Monat: Oktober 2015

Auf den Spuren meiner Brüder

Ich kam gerade in die Schule, als meine Schwester unser Elternhaus verlies. Zu diesem Zeitpunkt waren auch schon meine beiden ältesten Brüder Bernd und Jürgen längst aus dem Haus und lebten in Berlin. Für mich war das damals unglaublich weit weg und dann hieß es eines Tages plötzlich, die beiden sind mit ihren Freundinnen weiter nach Indien gezogen. Unsere Mama schickte manchmal zu Weihnachten eine Linzertorte nach Indien, was die beiden dort genau trieben haben wir Kinder in Schopfheim nie richtig erfahren. Und auch später, als Jürgen mit Pia und ihren beiden Kindern wieder in Schopfheim lebten, waren Berichte über die damalige Zeit eher eine Seltenheit.

Als wir uns Gedanken über unsere Reise machten und darüber grübelten wohin wir eigentlich reisen möchten, machte ich den Vorschlag nach Indien zu reisen. Ich wollte sehen, wo meine Brüder früher gelebt haben. Leider lebt weder Bernd noch Jürgen, Pia und die damalige Freundin von Bernd, Isolde wohnen beide im Norden der Republik und nur von Isolde bekamen wir einige Hinweise über die damaligen Wohnorte.

Am 08. September ist es dann soweit, wir reisen nach Indien ein. Über die Wagha Border kommen wir von Pakistan nach Amritsar, die Stadt der Sikh. Dort akklimatisieren wir uns an Indien, campen 5 Tage in Mrs. Bhandaris Guesthouse, besuchen den goldenen Tempel und dann machen wir uns auf, in das Kullu-Manali Valley. Nach den Angaben von Isolde haben sie dort in einem Dorf names Haripur gelebt. Der Vermieter hieß Bhopram, weitere Informationen haben wir nicht.

Wir erreichen Haripur am frühen Nachmittag, es ist immer noch ein kleines Dorf im Tale des River Beas, ca. 15 km südlich von Manali. Es liegt auf der anderen Flussseite des National Highway 21 und schmiegt sich sanft an einen Berghang. Was nun? Zuerst wollen wir einen Platz zum Campen finden und uns dann auf die Suche nach Bhopram machen, wir fragen zuerst in einem Camp an der Dorfstrasse. Es sieht zwar geschlossen aus, aber es arbeiten ein paar Leute. Die Kommunikation ist schwierig, hier wird nur Hindi gesprochen. Einer gibt uns dann aber zu verstehen, dass wir hier nicht übernachten können. Als nächstes versuchen wir es in einer Cottage Siedlung, auch hier ist es schwierig zu kommunizieren, aber nach mehr als einer Viertelstunde wird der Owner herangeholt und wir erzählen ihm, das wir hier ein paar Leute suchen und, ob wir hier im Garten campen können. Nein, leider nicht, aber wir könnten einen Room für 5.000 Rupie pro Nacht mieten. Nein, das wollen wir doch dann auch nicht und Stefan fragt ihn, ob er hier jemanden kennt, der Bhopram heißt und der vor ca. 35 – 40 Jahren hier ein Haus vermietet hat. Er fragt seinen Angestellten, der aus Haripur stammt und sagt uns dann, dass er einen Bhopram kennt, sein Mitarbeiter würde uns zu seinem Shop bringen, aber wahrscheinlich sei die Kommunikation schwierig, Bhopram würde nur die hiesige Sprache sprechen. Wir könnten ihn dann aber gerne anrufen.

Wow, wir sind überrascht. Die erste Nachfrage schon ein Treffer? Das wäre ja zu einfach. Gespannt gehen wir dem Angestellten hinterher, bis zu Bhoprams Shop sind es zu Fuß vielleicht 10 Minuten. Der Angestellte sagt einige Worte zu einem kleinen Mann mit kurzen grauen Haaren. Stefan flüstert mir zu: “Nein, das ist nicht der Richtige, der ist zu jung.“

Dann wenden wir uns an Bhopram, ich sage zu ihm, dass meine Brüder Bernd und Jürgen hier gewohnt haben, vor vielen Jahren und, dass wir Bhopram, den Vermieter von Bernds Haus suchen und ob er das vielleicht sei.

Er schaut uns eigentümlich an.

„Yes.“

„Bernd and Isolde, Jürgen and Pia. I know them“

Wir sind platt, ein Volltreffer. Wir kriegen eine Gänsehaut. Wir stehen vor dem Mann, bei dem Bernd und Isolde mit meinem Cousin Marcel vor über 35 Jahren gewohnt haben. Ohne Zögern fallen Bhopram die Namen ein, als ob das erst letzten Monat und nicht vor mehr als 3 Jahrzehnten gewesen sei.

„Ich bin die Schwester von den beiden, wir sind hier, um zu sehen, wo die beiden früher gelebt haben.“

Er will wissen, ob Jürgen noch lebt. Dass Bernd bereits 1989 gestorben ist, weiß Bhopram. Als wir ihm sagen, dass auch Jürgen an Ostern 2013 gestorben ist, ist Bhopram sehr betroffen. Er ist gleichalt wie Jürgen.

Wir sollen mitkommen, in sein Haus. Er schließt seinen Gemüse- und Lebensmittelladen und geht mit uns zu seinem Haus, in dem er mit seiner Frau, seiner jüngsten Tochter und seinem ältesten Sohn und dessen Familie lebt. Im Erdgeschoss leben seine Eltern mit seinem jüngsten Brüder und seinen  beiden Söhnen.

Das Haus ist direkt neben dem Haus, das er früher an Bernd vermietet hatte. Dort wohnt jetzt die Familie seines Bruders.

Wir bekommen Tee und er stellt uns allen vor. Keine Frage wir schlafen hier. Bhopram räumt sein Schlafzimmer für uns und wir können hier 4 Tage bleiben. Nach dem Abendessen erzählt uns Bhopram viele alte Geschichten, wie es war, als die Hippies aus Europa kamen. Wie das Leben und die Umstände damals im Dorf waren. Er holt ein altes Fotoalbum heraus und zeigt uns Bilder, es ist erstaunlich wie er noch die Namen parat hat. Im Nachbardorf leben noch immer Leute von damals. Mario und Louise, ein deutsch-britisches Pärchen, Nick aus England und eine Schweizerin, die sei aber erst viel später gekommen.

Wir sind ergriffen, hier in der indischen Bergwelt, in dieser Stube Bilder von meinen Brüdern gezeigt zu bekommen.

Bhopram rutscht etwas näher zu uns und fangt leise an zu erzählen, dass er vor zwei Tagen geträumt hätte, dass Isolde und Pia nach Haripur gekommen seien und er aber mit dem Traum nichts anzufangen wusste, bis heute.

Dann schaut er mich lange an und sagt, dass er Bernd in mir erkennt und fragt mich, ob ich weiß wie er gestorben sei. „Nein, nicht richtig“, dann erzählt er uns, was er weiß und das war viel mehr, als ich jemals zu vor gehört hatte.

Spät gehen wir ins Bett, wir sind müde und voller Emotionen. Die Gefühle von heute sind nicht zu beschreiben. Ich bin sehr froh, dass wir hierhergekommen sind.

Am nächsten Morgen warten wir auf Bhopram, um gemeinsam zu frühstücken. Er hat jeden Morgen denselben Ablauf. Nach dem Aufstehen geht er in den Tempel um zu beten und um 30 Minuten Yogaübungen zu machen, dann geht er in den Laden, um sauber zu machen und alles vorzubereiten und dann kommt er zurück zum Haus, um sich zu waschen und dann zu frühstücken.

Heute wollen wir in das Nachbardorf Dasi gehen, Jürgen und Pia hatten dort ein eigenes Haus gemietet, wo sie zusammen mit Chandra, ihrer Tochter gewohnt haben.

Ramesh, Bhoprams Sohn begleitet uns und auch er muss sich ein wenig durchfragen, wo sich das Haus genau befindet. Es liegt am oberen Ortsrand und wie es aussieht, wird es gerade umgebaut. Ramesh ruft am Nachbarhaus und ein junges Mädchen kommt heraus. Es ist die Enkelin von Devi, der Vermieterin von Jürgens Haus. Ihre Oma ist auf der Baustelle und dort treffen wir sie dann.

Sie kommt aus dem Haus zu schlurfen, das Gesicht faltig und braungebrannt, sie trägt viele goldenen Ohrringe und ein Kopftuch. Über ihrem Kleid trägt sie den traditionellen Kullu Shawl mit Karomustern. Sie mustert uns eine Zeit lang und ich sage ihr dann, dass ich die kleine Schwester von Jürgen bin.

Trotz ihrer 81 Jahre kann sie sich sofort an die damalige Zeit und an Jürgen und Pia erinnern. Auch an die kleine Tochter Chandra. Sie half Jürgen damals, das kleine Kind zu versorgen, als Pia in Italien 2 Jahre wegen Drogenschmuggel einsaß.

Sie trägt ihrer Enkelin auf im Haus etwas zu holen und diese kehrt nach kurzer Zeit mit einer Fotocollage zurück. Die alte Frau wischt darüber und schaut es lange an und scheint in Erinnerungen zu schwelgen, sie sagt, dass sie noch einige Jahre lang ab und zu Post und Fotos bekommen hätte, dass das dann aber irgendwann aufgehört hätte. Auch sie möchte wissen, wie es Jürgen geht und ist sehr betroffen als sie erfährt, dass er bereits gestorben ist.

Wir dürfen noch einige Fotos mit ihr machen und verabschieden uns dann von ihr.

Auch hier hatten wir wieder ein bleibendes Erlebnis.

Tags darauf fahren wir mit Ramesh nach Manali. Wir benötigen für die Fahrt nach Leh eine Genehmigung, die wir nur in Manali bekommen und er ist uns bei den Behördengängen behilflich.

Nachdem wir dort alles erledigt haben, trinken wir noch einen Kaffee und auf dem Weg durch die City von Manali machen einen kurzen Stopp in einem Outdoor Shop, da der Eigentümer des Ladens auch aus Haripur ist. Ramesh erzählt ihm kurz, wer wir sind und was wir in Haripur machen, dann sagt uns Sunil,  dass er meinen Cousin Marcel kennt. Er und Subhash, Rameshs Onkel hätten immer mit ihm gespielt. Jeder im Dorf wollte mit Marcel spielen, da er ein Fahrrad hatte.

Wir sind wieder platt, wie sich die Menschen hier an die damalige Zeit erinnern können.

Ein Engländer names Nick, der zeitweise immer noch hier wohnt, sei gerade in Leh. Er ist mittlerweile ein bekannter Photograph hier, der viele Bücher, Landkarten und Postkarten über Ladakh veröffentlich hat. Bhopram sagt uns, dass er Bernd und Jürgen auch sehr gut gekannt hat und er in Leh wahrscheinlich im Hotel Oriental abgestiegen ist.

Einige Tage später versuchen wir dort unser Glück und treffen tatsächlich Nick Eakins, nachdem wir zuvor einen anderen Nick aus England in seinem Zimmer im Hotel Oriental mit unseren Fragen überfordert hatten.

Nick ist überrascht und freut sich als wir ihm erzählen wer wir sind und was wir hier machen. Am nächsten Morgen verabreden wir uns zum Frühstück und er erzählt uns eine Menge aus der damaligen Zeit.

Er hat in Thailand geheiratet (not a barmaid)und verbringt jeweils ein halbes Jahr dort und das Andere in Indien.

Ich bin sehr glücklich, die Reise nach Haripur unternommen zu haben und all diese Menschen getroffen zu haben, die so lange Zeit ein Teil des Lebens meiner Brüder waren. Traurig bin ich darüber, dass ich es weder ihnen noch meiner Mama berichten kann.

Karakorum Highway – auf das Dach der Welt

Independence Day – es ist der 14. August als wir nach Pakistan einreisen und im 21. Land unserer Reise ist Feiertag. Die Fahrzeuge sind mit Fahnen dekoriert und die Häuser und Höfe mit Flaggen geschmückt.

Die chinesische Grenzabfertigung war bereits in Tashkurgan, einem alten Handelsposten auf der Seidenstraße, der Name bedeutet „steinerne Stadt“, eine Bezeichnung für die alte Befestigungsanlage, die chinesische Wissenschaftler auf über 600 Jahre schätzen. Tashkurgans Rolle als Handelsposten auf der südlichen Seidenstraße ist aber vermutlich wesentlich älter. Man geht davon aus, dass der Ort möglicherweise mit dem ‚Steinerner Turm‘ (Lythinos pyrgos) identisch ist, den der Naturforscher Claudius Ptolemäus um 150 n. Chr. in seinen Aufzeichnungen erwähnt. Die Kenntnis über den vollständigen Verlauf der Seidenstraße von Xi’an bis zum Mittelmeer war zur damaligen Zeit auf Seiten der Römer wie Chinesen gleichermaßen ungenau und endete jeweils etwa in der Umgebung des Pamir Gebirges. In den Aufzeichnungen des Ptolemäus findet sich, dass die Seidenstraße hinter Baktra die Komedoi-Berge überwinde, womit wohl der Pamir gemeint ist, und dort auf den ‚Steinernen Turm‘ treffe. Danach begann für die Römer ‚terra incognita‘ und auch wir begeben uns mit einem etwas flauen Gefühl in ein unbekanntes Land, von dem man in den letzten Jahren leider wenig Gutes gehört hat.

Die Strecke führt weiterhin durch die herrlich sanften Hochtäler des Pamir, bis am Horizont, wie eine schwarze Wand die dunklen Zinnen des Karakorum-Gebirges auftauchen und gegen Mittag erreichen wir den Khunjerab-Pass (4.733 m), den höchsten Punkt des Karakorum Highways.

Sein Name bedeutet auf Whaki, der Sprache der hiesigen Bevölkerung ‚Tal des Blutes‘: Die Karawanenführer schlitzten ihren Pferden, die wie die Menschen unter der Höhenkrankheit litten, die Nüstern auf, weil sie glaubten, das Nasenbluten würde ihnen die Strapaze des Aufstiegs erleichtern. Andere interpretieren den Namen Khunjerab schlicht als ‚Pass des Khan‘.

Dort oben müssen wir das schwere Eisentor selbst öffnen, um von China nach Pakistan zu kommen. Wir machen noch einige Fotos und fahren dann zum ersten pakistanischen Posten, das ist nur ein hölzernes Häuschen mit Schranke und die Soldaten empfangen uns mit einem herzlichen „Welcome to Pakistan“. Sie schauen sich kurz das Visum an und öffnen die Schranke, der pakistanische Zoll ist erst in Sost.

Wir sind gespannt, wie wir durchkommen werden, einige Leute erzählten uns, dass die Straße noch gesperrt sei, denn aufgrund von starkem Schmelzwasser sind große Teile des Karakorum Highways (KKH) weggespült worden. Auch Luc und Laurant, die beiden Luxemburger, die wir in Kashgar getroffen hatten, sind per Flugzeug von Pakistan nach China gereist, da auf dem KKH kein Durchkommen war.

Wir kommen gut voran, die Straße ist eine der Besten, die wir seit Langem befahren haben. An einigen Stellen liegen noch große Steine auf der Straße, die man aber gut umfahren kann. Einmal schiebt ein Bagger mit dem Löffel die großen Brocken zur Seite, das ist zwar nicht gut für den Asphalt, geht dafür aber umso schneller. Dann staut sich aber auf einmal der Verkehr und wir müssen anhalten, zahlreiche Leute stehen auf der Straße und so steigen auch wir aus und besichtigen die Baustelle. Auf der Straße liegt der Schutt schätzungsweise 4 m hoch, ein Bagger steht zwar da, wird aber nicht bewegt. Auf der anderen Seite steht eine Raupe, zwischen den beiden Maschinen liegen auf einer Länge von mehr als 20 m Schlamm und Geröll, das sich beim Überqueren zu Fuß wie eine schwabbelige Masse anfühlt, in der einige Motorradfahrer stecken bleiben, beim Versuch diese zu überwinden. Kurze Zeit später beginnen die chinesischen Straßenarbeiter, die nach den Erdrutschen im 24-Stunden Schichtbetrieb an 7 Tagen der Woche an der Räumung arbeiten, damit, den letzten Abschnitt der Straße frei zu machen und so erreichen wir das Städtchen Sost am späteren Nachmittag, wo die Einreiseabfertigung stattfindet. Wir fahren in den Zollhof, ein Zöllner führt uns in das Gebäude, wo wir mit „Hello, how are you?“ begrüßt werden. Es ist schwierig für uns, Zöllner, Passanten und Reisenden auseinander zu halten, viele tragen die traditionellen Gewänder Pakistans, den ‚Shilwar Kamez‘. Zuerst füllen wir einen Gesundheitsfragebogen aus, dann werden unsere Visa geprüft und wir erhalten den Einreisestempel. In einem separaten Büro wird unser Carnet für das Fahrzeug gestempelt und dann gehen wir wieder in den Hof, ein freundlicher Beamter fragt uns, als er ins Auto schaut, ob wir Dinge „for Business“ dabei hätten oder alles private Sachen wären, als wir ihm dann sagen, dass alles nur Privatkram sei, verzichtet er auf eine nähere Inspektion und nach nur 35 Minuten verlassen wir den Zollhof.

Die erste Nacht verbringen wir in Sost und am Morgen fahren wir weiter nach Passu. Dort zelten wir im Garten des Hotel Sarai Silk Route. Wir machen einen Ausflug an den Passu Gletscher und im Hintergrund sehen wir die ganze Kette der 7.000er der Passu Range. Auf dem Rückweg kehren wir im Cafe ‚Glacier Breeze‘ ein und gönnen uns ein Stück Aprikosenkuchen und einen Kaffee. Im Hunzatal hat die Aprikosenernte begonnen und überall sehen wir Aprikosen, die zum Trockenen irgendwo ausgelegt sind. Wir genießen die nachmittäglichen Sonnenstrahlen mit einem tollen Ausblick auf die Passu Cones oder die Kathedralen von Passu, einer bizarren Felsformation.

Unser nächstes Ziel ist Karimabad, dem Wohnsitz des ehemaligen Mirs von Hunza, doch zuvor müssen wir den Attabad Lake überqueren, die Einheimischen nennen den See einfach nur ‚Disaster Lake‘, weil sich dieser nach einem großen Erdrutsch im Jahr 2011 aufgestaut hat. Als wir am Nordufer ankommen, regnet es leicht und es ist kalt. Es geht geschäftig zu, in diesem „Fährhafen“. Es kommen Boote, die Kraftstoff in Kanistern anliefern oder die Fahrgäste, Autos und Kleinlastwagen anliefern. Es gibt keine Ordnung, jeder versucht zuerst anzulegen ober abzulegen. Die Menschen rufen und gestikulieren wild durcheinander.
In Sost hatte ich einen Einheimischen mit einem Toyota Pickup getroffen und wir hatten über die Fährpreise gesprochen. Er sagte mir, dass die Überfahrt für seinen Pickup 2.500 Rupien kosten würde.
Natürlich sind wir am Ufer in kürzester Zeit von vielen Kapitänen umringt, die uns ihre Dienste anbieten. Jeder hat das sicherste Boot und will uns an das Südufer schippern. Ich verhandle die Preise, doch alle möchten 5.000 Rupien haben. Als ich ihnen erzähle, dass ich die Preise kenne und der Normalpreis bei 2.500 Rupien liegt, verweisen alle auf die Fahrzeuggröße und das –gewicht. Ich hatte ihnen gesagt, dass das Beast über 3.500 kg wiegt und am Ende willigt einer meiner Verhandlungspartner auf einen Fährpreis von 4.000 Rupien ein. Ich zahle ihm das Geld und wir warten, bis sie ihr Boot in Position bringen können. In der Zwischenzeit kommt der Sohn meines Verhandlungspartners, der auch Kapitän auf unserer Fähre ist und erklärt mir, dass er für ein Auto mit unserem Gewicht zwei Boote benötigt und ich noch 2.000 Rupien aufzahlen müsste. „Das ist nicht in Ordnung“ erklären wir ihm, es sei von Anfang an klar gewesen, was das Auto wiegt und jetzt kommt der Einwand mit dem zweiten Boot, wir beharren auf den 4.000 Rupien. Daraufhin läuft er weg. Seine Sandalen und Hosen sind total durchnässt, er zittert am ganzen Leib und reibt sich immer wieder die Hände. Seine Haare sind auch ganz nass und sein Gesicht ist von der Kälte gerötet. Der arme Kerl tut mir leid.

Knappe 20 Minuten später steht uns Boot bereit und gefühlte Stunden später steht auch das Beast oben drauf. Ich bin total nervös und angespannt. Ich sitze im Boot und kann nichts mehr tun, das Auto ist nur mit Steinen gegen wegrollen gesichert. Die Holzdielen sind mit Hanfseilen irgendwo angebunden. Ich habe die schlimmsten Befürchtungen und mache mir in Gedanken Vorwürfe, warum ich auf das zweite Boot verzichtet habe. Wir legen ab, die heikelste Situation, denn hier herrscht noch eine richtig starke Strömung und als das Boot quer in der Strömung liegt, neigt es sich gefährlich zur Seite. Der Neigungssensor der Alarmanlage spricht an und das Heulen der Sirene geht allen durch Mark und Bein, auf der ganzen Fahrt wird sie noch einige Male laut durch die Bergidylle schallen. Meine Hände sind schweißnass, aber nun fahren wir in Richtung Südufer. Laut unserem Kapitän wird die Überfahrt ungefähr eine Stunde dauern. Zwischendurch richten wir die unterlegten Steine nochmal neu aus und ich ziehe die Handbremse nach. Mehr können wir nicht tun und uns fallen Steine vom Herzen, als wir endlich den Empfangshafen sehen.

Am Nachmittag erreichen wir ‚Eagles Nest‘, oberhalb von Karimabad, wo wir für einige Tage unser Zelt aufschlagen. Von hier aus haben wir einen herrlichen Blick auf den Rakaposhi (7.788 m) und den Lady Finger (6.000 m), eine schneefreie Felsnadel am Ultar Peak (7.388 m).
Eagles Nest ist ein Aussichtspunkt, wo sich ein Hotel und einige Campsites befinden und liegt auf etwa 3.000 m. Die Fahrt dahin ist recht abenteuerlich, die Straße ist sehr eng, kurvig und extrem steil. Wir machen zu Fuß einen Ausflug nach Karimabad, das ca. 900 Höhenmeter tiefer liegt, wir gehen am Altit Fort vorbei, das vor einigen Jahren frisch renoviert wurde, jedoch schrecken uns die 700 Rupien Eintritt pro Person (nur für Ausländer) ab und so sehen wir es nur von außen. In Karimabad treffen wir beim Point Zero Ali, er hat uns auch schon im Fährhafen gesehen. Er arbeitet hier in einem Büro, das Trekkingtouren anbietet und gibt uns ein paar Tipps, was wir unternehmen könnten. Er zeigt uns auf der anderen Talseite ein Seitental in dem Edelsteine abgebaut werden und er empfiehlt und das Hoper Valley, außerdem sagt er uns, dass es hier in Karimabad ein kleines Unternehmen gibt, das die Edelsteine schneidet, schleift und fasst. Das wollen wir uns ansehen, da wir ja noch die Rubine aus Tadschikistan haben. Wir gehen im Ort Richtung Baltit Fort, das war der ehemalige Regierungssitz des Mir von Hunza und kehren im Cafe de Hunza ein. Hier gibt es Walnusskuchen und richtigen Kaffee. Wir haben die Wahl zwischen Nespresso Kapseln und Lavazza Kaffee, auch steht Rösti auf der Speisekarte. Der Wirt erzählt uns später, dass er vor einigen Jahren in der Schweiz war und von dort das Rezept für Rösti und auch für den Walnusskuchen mitgebracht hat.
Nachdem wir zuerst Rösti gegessen haben und dann noch einen Kaffee mit Walnusskuchen probiert haben gehen wir zu der Steinschleiferei und fragen, ob sie uns die Steine aus Tadschikistan schleifen könnten. Das wäre kein Problem teilt man uns mit und wir sollen morgen gegen 12 Uhr wieder kommen, dann sei dann auch Strom verfügbar und sie könnten unsere Steine schleifen. Tadschikistan sei berühmt für seine Rubine.

Tags darauf steht Fida bereit unsere Rubine zu schleifen. Fida sei die Beste und berühmt für ihre Fähigkeiten, aber leider werden wir sogleich enttäuscht. Ein kurzer Blick auf unsere Rubine und dann erklärt uns der Chef, dass es sich bei unseren Steinen leider nicht um Rubine, sondern nur um Garnet handelt. Fida schleift uns aber trotzdem 3 der Steine und so verlassen wir nach ca. 2,5 Std. die Werkstatt mit 3 schön geschliffenen Halbedelsteinen. Das Ganze hat uns ca. 2,50 Euro gekostet.

Im Hoper Valley, einem Seitental des Hunza Valley, das wir am folgenden Tag erreichen findet gerade das Cultural Revival Festival statt und als wir am Ende des Tales den Gletscher besichtigen, filmen und interviewen uns drei Leute, die über das Festival im TV berichten. Danach werden wir zum Festival geführt, wo wir zum Tanzen aufgefordert werden und auch der Minister von Gilgit-Baltistan begrüßt uns freundlich.

Wir campen im Hof des Restaurants ‚Hoper Inn‘, sitzen dort im Garten und trinken Tee, während wir etwas am Laptop arbeiten. Plötzlich werden Getränke und Pommes serviert, eine freundliche Familie aus Lahore lädt uns dazu ein. Später trinken wir mit ihnen noch Kaffee und am Abend essen wir zusammen. Mujahids Familie lädt uns ein, bei ihnen in Lahore zu wohnen, wenn wir dort ankommen, wo er eine Fabrik für Herrenschuhe hat.
Doch zuvor fahren wir das Hunza Valley weiter talwärts bis Gilgit, der Hauptstadt Gilgit-Baltistans. Auf der Fahrt dahin passieren wir eine Stelle, wo vor ca. 55 Mio. Jahren die indische und die eurasische Kontinentalplatte aufeinandertrafen und dadurch diese riesigen Gebirgsmassen formten. Von Gilgit machen wir einen Ausflug in das Gilgit Valley. Wir wollen eine alte steinerne Buddha Statue besuchen, bevor der Islam in dieser Gegend Verbreitung fand war die Bevölkerung dem Buddhismus zugewandt. Wir passieren einige Checkpoints, die es hier überall gibt und wir uns dort als Ausländer regiestieren müssen. Mittlerweile haben wir von unseren Pässen Kopien gemacht, die wir dann dort einfach nur abgeben. Auf dem weiteren Weg treffen wir noch einen schweizerischen Offizier mit blauem Barett, er dient für ein Jahr in einer UN Einheit und überwacht als Blauhelmsoldat die Line of Control (LOC) zwischen Pakistan und Indien im umstrittenen Kaschmirgebiet.

Nach Gilgit, am Zusammenfluss von Gilgit River und Indus, der von Tibet über Indien nach Pakistan fließt, verlassen wir den Karakorum Highway und folgen dem Indus talaufwärts in Richtung Skardu. Skardu hat einen Flughafen und viele Expeditionen zum K2, dem zweithöchsten Berg der Erde und dem höchsten Berg in Pakistan, nehmen hier ihren Anfang. Wir hoffen etwas von dieser Expeditionsatmosphäre schnuppern zu können.

Die Berghänge im Tal fallen steil in den Indus ab und unten tosen die braunen Wassermassen talwärts. Die Berghänge sind zerlöchert wie ein Schweizer Käse und während einer Rast schauen wir mit den Ferngläsern die Löcher genauer an. Es scheint sich um Minen zu handeln und ab und zu hören wir auch Explosionen von Sprengungen. An der Straße ist eine kleine Miene oder vielleicht auch nur eine Probebohrung. Hier suchen wir, vom Goldfieber gepackt, nach Edelsteinen. Annette findet einen schönen schwarzen Turmalin, den wir mitnehmen.
Ein Stück weiter treffen wir auf eine Gruppe, die gerade Material auf die andere Flussseite transportiert, dort liegen die meisten Mienen und es führen keine Brücken über den Indus. Daher haben sich die Menschen Seilbahnen gebaut, mit denen sie Nahrungsmittel, Tiere und Material hinüberschaffen.
Wir machen Fotos, als gerade eine Ziege über den Indus transportiert wird und beiläufig frage ich, ob in den Säcken Reis sei. Nein, da sei Sprengstoff drin, den sie für die Minen benötigen. Ganz locker wird dieser im Sammeltaxi auf dem Dach und dann mit der Seilbahn über den Fluss transportiert. Einige Zeit später in Indien lesen wir, dass dort 3 Wohnhäuser und zwei Restaurants in die Luft geflogen sind, nachdem Sprengstoff für die Minen in Radschastan, der in einem Wohnhaus gelagert war, explodiert ist. Über 100 Menschen sind dabei gestorben.
Zum Abschied bekommen wir von den Bergleuten noch einen Aquamarin und einen Topas geschenkt.
Am Nachmittag erreichen wir Skardu, leider regnet es. Oder Gott sei Dank, denn am nächsten Tag scheint wieder die Sonne und die Stadt ist staubig und dreckig. Der Verkehr ist ein Chaos, wir gehen zu Fuß die Hauptstraße entlang und am Polo- und Fußballstadion, findet gerade ein Spiel statt. Die Leute stehen auf der Straße und schauen sich das Match an. Autos hupen wie wild durcheinander. Wir finden einen Edelsteinladen, der auch schleift, allerdings will er das 5-fache von dem was wir in Karimabad bezahlt haben, so suchen wir weiter und finden einen anderen Laden. Ein Mann will uns zur Schleiferei bringen, aber wir landen bei ihm zu Hause. Bei Tee und Gebäck erklärt er und, dass er mehrere Minen hat und den neuen Stein „K2 azurite“ abbaut, den es nur hier im Gebiet des K2 gibt. Allerdings sei es für ihn sehr schwer ihn nach Europa oder USA zu verkaufen. Er gibt uns ein ganzes Paket „Muster“ von geschliffenen und ungeschliffenen Steinen mit, mit dem Hinweis ein Geschäft in Deutschland zu gründen und Edelsteine zu verkaufen. Wir versprechen ihm nichts.
Von Skardu aus machen wir einen Ausflug in das Shigar Valley und besuchen den Jarbaso (The Blind Lake) und die Dünen, wo wir ein bisschen Off Road fahren.
Am Abend treffen wir auf eine große Gruppe von Off Road Fahrern, sie gehören alle zum Jeep Club Muzzafarabad und machen ihren jährlichen Ausflug. Ich werde sogleich interviewt, mit richtiger Kamera und Moderator. Der Club ist gut organisiert und wird von OLX Pakistan gesponsort. Am nächsten Morgen werden wir abgeholt zu ihrem Hotel und dort zeigen wir den Clubmitgliedern unseren Geländewagen und wieder werden zahlreiche Fotos und Videos gemacht. Danach brechen wir zu den Deosai Plains auf, der zweithöchste Hochebene der Erde, nach der Tibetischen Hochebene.
Hier soll es auch noch wilde Bären, den Schneeleoparden, Füchse und Wölfe geben, die Ebene liegt durchschnittlich auf 4.114 m. Auf unserer Landkarte ist ein Camp eingezeichnet, das wir anfahren möchten, leider ist dort gar nichts und so schlagen wir unser Zelt neben einem kleinen See, der von Gletschern gespeist wird, auf. Die Nacht ist sehr schwarz und total ruhig, leider spüren wir die Höhe etwas, denn der See liegt auf 4.700 m. Wir beschließen ein kleines Stück zurück zu fahren und dann dem Haupttrack auf der Deosai Hochebene zu folgen, außerdem endet für uns auf dieser Strecke sowieso bald die Weiterfahrt, denn es beginnt das umstrittene Kaschmirgebiet und dieses ist für Ausländer gesperrt. Nach nur wenigen Kilometern auf dem Haupttrack, kommt ein eingerichtetes Camp, wir halten kurz an und checken dies auf unserer Landkarte. „Ein Overlander“, ruft Annette plötzlich und aus der entgegengesetzten Richtung nähert sich ein weißer Toyota mit Kisten und Ersatzrad auf dem Dach. Als das Fahrzeug näher kommt, erkennen wir auch das deutsche Kennzeichen. Wir winken und der Toyota hält an, ein zierliche Frau steigt aus und fragt: „Seid ihr My Beast oder so?“
„Ja, sind wir“, Sven, ein Overlander in Indien hätte ihr mitgeteilt, dass wir ihr entgegenkommen. Martina ist alleine mit ihrem Hund Perla unterwegs. Ihre Reise dauert bereits 14 Jahre, angefangen hat sie als Backpacker in Südamerika, wo sie sich dann zwei Pferde zugelegt hat und auf diesen den Kontinent erkundet hat. Später ist sie auf ein Motorrad und dann auf den Toyota umgestiegen. Wir trinken zusammen einen Kaffee und plaudern über alles Mögliche, danach beschließen wir hier zusammen eine Nacht zu verbringen. Sie kommt aus Indien und ist auf der Fahrt durch Pakistan in den Iran. Sie hat 8 Monate in Indien zugebracht und gibt uns viele Tipps für Sightseeing, die Verkehrsregeln und die Indern.
Nach dem Frühstück verabschieden wir uns am nächsten Morgen, ihr Weg führt nach Westen und das Beast goes East. Ein kurzes Stück später treffen wir auf das Camp des Jeep Clubs Muzzafarabad und dort bleiben wir auch wieder für die nächste Nacht stehen. Sie haben ein richtiges Basislager mit Küchenzelt und Toilette. Es wird Brot gebacken, Hühner und Schafe geschlachtet, Tee gekocht, Fleisch gegrillt und Dal (Linsen) zubereitet. Wir treffen hier auch die pakistanische Bergsteigerlegende Hassan Sadpara, der einige 8.000er bestiegen hat. Bald nach dem Abendessen verschwinden wir im Dachzelt im Schlafsack, denn es wird unangenehm frisch. Am Morgen ist das Mineralwasser gefroren, aber die Sonne scheint und wir genießen das Frühstück mit den ersten Sonnenstrahlen. Wir fahren weiter in Richtung Sheosar Lake und Rama Lake, die Mitglieder vom Jeep Club fahren auch in diese Richtung, aber einige ihrer Farhrzeuge haben Startprobleme und benötigen Hilfe.

Nachdem wir den Sheosar Lake passiert haben erreichen wir einen Pass und verlassen die Deosai Plains hinunter in Richtung Astore. Auf der Fahrt bergab kommt uns ein Motorrad entgegen, auf dem ein hellhäutiger Mann mit Mütze sitzt. Wir schauen, stutzen und machen langsam, auch das Motorrad wird langsamer und dann erkennen wir Helmut. Er kommt aus Österreich und ist eigentlich per Fahrrad unterwegs, wir hatten ihn bereits in Osh im TES Guesthouse getroffen. Sein Rad hat er in Gilgit stehen lassen und sich das Motorrad ausgeliehen. Er ist auf dem Weg nach Tarishing, von wo aus man den Nanga Parbat sehen soll. Er kommt vom Rama Lake, wo er übernachtet hat und auch Martina hatte eine Nacht am Rama Lake zugebracht.
Nach einer Nacht am Rama Lake beschließen auch wir nach Tarishing zu fahren und treffen dort im Guesthouse, wo wir im Garten das Zelt aufschlagen, wieder Helmut. Im Garten trinken wir zuerst zusammen Tee und essen später dort zu Abend. Es ist sehr wolkig und der Nanga Parbat will sich offensichtlich nicht nackt zeigen. Helmut ist an diesem Tag zum Herrligkoffer Basecamp gegangen, aber auch dort hatte er die Rupalseite des Nanga Parbat nur in Wolken gesehen. Zumindest sehen wir den Raikot mit 7.070 m auch ein stolzer Berg und dahinter sehen wir die Kontur des East Peak des Nanga Parbat, dieser ist allerdings nur 7.530 m hoch.
Wir wollen unser Glück später noch mal im Indus Valley oder auf Fairy Meadows versuchen, um den Naga Parbat in seiner vollen Pracht zu sehen.

In Gilgit verbringen wir eine Nacht im Hotel Serena, dort treffen wir Zia, einen ehemaligen Offizier der pakistanischen Armee, mit dem wir ein interessantes Gespräch über Pakistan, Kaschmir und Indien führen. Er hatte uns angesprochen, da er bereits Bilder von unserem Auto im Internet gesehen hatte. Immer wieder sind wir überrascht wie schnell die Bilder vom Beast die Runde machen.
Von Gilgit aus fahren wir wieder auf dem Karakorum Highway talwärts, hier treffen wir drei italienische Geländewagen, die auch auf dem Weg nach Indien sind. Kurze Zeit später erreichen wir den Punkt, wo die drei großen Gebirge Hindukusch, Karakorum und Himalaya aufeinander treffen.
Das Wetter ist absolut genial, keine einzige Wolke ist am Himmel zu sehen und wir können den Nanga Parbat in seiner ganzen Größe sehen. Wir haben so viele Bücher, Bergsteigergeschichten, Legenden und Tragödien über diesen Berg gelesen und nun stehen wir vor ihm. Das Gefühl ist unbeschreiblich.

In Chilas suchen wir eine Übernachtungsmöglichkeit, aber man versucht uns einen Polizeischutz zur Seite zu stellen und daher beschließen wir weiter über den Barbusar Pass (4.170 m) nach Naran zu fahren. Dieser Anstieg ist für das Beast ein echter Härtetest, auf nur wenigen Kilometern steigt die Straße über 3.000 Höhenmeter, die Temperatur steigt verdächtig stark an und wir verlangsamen unsere Fahrt. Kurz vor der Passhöhe treffen wir wieder auf einen weißen Toyota Geländewagen. Wir geben Lichthupe und halten an, wir können es kaum glauben, es sind Emiel und Claire, ein niederländisch-australisches Paar, mit denen wir Ende Oktober/Anfang November Myanmar durchqueren werden.
Über Murree, wo wir wilde Affen entlang der Straße sehen, führt uns der weitere Weg nach Islamabad und Rawalpindi. In Rawalpindi suchen wir die Werkstätten der Truck Art Künstler und nach einigem Suchen werden wir auch fündig. In einem Hinterhof ist die Werkstatt von Al-Habib Ejaz, wir fragen ihn, ob er uns auf eine der hinteren Seitenscheiben, die wir durch Aluplatten ersetzt haben, ein pakistanisches Truckart Bild malen kann. Während die zwei Künstler sich ans Werk machen, das einen halben Tag in Anspruch nimmt, werden wir mit Gebäck und Tee versorgt. Wir sind die Attraktion, das halbe Viertel kommt und umringt uns. Der Rektor der Schule von nebenan lädt uns auf einen kühlen Schluck ein und am Nachmittag werden wir von ihm mit Essen versorgt.
Die letzte Station in Pakistan ist Lahore, hier haben wir einige Einladungen, die wir aber leider nicht alle annehmen können und so beschließen wir bei Mujahid und seiner Familie zwei Tage zu bleiben.
Die Fahrt zu seinem Haus führt durch enge Gassen, die voller Menschen sind. Die Einfahrt ist eng und das Eisentor hat einen Querträger, wir müssen die Luft aus den Reifen lassen, dass wir hinter dem Tor parken können. Mujahid zeigt uns seine Fabrik, in der in Handarbeit Herrenschuhe aus Leder hergestellt werden. Ich bekomme zwei Paar Schuhe von ihm geschenkt. Seine beiden Söhne sind sehr wissbegierig und fragen uns alles Mögliche, seine Frau Yasmina verwöhnt uns mit pakistanischen Leckereien.
Nach fast einem Monat verlassen wir Pakistan über die Wagah Border nach Indien. Zu Beginn unserer Reise stand für Annette fest, niemals durch dieses Land zu fahren, aber wir haben hier so viele nette Menschen getroffen, grandiose Landschaften gesehen, dass wir eines Tages nach Pakistan zurückkehren werden.

Ein Pakistani hatte uns während unseres Aufenthalts hier gesagt:
„Not all Pakistanis are terrorists.“

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