsbetrieb über. Auf eine Fahrt verzichten wir allerdings, da es kurz zuvor zu einem Unfall kam, bei dem zwei Britinnen ihr Leben verloren haben.

Zum Schluss besuchen wir die Stadt Chandigarh, dies ist eine Planstadt, die erst Mitte des 20. Jahrhunderts gegründet wurde. Im Sommer 1947 wurden Indien und Pakistan aus dem britischen Kolonialreich in die Selbständigkeit entlassen, was mit einer neuen Grenzziehung zwischen beiden Staaten verbunden war. Auch die Provinz Punjab wurde geteilt, wobei die Hauptstadt Lahore an Pakistan fiel. Daraufhin beschloss Indien die Errichtung eines neuen Regierungssitzes für den indischen Teil des Punjab. Als Standort wählte man ein Gelände in direkter Nachbarschaft zum Dorf Chandigarh, dessen Namen man auf die neue Stadt übertrug. Der Name leitet sich von der Göttin Chandi ab, der ein nahegelegener Tempel geweiht ist (garh bedeutet „Festung“).

Für die Errichtung einer neuen Hauptstadt wurden der amerikanische Städteplaner Albert Mayer und sein Partner, der Architekt Matthew Nowicki verpflichtet. Nachdem Nowicki 1950 tödlich verunglückte, schied auch Mayer aus der Planung aus. Nachfolger für die Planung wurde auf besonderen Wunsch Jawaharlal Nehrus, des Ministerpräsidenten Indiens, der Schweizer Architekt Le Corbusier. Der Grundstein für Chandigarh wurde 1952 gelegt.

Dort besichtigen wir den Rock Garden, den Skulpturgarten von Nek Chand, einem Road Inspector von Chandigarh, der 1957 damit anfing, skurril geformte Steine zu sammeln und aus Schrott und Abfall am Stadtrand des neuen Chandigarh im Verborgenen Skulpturen zu basteln.  Erst 1975 wurde sein Werk entdeckt, mittlerweile auf 49.000 m² herangewachsen, tummelten sich Skulpturen, Tänzer, Musiker, Tiere und Fantasiegestalten. Die Stadt schützte fortan das Gelände und machte es ab 1976 für die Öffentlichkeit zugänglich. Chand durfte seine Skulpturen u. a. in New York, Berlin und Paris ausstellen, wo er auch 1980, die große Verdienstmedaille des Bürgermeisters der Stadt Paris ‚Grande Médaille de Vermeil‘ erhielt, eine Auszeichnung zum Ritter im Orden der Künste. Indien widmete ihm 1983 eine Briefmarke.

Heute besuchen über 5000 Menschen täglich den Rock Garden und nach dem Besuch dieser Oase der Ruhe begeben wir uns wieder in das quirlige, bunte und laute Leben Indiens in Richtung ihrer Hauptstadt New Delhi.

 

Hindustan Times vom 13.09.2015

Hindustan Times vom 13.09.2015

Videoclip von OLX Pakistan

Deosai Plains

Videoclip von OLX Pakistan – zum anschauen bitte anklicken 

ab ca. 04:30 min mit mybeastgoeseast 😉

Auf den Spuren meiner Brüder

Ich kam gerade in die Schule, als meine Schwester unser Elternhaus verlies. Zu diesem Zeitpunkt waren auch schon meine beiden ältesten Brüder Bernd und Jürgen längst aus dem Haus und lebten in Berlin. Für mich war das damals unglaublich weit weg und dann hieß es eines Tages plötzlich, die beiden sind mit ihren Freundinnen weiter nach Indien gezogen. Unsere Mama schickte manchmal zu Weihnachten eine Linzertorte nach Indien, was die beiden dort genau trieben haben wir Kinder in Schopfheim nie richtig erfahren. Und auch später, als Jürgen mit Pia und ihren beiden Kindern wieder in Schopfheim lebten, waren Berichte über die damalige Zeit eher eine Seltenheit.

Als wir uns Gedanken über unsere Reise machten und darüber grübelten wohin wir eigentlich reisen möchten, machte ich den Vorschlag nach Indien zu reisen. Ich wollte sehen, wo meine Brüder früher gelebt haben. Leider lebt weder Bernd noch Jürgen, Pia und die damalige Freundin von Bernd, Isolde wohnen beide im Norden der Republik und nur von Isolde bekamen wir einige Hinweise über die damaligen Wohnorte.

Am 08. September ist es dann soweit, wir reisen nach Indien ein. Über die Wagha Border kommen wir von Pakistan nach Amritsar, die Stadt der Sikh. Dort akklimatisieren wir uns an Indien, campen 5 Tage in Mrs. Bhandaris Guesthouse, besuchen den goldenen Tempel und dann machen wir uns auf, in das Kullu-Manali Valley. Nach den Angaben von Isolde haben sie dort in einem Dorf names Haripur gelebt. Der Vermieter hieß Bhopram, weitere Informationen haben wir nicht.

Wir erreichen Haripur am frühen Nachmittag, es ist immer noch ein kleines Dorf im Tale des River Beas, ca. 15 km südlich von Manali. Es liegt auf der anderen Flussseite des National Highway 21 und schmiegt sich sanft an einen Berghang. Was nun? Zuerst wollen wir einen Platz zum Campen finden und uns dann auf die Suche nach Bhopram machen, wir fragen zuerst in einem Camp an der Dorfstrasse. Es sieht zwar geschlossen aus, aber es arbeiten ein paar Leute. Die Kommunikation ist schwierig, hier wird nur Hindi gesprochen. Einer gibt uns dann aber zu verstehen, dass wir hier nicht übernachten können. Als nächstes versuchen wir es in einer Cottage Siedlung, auch hier ist es schwierig zu kommunizieren, aber nach mehr als einer Viertelstunde wird der Owner herangeholt und wir erzählen ihm, das wir hier ein paar Leute suchen und, ob wir hier im Garten campen können. Nein, leider nicht, aber wir könnten einen Room für 5.000 Rupie pro Nacht mieten. Nein, das wollen wir doch dann auch nicht und Stefan fragt ihn, ob er hier jemanden kennt, der Bhopram heißt und der vor ca. 35 – 40 Jahren hier ein Haus vermietet hat. Er fragt seinen Angestellten, der aus Haripur stammt und sagt uns dann, dass er einen Bhopram kennt, sein Mitarbeiter würde uns zu seinem Shop bringen, aber wahrscheinlich sei die Kommunikation schwierig, Bhopram würde nur die hiesige Sprache sprechen. Wir könnten ihn dann aber gerne anrufen.

Wow, wir sind überrascht. Die erste Nachfrage schon ein Treffer? Das wäre ja zu einfach. Gespannt gehen wir dem Angestellten hinterher, bis zu Bhoprams Shop sind es zu Fuß vielleicht 10 Minuten. Der Angestellte sagt einige Worte zu einem kleinen Mann mit kurzen grauen Haaren. Stefan flüstert mir zu: “Nein, das ist nicht der Richtige, der ist zu jung.“

Dann wenden wir uns an Bhopram, ich sage zu ihm, dass meine Brüder Bernd und Jürgen hier gewohnt haben, vor vielen Jahren und, dass wir Bhopram, den Vermieter von Bernds Haus suchen und ob er das vielleicht sei.

Er schaut uns eigentümlich an.

„Yes.“

„Bernd and Isolde, Jürgen and Pia. I know them“

Wir sind platt, ein Volltreffer. Wir kriegen eine Gänsehaut. Wir stehen vor dem Mann, bei dem Bernd und Isolde mit meinem Cousin Marcel vor über 35 Jahren gewohnt haben. Ohne Zögern fallen Bhopram die Namen ein, als ob das erst letzten Monat und nicht vor mehr als 3 Jahrzehnten gewesen sei.

„Ich bin die Schwester von den beiden, wir sind hier, um zu sehen, wo die beiden früher gelebt haben.“

Er will wissen, ob Jürgen noch lebt. Dass Bernd bereits 1989 gestorben ist, weiß Bhopram. Als wir ihm sagen, dass auch Jürgen an Ostern 2013 gestorben ist, ist Bhopram sehr betroffen. Er ist gleichalt wie Jürgen.

Wir sollen mitkommen, in sein Haus. Er schließt seinen Gemüse- und Lebensmittelladen und geht mit uns zu seinem Haus, in dem er mit seiner Frau, seiner jüngsten Tochter und seinem ältesten Sohn und dessen Familie lebt. Im Erdgeschoss leben seine Eltern mit seinem jüngsten Brüder und seinen  beiden Söhnen.

Das Haus ist direkt neben dem Haus, das er früher an Bernd vermietet hatte. Dort wohnt jetzt die Familie seines Bruders.

Wir bekommen Tee und er stellt uns allen vor. Keine Frage wir schlafen hier. Bhopram räumt sein Schlafzimmer für uns und wir können hier 4 Tage bleiben. Nach dem Abendessen erzählt uns Bhopram viele alte Geschichten, wie es war, als die Hippies aus Europa kamen. Wie das Leben und die Umstände damals im Dorf waren. Er holt ein altes Fotoalbum heraus und zeigt uns Bilder, es ist erstaunlich wie er noch die Namen parat hat. Im Nachbardorf leben noch immer Leute von damals. Mario und Louise, ein deutsch-britisches Pärchen, Nick aus England und eine Schweizerin, die sei aber erst viel später gekommen.

Wir sind ergriffen, hier in der indischen Bergwelt, in dieser Stube Bilder von meinen Brüdern gezeigt zu bekommen.

Bhopram rutscht etwas näher zu uns und fangt leise an zu erzählen, dass er vor zwei Tagen geträumt hätte, dass Isolde und Pia nach Haripur gekommen seien und er aber mit dem Traum nichts anzufangen wusste, bis heute.

Dann schaut er mich lange an und sagt, dass er Bernd in mir erkennt und fragt mich, ob ich weiß wie er gestorben sei. „Nein, nicht richtig“, dann erzählt er uns, was er weiß und das war viel mehr, als ich jemals zu vor gehört hatte.

Spät gehen wir ins Bett, wir sind müde und voller Emotionen. Die Gefühle von heute sind nicht zu beschreiben. Ich bin sehr froh, dass wir hierhergekommen sind.

Am nächsten Morgen warten wir auf Bhopram, um gemeinsam zu frühstücken. Er hat jeden Morgen denselben Ablauf. Nach dem Aufstehen geht er in den Tempel um zu beten und um 30 Minuten Yogaübungen zu machen, dann geht er in den Laden, um sauber zu machen und alles vorzubereiten und dann kommt er zurück zum Haus, um sich zu waschen und dann zu frühstücken.

Heute wollen wir in das Nachbardorf Dasi gehen, Jürgen und Pia hatten dort ein eigenes Haus gemietet, wo sie zusammen mit Chandra, ihrer Tochter gewohnt haben.

Ramesh, Bhoprams Sohn begleitet uns und auch er muss sich ein wenig durchfragen, wo sich das Haus genau befindet. Es liegt am oberen Ortsrand und wie es aussieht, wird es gerade umgebaut. Ramesh ruft am Nachbarhaus und ein junges Mädchen kommt heraus. Es ist die Enkelin von Devi, der Vermieterin von Jürgens Haus. Ihre Oma ist auf der Baustelle und dort treffen wir sie dann.

Sie kommt aus dem Haus zu schlurfen, das Gesicht faltig und braungebrannt, sie trägt viele goldenen Ohrringe und ein Kopftuch. Über ihrem Kleid trägt sie den traditionellen Kullu Shawl mit Karomustern. Sie mustert uns eine Zeit lang und ich sage ihr dann, dass ich die kleine Schwester von Jürgen bin.

Trotz ihrer 81 Jahre kann sie sich sofort an die damalige Zeit und an Jürgen und Pia erinnern. Auch an die kleine Tochter Chandra. Sie half Jürgen damals, das kleine Kind zu versorgen, als Pia in Italien 2 Jahre wegen Drogenschmuggel einsaß.

Sie trägt ihrer Enkelin auf im Haus etwas zu holen und diese kehrt nach kurzer Zeit mit einer Fotocollage zurück. Die alte Frau wischt darüber und schaut es lange an und scheint in Erinnerungen zu schwelgen, sie sagt, dass sie noch einige Jahre lang ab und zu Post und Fotos bekommen hätte, dass das dann aber irgendwann aufgehört hätte. Auch sie möchte wissen, wie es Jürgen geht und ist sehr betroffen als sie erfährt, dass er bereits gestorben ist.

Wir dürfen noch einige Fotos mit ihr machen und verabschieden uns dann von ihr.

Auch hier hatten wir wieder ein bleibendes Erlebnis.

Tags darauf fahren wir mit Ramesh nach Manali. Wir benötigen für die Fahrt nach Leh eine Genehmigung, die wir nur in Manali bekommen und er ist uns bei den Behördengängen behilflich.

Nachdem wir dort alles erledigt haben, trinken wir noch einen Kaffee und auf dem Weg durch die City von Manali machen einen kurzen Stopp in einem Outdoor Shop, da der Eigentümer des Ladens auch aus Haripur ist. Ramesh erzählt ihm kurz, wer wir sind und was wir in Haripur machen, dann sagt uns Sunil,  dass er meinen Cousin Marcel kennt. Er und Subhash, Rameshs Onkel hätten immer mit ihm gespielt. Jeder im Dorf wollte mit Marcel spielen, da er ein Fahrrad hatte.

Wir sind wieder platt, wie sich die Menschen hier an die damalige Zeit erinnern können.

Ein Engländer names Nick, der zeitweise immer noch hier wohnt, sei gerade in Leh. Er ist mittlerweile ein bekannter Photograph hier, der viele Bücher, Landkarten und Postkarten über Ladakh veröffentlich hat. Bhopram sagt uns, dass er Bernd und Jürgen auch sehr gut gekannt hat und er in Leh wahrscheinlich im Hotel Oriental abgestiegen ist.

Einige Tage später versuchen wir dort unser Glück und treffen tatsächlich Nick Eakins, nachdem wir zuvor einen anderen Nick aus England in seinem Zimmer im Hotel Oriental mit unseren Fragen überfordert hatten.

Nick ist überrascht und freut sich als wir ihm erzählen wer wir sind und was wir hier machen. Am nächsten Morgen verabreden wir uns zum Frühstück und er erzählt uns eine Menge aus der damaligen Zeit.

Er hat in Thailand geheiratet (not a barmaid)und verbringt jeweils ein halbes Jahr dort und das Andere in Indien.

Ich bin sehr glücklich, die Reise nach Haripur unternommen zu haben und all diese Menschen getroffen zu haben, die so lange Zeit ein Teil des Lebens meiner Brüder waren. Traurig bin ich darüber, dass ich es weder ihnen noch meiner Mama berichten kann.

Karakorum Highway – auf das Dach der Welt

Independence Day – es ist der 14. August als wir nach Pakistan einreisen und im 21. Land unserer Reise ist Feiertag. Die Fahrzeuge sind mit Fahnen dekoriert und die Häuser und Höfe mit Flaggen geschmückt.

Die chinesische Grenzabfertigung war bereits in Tashkurgan, einem alten Handelsposten auf der Seidenstraße, der Name bedeutet „steinerne Stadt“, eine Bezeichnung für die alte Befestigungsanlage, die chinesische Wissenschaftler auf über 600 Jahre schätzen. Tashkurgans Rolle als Handelsposten auf der südlichen Seidenstraße ist aber vermutlich wesentlich älter. Man geht davon aus, dass der Ort möglicherweise mit dem ‚Steinerner Turm‘ (Lythinos pyrgos) identisch ist, den der Naturforscher Claudius Ptolemäus um 150 n. Chr. in seinen Aufzeichnungen erwähnt. Die Kenntnis über den vollständigen Verlauf der Seidenstraße von Xi’an bis zum Mittelmeer war zur damaligen Zeit auf Seiten der Römer wie Chinesen gleichermaßen ungenau und endete jeweils etwa in der Umgebung des Pamir Gebirges. In den Aufzeichnungen des Ptolemäus findet sich, dass die Seidenstraße hinter Baktra die Komedoi-Berge überwinde, womit wohl der Pamir gemeint ist, und dort auf den ‚Steinernen Turm‘ treffe. Danach begann für die Römer ‚terra incognita‘ und auch wir begeben uns mit einem etwas flauen Gefühl in ein unbekanntes Land, von dem man in den letzten Jahren leider wenig Gutes gehört hat.

Die Strecke führt weiterhin durch die herrlich sanften Hochtäler des Pamir, bis am Horizont, wie eine schwarze Wand die dunklen Zinnen des Karakorum-Gebirges auftauchen und gegen Mittag erreichen wir den Khunjerab-Pass (4.733 m), den höchsten Punkt des Karakorum Highways.

Sein Name bedeutet auf Whaki, der Sprache der hiesigen Bevölkerung ‚Tal des Blutes‘: Die Karawanenführer schlitzten ihren Pferden, die wie die Menschen unter der Höhenkrankheit litten, die Nüstern auf, weil sie glaubten, das Nasenbluten würde ihnen die Strapaze des Aufstiegs erleichtern. Andere interpretieren den Namen Khunjerab schlicht als ‚Pass des Khan‘.

Dort oben müssen wir das schwere Eisentor selbst öffnen, um von China nach Pakistan zu kommen. Wir machen noch einige Fotos und fahren dann zum ersten pakistanischen Posten, das ist nur ein hölzernes Häuschen mit Schranke und die Soldaten empfangen uns mit einem herzlichen „Welcome to Pakistan“. Sie schauen sich kurz das Visum an und öffnen die Schranke, der pakistanische Zoll ist erst in Sost.

Wir sind gespannt, wie wir durchkommen werden, einige Leute erzählten uns, dass die Straße noch gesperrt sei, denn aufgrund von starkem Schmelzwasser sind große Teile des Karakorum Highways (KKH) weggespült worden. Auch Luc und Laurant, die beiden Luxemburger, die wir in Kashgar getroffen hatten, sind per Flugzeug von Pakistan nach China gereist, da auf dem KKH kein Durchkommen war.

Wir kommen gut voran, die Straße ist eine der Besten, die wir seit Langem befahren haben. An einigen Stellen liegen noch große Steine auf der Straße, die man aber gut umfahren kann. Einmal schiebt ein Bagger mit dem Löffel die großen Brocken zur Seite, das ist zwar nicht gut für den Asphalt, geht dafür aber umso schneller. Dann staut sich aber auf einmal der Verkehr und wir müssen anhalten, zahlreiche Leute stehen auf der Straße und so steigen auch wir aus und besichtigen die Baustelle. Auf der Straße liegt der Schutt schätzungsweise 4 m hoch, ein Bagger steht zwar da, wird aber nicht bewegt. Auf der anderen Seite steht eine Raupe, zwischen den beiden Maschinen liegen auf einer Länge von mehr als 20 m Schlamm und Geröll, das sich beim Überqueren zu Fuß wie eine schwabbelige Masse anfühlt, in der einige Motorradfahrer stecken bleiben, beim Versuch diese zu überwinden. Kurze Zeit später beginnen die chinesischen Straßenarbeiter, die nach den Erdrutschen im 24-Stunden Schichtbetrieb an 7 Tagen der Woche an der Räumung arbeiten, damit, den letzten Abschnitt der Straße frei zu machen und so erreichen wir das Städtchen Sost am späteren Nachmittag, wo die Einreiseabfertigung stattfindet. Wir fahren in den Zollhof, ein Zöllner führt uns in das Gebäude, wo wir mit „Hello, how are you?“ begrüßt werden. Es ist schwierig für uns, Zöllner, Passanten und Reisenden auseinander zu halten, viele tragen die traditionellen Gewänder Pakistans, den ‚Shilwar Kamez‘. Zuerst füllen wir einen Gesundheitsfragebogen aus, dann werden unsere Visa geprüft und wir erhalten den Einreisestempel. In einem separaten Büro wird unser Carnet für das Fahrzeug gestempelt und dann gehen wir wieder in den Hof, ein freundlicher Beamter fragt uns, als er ins Auto schaut, ob wir Dinge „for Business“ dabei hätten oder alles private Sachen wären, als wir ihm dann sagen, dass alles nur Privatkram sei, verzichtet er auf eine nähere Inspektion und nach nur 35 Minuten verlassen wir den Zollhof.

Die erste Nacht verbringen wir in Sost und am Morgen fahren wir weiter nach Passu. Dort zelten wir im Garten des Hotel Sarai Silk Route. Wir machen einen Ausflug an den Passu Gletscher und im Hintergrund sehen wir die ganze Kette der 7.000er der Passu Range. Auf dem Rückweg kehren wir im Cafe ‚Glacier Breeze‘ ein und gönnen uns ein Stück Aprikosenkuchen und einen Kaffee. Im Hunzatal hat die Aprikosenernte begonnen und überall sehen wir Aprikosen, die zum Trockenen irgendwo ausgelegt sind. Wir genießen die nachmittäglichen Sonnenstrahlen mit einem tollen Ausblick auf die Passu Cones oder die Kathedralen von Passu, einer bizarren Felsformation.

Unser nächstes Ziel ist Karimabad, dem Wohnsitz des ehemaligen Mirs von Hunza, doch zuvor müssen wir den Attabad Lake überqueren, die Einheimischen nennen den See einfach nur ‚Disaster Lake‘, weil sich dieser nach einem großen Erdrutsch im Jahr 2011 aufgestaut hat. Als wir am Nordufer ankommen, regnet es leicht und es ist kalt. Es geht geschäftig zu, in diesem „Fährhafen“. Es kommen Boote, die Kraftstoff in Kanistern anliefern oder die Fahrgäste, Autos und Kleinlastwagen anliefern. Es gibt keine Ordnung, jeder versucht zuerst anzulegen ober abzulegen. Die Menschen rufen und gestikulieren wild durcheinander.
In Sost hatte ich einen Einheimischen mit einem Toyota Pickup getroffen und wir hatten über die Fährpreise gesprochen. Er sagte mir, dass die Überfahrt für seinen Pickup 2.500 Rupien kosten würde.
Natürlich sind wir am Ufer in kürzester Zeit von vielen Kapitänen umringt, die uns ihre Dienste anbieten. Jeder hat das sicherste Boot und will uns an das Südufer schippern. Ich verhandle die Preise, doch alle möchten 5.000 Rupien haben. Als ich ihnen erzähle, dass ich die Preise kenne und der Normalpreis bei 2.500 Rupien liegt, verweisen alle auf die Fahrzeuggröße und das –gewicht. Ich hatte ihnen gesagt, dass das Beast über 3.500 kg wiegt und am Ende willigt einer meiner Verhandlungspartner auf einen Fährpreis von 4.000 Rupien ein. Ich zahle ihm das Geld und wir warten, bis sie ihr Boot in Position bringen können. In der Zwischenzeit kommt der Sohn meines Verhandlungspartners, der auch Kapitän auf unserer Fähre ist und erklärt mir, dass er für ein Auto mit unserem Gewicht zwei Boote benötigt und ich noch 2.000 Rupien aufzahlen müsste. „Das ist nicht in Ordnung“ erklären wir ihm, es sei von Anfang an klar gewesen, was das Auto wiegt und jetzt kommt der Einwand mit dem zweiten Boot, wir beharren auf den 4.000 Rupien. Daraufhin läuft er weg. Seine Sandalen und Hosen sind total durchnässt, er zittert am ganzen Leib und reibt sich immer wieder die Hände. Seine Haare sind auch ganz nass und sein Gesicht ist von der Kälte gerötet. Der arme Kerl tut mir leid.

Knappe 20 Minuten später steht uns Boot bereit und gefühlte Stunden später steht auch das Beast oben drauf. Ich bin total nervös und angespannt. Ich sitze im Boot und kann nichts mehr tun, das Auto ist nur mit Steinen gegen wegrollen gesichert. Die Holzdielen sind mit Hanfseilen irgendwo angebunden. Ich habe die schlimmsten Befürchtungen und mache mir in Gedanken Vorwürfe, warum ich auf das zweite Boot verzichtet habe. Wir legen ab, die heikelste Situation, denn hier herrscht noch eine richtig starke Strömung und als das Boot quer in der Strömung liegt, neigt es sich gefährlich zur Seite. Der Neigungssensor der Alarmanlage spricht an und das Heulen der Sirene geht allen durch Mark und Bein, auf der ganzen Fahrt wird sie noch einige Male laut durch die Bergidylle schallen. Meine Hände sind schweißnass, aber nun fahren wir in Richtung Südufer. Laut unserem Kapitän wird die Überfahrt ungefähr eine Stunde dauern. Zwischendurch richten wir die unterlegten Steine nochmal neu aus und ich ziehe die Handbremse nach. Mehr können wir nicht tun und uns fallen Steine vom Herzen, als wir endlich den Empfangshafen sehen.

Am Nachmittag erreichen wir ‚Eagles Nest‘, oberhalb von Karimabad, wo wir für einige Tage unser Zelt aufschlagen. Von hier aus haben wir einen herrlichen Blick auf den Rakaposhi (7.788 m) und den Lady Finger (6.000 m), eine schneefreie Felsnadel am Ultar Peak (7.388 m).
Eagles Nest ist ein Aussichtspunkt, wo sich ein Hotel und einige Campsites befinden und liegt auf etwa 3.000 m. Die Fahrt dahin ist recht abenteuerlich, die Straße ist sehr eng, kurvig und extrem steil. Wir machen zu Fuß einen Ausflug nach Karimabad, das ca. 900 Höhenmeter tiefer liegt, wir gehen am Altit Fort vorbei, das vor einigen Jahren frisch renoviert wurde, jedoch schrecken uns die 700 Rupien Eintritt pro Person (nur für Ausländer) ab und so sehen wir es nur von außen. In Karimabad treffen wir beim Point Zero Ali, er hat uns auch schon im Fährhafen gesehen. Er arbeitet hier in einem Büro, das Trekkingtouren anbietet und gibt uns ein paar Tipps, was wir unternehmen könnten. Er zeigt uns auf der anderen Talseite ein Seitental in dem Edelsteine abgebaut werden und er empfiehlt und das Hoper Valley, außerdem sagt er uns, dass es hier in Karimabad ein kleines Unternehmen gibt, das die Edelsteine schneidet, schleift und fasst. Das wollen wir uns ansehen, da wir ja noch die Rubine aus Tadschikistan haben. Wir gehen im Ort Richtung Baltit Fort, das war der ehemalige Regierungssitz des Mir von Hunza und kehren im Cafe de Hunza ein. Hier gibt es Walnusskuchen und richtigen Kaffee. Wir haben die Wahl zwischen Nespresso Kapseln und Lavazza Kaffee, auch steht Rösti auf der Speisekarte. Der Wirt erzählt uns später, dass er vor einigen Jahren in der Schweiz war und von dort das Rezept für Rösti und auch für den Walnusskuchen mitgebracht hat.
Nachdem wir zuerst Rösti gegessen haben und dann noch einen Kaffee mit Walnusskuchen probiert haben gehen wir zu der Steinschleiferei und fragen, ob sie uns die Steine aus Tadschikistan schleifen könnten. Das wäre kein Problem teilt man uns mit und wir sollen morgen gegen 12 Uhr wieder kommen, dann sei dann auch Strom verfügbar und sie könnten unsere Steine schleifen. Tadschikistan sei berühmt für seine Rubine.

Tags darauf steht Fida bereit unsere Rubine zu schleifen. Fida sei die Beste und berühmt für ihre Fähigkeiten, aber leider werden wir sogleich enttäuscht. Ein kurzer Blick auf unsere Rubine und dann erklärt uns der Chef, dass es sich bei unseren Steinen leider nicht um Rubine, sondern nur um Garnet handelt. Fida schleift uns aber trotzdem 3 der Steine und so verlassen wir nach ca. 2,5 Std. die Werkstatt mit 3 schön geschliffenen Halbedelsteinen. Das Ganze hat uns ca. 2,50 Euro gekostet.

Im Hoper Valley, einem Seitental des Hunza Valley, das wir am folgenden Tag erreichen findet gerade das Cultural Revival Festival statt und als wir am Ende des Tales den Gletscher besichtigen, filmen und interviewen uns drei Leute, die über das Festival im TV berichten. Danach werden wir zum Festival geführt, wo wir zum Tanzen aufgefordert werden und auch der Minister von Gilgit-Baltistan begrüßt uns freundlich.

Wir campen im Hof des Restaurants ‚Hoper Inn‘, sitzen dort im Garten und trinken Tee, während wir etwas am Laptop arbeiten. Plötzlich werden Getränke und Pommes serviert, eine freundliche Familie aus Lahore lädt uns dazu ein. Später trinken wir mit ihnen noch Kaffee und am Abend essen wir zusammen. Mujahids Familie lädt uns ein, bei ihnen in Lahore zu wohnen, wenn wir dort ankommen, wo er eine Fabrik für Herrenschuhe hat.
Doch zuvor fahren wir das Hunza Valley weiter talwärts bis Gilgit, der Hauptstadt Gilgit-Baltistans. Auf der Fahrt dahin passieren wir eine Stelle, wo vor ca. 55 Mio. Jahren die indische und die eurasische Kontinentalplatte aufeinandertrafen und dadurch diese riesigen Gebirgsmassen formten. Von Gilgit machen wir einen Ausflug in das Gilgit Valley. Wir wollen eine alte steinerne Buddha Statue besuchen, bevor der Islam in dieser Gegend Verbreitung fand war die Bevölkerung dem Buddhismus zugewandt. Wir passieren einige Checkpoints, die es hier überall gibt und wir uns dort als Ausländer regiestieren müssen. Mittlerweile haben wir von unseren Pässen Kopien gemacht, die wir dann dort einfach nur abgeben. Auf dem weiteren Weg treffen wir noch einen schweizerischen Offizier mit blauem Barett, er dient für ein Jahr in einer UN Einheit und überwacht als Blauhelmsoldat die Line of Control (LOC) zwischen Pakistan und Indien im umstrittenen Kaschmirgebiet.

Nach Gilgit, am Zusammenfluss von Gilgit River und Indus, der von Tibet über Indien nach Pakistan fließt, verlassen wir den Karakorum Highway und folgen dem Indus talaufwärts in Richtung Skardu. Skardu hat einen Flughafen und viele Expeditionen zum K2, dem zweithöchsten Berg der Erde und dem höchsten Berg in Pakistan, nehmen hier ihren Anfang. Wir hoffen etwas von dieser Expeditionsatmosphäre schnuppern zu können.

Die Berghänge im Tal fallen steil in den Indus ab und unten tosen die braunen Wassermassen talwärts. Die Berghänge sind zerlöchert wie ein Schweizer Käse und während einer Rast schauen wir mit den Ferngläsern die Löcher genauer an. Es scheint sich um Minen zu handeln und ab und zu hören wir auch Explosionen von Sprengungen. An der Straße ist eine kleine Miene oder vielleicht auch nur eine Probebohrung. Hier suchen wir, vom Goldfieber gepackt, nach Edelsteinen. Annette findet einen schönen schwarzen Turmalin, den wir mitnehmen.
Ein Stück weiter treffen wir auf eine Gruppe, die gerade Material auf die andere Flussseite transportiert, dort liegen die meisten Mienen und es führen keine Brücken über den Indus. Daher haben sich die Menschen Seilbahnen gebaut, mit denen sie Nahrungsmittel, Tiere und Material hinüberschaffen.
Wir machen Fotos, als gerade eine Ziege über den Indus transportiert wird und beiläufig frage ich, ob in den Säcken Reis sei. Nein, da sei Sprengstoff drin, den sie für die Minen benötigen. Ganz locker wird dieser im Sammeltaxi auf dem Dach und dann mit der Seilbahn über den Fluss transportiert. Einige Zeit später in Indien lesen wir, dass dort 3 Wohnhäuser und zwei Restaurants in die Luft geflogen sind, nachdem Sprengstoff für die Minen in Radschastan, der in einem Wohnhaus gelagert war, explodiert ist. Über 100 Menschen sind dabei gestorben.
Zum Abschied bekommen wir von den Bergleuten noch einen Aquamarin und einen Topas geschenkt.
Am Nachmittag erreichen wir Skardu, leider regnet es. Oder Gott sei Dank, denn am nächsten Tag scheint wieder die Sonne und die Stadt ist staubig und dreckig. Der Verkehr ist ein Chaos, wir gehen zu Fuß die Hauptstraße entlang und am Polo- und Fußballstadion, findet gerade ein Spiel statt. Die Leute stehen auf der Straße und schauen sich das Match an. Autos hupen wie wild durcheinander. Wir finden einen Edelsteinladen, der auch schleift, allerdings will er das 5-fache von dem was wir in Karimabad bezahlt haben, so suchen wir weiter und finden einen anderen Laden. Ein Mann will uns zur Schleiferei bringen, aber wir landen bei ihm zu Hause. Bei Tee und Gebäck erklärt er und, dass er mehrere Minen hat und den neuen Stein „K2 azurite“ abbaut, den es nur hier im Gebiet des K2 gibt. Allerdings sei es für ihn sehr schwer ihn nach Europa oder USA zu verkaufen. Er gibt uns ein ganzes Paket „Muster“ von geschliffenen und ungeschliffenen Steinen mit, mit dem Hinweis ein Geschäft in Deutschland zu gründen und Edelsteine zu verkaufen. Wir versprechen ihm nichts.
Von Skardu aus machen wir einen Ausflug in das Shigar Valley und besuchen den Jarbaso (The Blind Lake) und die Dünen, wo wir ein bisschen Off Road fahren.
Am Abend treffen wir auf eine große Gruppe von Off Road Fahrern, sie gehören alle zum Jeep Club Muzzafarabad und machen ihren jährlichen Ausflug. Ich werde sogleich interviewt, mit richtiger Kamera und Moderator. Der Club ist gut organisiert und wird von OLX Pakistan gesponsort. Am nächsten Morgen werden wir abgeholt zu ihrem Hotel und dort zeigen wir den Clubmitgliedern unseren Geländewagen und wieder werden zahlreiche Fotos und Videos gemacht. Danach brechen wir zu den Deosai Plains auf, der zweithöchste Hochebene der Erde, nach der Tibetischen Hochebene.
Hier soll es auch noch wilde Bären, den Schneeleoparden, Füchse und Wölfe geben, die Ebene liegt durchschnittlich auf 4.114 m. Auf unserer Landkarte ist ein Camp eingezeichnet, das wir anfahren möchten, leider ist dort gar nichts und so schlagen wir unser Zelt neben einem kleinen See, der von Gletschern gespeist wird, auf. Die Nacht ist sehr schwarz und total ruhig, leider spüren wir die Höhe etwas, denn der See liegt auf 4.700 m. Wir beschließen ein kleines Stück zurück zu fahren und dann dem Haupttrack auf der Deosai Hochebene zu folgen, außerdem endet für uns auf dieser Strecke sowieso bald die Weiterfahrt, denn es beginnt das umstrittene Kaschmirgebiet und dieses ist für Ausländer gesperrt. Nach nur wenigen Kilometern auf dem Haupttrack, kommt ein eingerichtetes Camp, wir halten kurz an und checken dies auf unserer Landkarte. „Ein Overlander“, ruft Annette plötzlich und aus der entgegengesetzten Richtung nähert sich ein weißer Toyota mit Kisten und Ersatzrad auf dem Dach. Als das Fahrzeug näher kommt, erkennen wir auch das deutsche Kennzeichen. Wir winken und der Toyota hält an, ein zierliche Frau steigt aus und fragt: „Seid ihr My Beast oder so?“
„Ja, sind wir“, Sven, ein Overlander in Indien hätte ihr mitgeteilt, dass wir ihr entgegenkommen. Martina ist alleine mit ihrem Hund Perla unterwegs. Ihre Reise dauert bereits 14 Jahre, angefangen hat sie als Backpacker in Südamerika, wo sie sich dann zwei Pferde zugelegt hat und auf diesen den Kontinent erkundet hat. Später ist sie auf ein Motorrad und dann auf den Toyota umgestiegen. Wir trinken zusammen einen Kaffee und plaudern über alles Mögliche, danach beschließen wir hier zusammen eine Nacht zu verbringen. Sie kommt aus Indien und ist auf der Fahrt durch Pakistan in den Iran. Sie hat 8 Monate in Indien zugebracht und gibt uns viele Tipps für Sightseeing, die Verkehrsregeln und die Indern.
Nach dem Frühstück verabschieden wir uns am nächsten Morgen, ihr Weg führt nach Westen und das Beast goes East. Ein kurzes Stück später treffen wir auf das Camp des Jeep Clubs Muzzafarabad und dort bleiben wir auch wieder für die nächste Nacht stehen. Sie haben ein richtiges Basislager mit Küchenzelt und Toilette. Es wird Brot gebacken, Hühner und Schafe geschlachtet, Tee gekocht, Fleisch gegrillt und Dal (Linsen) zubereitet. Wir treffen hier auch die pakistanische Bergsteigerlegende Hassan Sadpara, der einige 8.000er bestiegen hat. Bald nach dem Abendessen verschwinden wir im Dachzelt im Schlafsack, denn es wird unangenehm frisch. Am Morgen ist das Mineralwasser gefroren, aber die Sonne scheint und wir genießen das Frühstück mit den ersten Sonnenstrahlen. Wir fahren weiter in Richtung Sheosar Lake und Rama Lake, die Mitglieder vom Jeep Club fahren auch in diese Richtung, aber einige ihrer Farhrzeuge haben Startprobleme und benötigen Hilfe.

Nachdem wir den Sheosar Lake passiert haben erreichen wir einen Pass und verlassen die Deosai Plains hinunter in Richtung Astore. Auf der Fahrt bergab kommt uns ein Motorrad entgegen, auf dem ein hellhäutiger Mann mit Mütze sitzt. Wir schauen, stutzen und machen langsam, auch das Motorrad wird langsamer und dann erkennen wir Helmut. Er kommt aus Österreich und ist eigentlich per Fahrrad unterwegs, wir hatten ihn bereits in Osh im TES Guesthouse getroffen. Sein Rad hat er in Gilgit stehen lassen und sich das Motorrad ausgeliehen. Er ist auf dem Weg nach Tarishing, von wo aus man den Nanga Parbat sehen soll. Er kommt vom Rama Lake, wo er übernachtet hat und auch Martina hatte eine Nacht am Rama Lake zugebracht.
Nach einer Nacht am Rama Lake beschließen auch wir nach Tarishing zu fahren und treffen dort im Guesthouse, wo wir im Garten das Zelt aufschlagen, wieder Helmut. Im Garten trinken wir zuerst zusammen Tee und essen später dort zu Abend. Es ist sehr wolkig und der Nanga Parbat will sich offensichtlich nicht nackt zeigen. Helmut ist an diesem Tag zum Herrligkoffer Basecamp gegangen, aber auch dort hatte er die Rupalseite des Nanga Parbat nur in Wolken gesehen. Zumindest sehen wir den Raikot mit 7.070 m auch ein stolzer Berg und dahinter sehen wir die Kontur des East Peak des Nanga Parbat, dieser ist allerdings nur 7.530 m hoch.
Wir wollen unser Glück später noch mal im Indus Valley oder auf Fairy Meadows versuchen, um den Naga Parbat in seiner vollen Pracht zu sehen.

In Gilgit verbringen wir eine Nacht im Hotel Serena, dort treffen wir Zia, einen ehemaligen Offizier der pakistanischen Armee, mit dem wir ein interessantes Gespräch über Pakistan, Kaschmir und Indien führen. Er hatte uns angesprochen, da er bereits Bilder von unserem Auto im Internet gesehen hatte. Immer wieder sind wir überrascht wie schnell die Bilder vom Beast die Runde machen.
Von Gilgit aus fahren wir wieder auf dem Karakorum Highway talwärts, hier treffen wir drei italienische Geländewagen, die auch auf dem Weg nach Indien sind. Kurze Zeit später erreichen wir den Punkt, wo die drei großen Gebirge Hindukusch, Karakorum und Himalaya aufeinander treffen.
Das Wetter ist absolut genial, keine einzige Wolke ist am Himmel zu sehen und wir können den Nanga Parbat in seiner ganzen Größe sehen. Wir haben so viele Bücher, Bergsteigergeschichten, Legenden und Tragödien über diesen Berg gelesen und nun stehen wir vor ihm. Das Gefühl ist unbeschreiblich.

In Chilas suchen wir eine Übernachtungsmöglichkeit, aber man versucht uns einen Polizeischutz zur Seite zu stellen und daher beschließen wir weiter über den Barbusar Pass (4.170 m) nach Naran zu fahren. Dieser Anstieg ist für das Beast ein echter Härtetest, auf nur wenigen Kilometern steigt die Straße über 3.000 Höhenmeter, die Temperatur steigt verdächtig stark an und wir verlangsamen unsere Fahrt. Kurz vor der Passhöhe treffen wir wieder auf einen weißen Toyota Geländewagen. Wir geben Lichthupe und halten an, wir können es kaum glauben, es sind Emiel und Claire, ein niederländisch-australisches Paar, mit denen wir Ende Oktober/Anfang November Myanmar durchqueren werden.
Über Murree, wo wir wilde Affen entlang der Straße sehen, führt uns der weitere Weg nach Islamabad und Rawalpindi. In Rawalpindi suchen wir die Werkstätten der Truck Art Künstler und nach einigem Suchen werden wir auch fündig. In einem Hinterhof ist die Werkstatt von Al-Habib Ejaz, wir fragen ihn, ob er uns auf eine der hinteren Seitenscheiben, die wir durch Aluplatten ersetzt haben, ein pakistanisches Truckart Bild malen kann. Während die zwei Künstler sich ans Werk machen, das einen halben Tag in Anspruch nimmt, werden wir mit Gebäck und Tee versorgt. Wir sind die Attraktion, das halbe Viertel kommt und umringt uns. Der Rektor der Schule von nebenan lädt uns auf einen kühlen Schluck ein und am Nachmittag werden wir von ihm mit Essen versorgt.
Die letzte Station in Pakistan ist Lahore, hier haben wir einige Einladungen, die wir aber leider nicht alle annehmen können und so beschließen wir bei Mujahid und seiner Familie zwei Tage zu bleiben.
Die Fahrt zu seinem Haus führt durch enge Gassen, die voller Menschen sind. Die Einfahrt ist eng und das Eisentor hat einen Querträger, wir müssen die Luft aus den Reifen lassen, dass wir hinter dem Tor parken können. Mujahid zeigt uns seine Fabrik, in der in Handarbeit Herrenschuhe aus Leder hergestellt werden. Ich bekomme zwei Paar Schuhe von ihm geschenkt. Seine beiden Söhne sind sehr wissbegierig und fragen uns alles Mögliche, seine Frau Yasmina verwöhnt uns mit pakistanischen Leckereien.
Nach fast einem Monat verlassen wir Pakistan über die Wagah Border nach Indien. Zu Beginn unserer Reise stand für Annette fest, niemals durch dieses Land zu fahren, aber wir haben hier so viele nette Menschen getroffen, grandiose Landschaften gesehen, dass wir eines Tages nach Pakistan zurückkehren werden.

Ein Pakistani hatte uns während unseres Aufenthalts hier gesagt:
„Not all Pakistanis are terrorists.“

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