Hindukush

Karakorum Highway – auf das Dach der Welt

Independence Day – es ist der 14. August als wir nach Pakistan einreisen und im 21. Land unserer Reise ist Feiertag. Die Fahrzeuge sind mit Fahnen dekoriert und die Häuser und Höfe mit Flaggen geschmückt.

Die chinesische Grenzabfertigung war bereits in Tashkurgan, einem alten Handelsposten auf der Seidenstraße, der Name bedeutet „steinerne Stadt“, eine Bezeichnung für die alte Befestigungsanlage, die chinesische Wissenschaftler auf über 600 Jahre schätzen. Tashkurgans Rolle als Handelsposten auf der südlichen Seidenstraße ist aber vermutlich wesentlich älter. Man geht davon aus, dass der Ort möglicherweise mit dem ‚Steinerner Turm‘ (Lythinos pyrgos) identisch ist, den der Naturforscher Claudius Ptolemäus um 150 n. Chr. in seinen Aufzeichnungen erwähnt. Die Kenntnis über den vollständigen Verlauf der Seidenstraße von Xi’an bis zum Mittelmeer war zur damaligen Zeit auf Seiten der Römer wie Chinesen gleichermaßen ungenau und endete jeweils etwa in der Umgebung des Pamir Gebirges. In den Aufzeichnungen des Ptolemäus findet sich, dass die Seidenstraße hinter Baktra die Komedoi-Berge überwinde, womit wohl der Pamir gemeint ist, und dort auf den ‚Steinernen Turm‘ treffe. Danach begann für die Römer ‚terra incognita‘ und auch wir begeben uns mit einem etwas flauen Gefühl in ein unbekanntes Land, von dem man in den letzten Jahren leider wenig Gutes gehört hat.

Die Strecke führt weiterhin durch die herrlich sanften Hochtäler des Pamir, bis am Horizont, wie eine schwarze Wand die dunklen Zinnen des Karakorum-Gebirges auftauchen und gegen Mittag erreichen wir den Khunjerab-Pass (4.733 m), den höchsten Punkt des Karakorum Highways.

Sein Name bedeutet auf Whaki, der Sprache der hiesigen Bevölkerung ‚Tal des Blutes‘: Die Karawanenführer schlitzten ihren Pferden, die wie die Menschen unter der Höhenkrankheit litten, die Nüstern auf, weil sie glaubten, das Nasenbluten würde ihnen die Strapaze des Aufstiegs erleichtern. Andere interpretieren den Namen Khunjerab schlicht als ‚Pass des Khan‘.

Dort oben müssen wir das schwere Eisentor selbst öffnen, um von China nach Pakistan zu kommen. Wir machen noch einige Fotos und fahren dann zum ersten pakistanischen Posten, das ist nur ein hölzernes Häuschen mit Schranke und die Soldaten empfangen uns mit einem herzlichen „Welcome to Pakistan“. Sie schauen sich kurz das Visum an und öffnen die Schranke, der pakistanische Zoll ist erst in Sost.

Wir sind gespannt, wie wir durchkommen werden, einige Leute erzählten uns, dass die Straße noch gesperrt sei, denn aufgrund von starkem Schmelzwasser sind große Teile des Karakorum Highways (KKH) weggespült worden. Auch Luc und Laurant, die beiden Luxemburger, die wir in Kashgar getroffen hatten, sind per Flugzeug von Pakistan nach China gereist, da auf dem KKH kein Durchkommen war.

Wir kommen gut voran, die Straße ist eine der Besten, die wir seit Langem befahren haben. An einigen Stellen liegen noch große Steine auf der Straße, die man aber gut umfahren kann. Einmal schiebt ein Bagger mit dem Löffel die großen Brocken zur Seite, das ist zwar nicht gut für den Asphalt, geht dafür aber umso schneller. Dann staut sich aber auf einmal der Verkehr und wir müssen anhalten, zahlreiche Leute stehen auf der Straße und so steigen auch wir aus und besichtigen die Baustelle. Auf der Straße liegt der Schutt schätzungsweise 4 m hoch, ein Bagger steht zwar da, wird aber nicht bewegt. Auf der anderen Seite steht eine Raupe, zwischen den beiden Maschinen liegen auf einer Länge von mehr als 20 m Schlamm und Geröll, das sich beim Überqueren zu Fuß wie eine schwabbelige Masse anfühlt, in der einige Motorradfahrer stecken bleiben, beim Versuch diese zu überwinden. Kurze Zeit später beginnen die chinesischen Straßenarbeiter, die nach den Erdrutschen im 24-Stunden Schichtbetrieb an 7 Tagen der Woche an der Räumung arbeiten, damit, den letzten Abschnitt der Straße frei zu machen und so erreichen wir das Städtchen Sost am späteren Nachmittag, wo die Einreiseabfertigung stattfindet. Wir fahren in den Zollhof, ein Zöllner führt uns in das Gebäude, wo wir mit „Hello, how are you?“ begrüßt werden. Es ist schwierig für uns, Zöllner, Passanten und Reisenden auseinander zu halten, viele tragen die traditionellen Gewänder Pakistans, den ‚Shilwar Kamez‘. Zuerst füllen wir einen Gesundheitsfragebogen aus, dann werden unsere Visa geprüft und wir erhalten den Einreisestempel. In einem separaten Büro wird unser Carnet für das Fahrzeug gestempelt und dann gehen wir wieder in den Hof, ein freundlicher Beamter fragt uns, als er ins Auto schaut, ob wir Dinge „for Business“ dabei hätten oder alles private Sachen wären, als wir ihm dann sagen, dass alles nur Privatkram sei, verzichtet er auf eine nähere Inspektion und nach nur 35 Minuten verlassen wir den Zollhof.

Die erste Nacht verbringen wir in Sost und am Morgen fahren wir weiter nach Passu. Dort zelten wir im Garten des Hotel Sarai Silk Route. Wir machen einen Ausflug an den Passu Gletscher und im Hintergrund sehen wir die ganze Kette der 7.000er der Passu Range. Auf dem Rückweg kehren wir im Cafe ‚Glacier Breeze‘ ein und gönnen uns ein Stück Aprikosenkuchen und einen Kaffee. Im Hunzatal hat die Aprikosenernte begonnen und überall sehen wir Aprikosen, die zum Trockenen irgendwo ausgelegt sind. Wir genießen die nachmittäglichen Sonnenstrahlen mit einem tollen Ausblick auf die Passu Cones oder die Kathedralen von Passu, einer bizarren Felsformation.

Unser nächstes Ziel ist Karimabad, dem Wohnsitz des ehemaligen Mirs von Hunza, doch zuvor müssen wir den Attabad Lake überqueren, die Einheimischen nennen den See einfach nur ‚Disaster Lake‘, weil sich dieser nach einem großen Erdrutsch im Jahr 2011 aufgestaut hat. Als wir am Nordufer ankommen, regnet es leicht und es ist kalt. Es geht geschäftig zu, in diesem „Fährhafen“. Es kommen Boote, die Kraftstoff in Kanistern anliefern oder die Fahrgäste, Autos und Kleinlastwagen anliefern. Es gibt keine Ordnung, jeder versucht zuerst anzulegen ober abzulegen. Die Menschen rufen und gestikulieren wild durcheinander.
In Sost hatte ich einen Einheimischen mit einem Toyota Pickup getroffen und wir hatten über die Fährpreise gesprochen. Er sagte mir, dass die Überfahrt für seinen Pickup 2.500 Rupien kosten würde.
Natürlich sind wir am Ufer in kürzester Zeit von vielen Kapitänen umringt, die uns ihre Dienste anbieten. Jeder hat das sicherste Boot und will uns an das Südufer schippern. Ich verhandle die Preise, doch alle möchten 5.000 Rupien haben. Als ich ihnen erzähle, dass ich die Preise kenne und der Normalpreis bei 2.500 Rupien liegt, verweisen alle auf die Fahrzeuggröße und das –gewicht. Ich hatte ihnen gesagt, dass das Beast über 3.500 kg wiegt und am Ende willigt einer meiner Verhandlungspartner auf einen Fährpreis von 4.000 Rupien ein. Ich zahle ihm das Geld und wir warten, bis sie ihr Boot in Position bringen können. In der Zwischenzeit kommt der Sohn meines Verhandlungspartners, der auch Kapitän auf unserer Fähre ist und erklärt mir, dass er für ein Auto mit unserem Gewicht zwei Boote benötigt und ich noch 2.000 Rupien aufzahlen müsste. „Das ist nicht in Ordnung“ erklären wir ihm, es sei von Anfang an klar gewesen, was das Auto wiegt und jetzt kommt der Einwand mit dem zweiten Boot, wir beharren auf den 4.000 Rupien. Daraufhin läuft er weg. Seine Sandalen und Hosen sind total durchnässt, er zittert am ganzen Leib und reibt sich immer wieder die Hände. Seine Haare sind auch ganz nass und sein Gesicht ist von der Kälte gerötet. Der arme Kerl tut mir leid.

Knappe 20 Minuten später steht uns Boot bereit und gefühlte Stunden später steht auch das Beast oben drauf. Ich bin total nervös und angespannt. Ich sitze im Boot und kann nichts mehr tun, das Auto ist nur mit Steinen gegen wegrollen gesichert. Die Holzdielen sind mit Hanfseilen irgendwo angebunden. Ich habe die schlimmsten Befürchtungen und mache mir in Gedanken Vorwürfe, warum ich auf das zweite Boot verzichtet habe. Wir legen ab, die heikelste Situation, denn hier herrscht noch eine richtig starke Strömung und als das Boot quer in der Strömung liegt, neigt es sich gefährlich zur Seite. Der Neigungssensor der Alarmanlage spricht an und das Heulen der Sirene geht allen durch Mark und Bein, auf der ganzen Fahrt wird sie noch einige Male laut durch die Bergidylle schallen. Meine Hände sind schweißnass, aber nun fahren wir in Richtung Südufer. Laut unserem Kapitän wird die Überfahrt ungefähr eine Stunde dauern. Zwischendurch richten wir die unterlegten Steine nochmal neu aus und ich ziehe die Handbremse nach. Mehr können wir nicht tun und uns fallen Steine vom Herzen, als wir endlich den Empfangshafen sehen.

Am Nachmittag erreichen wir ‚Eagles Nest‘, oberhalb von Karimabad, wo wir für einige Tage unser Zelt aufschlagen. Von hier aus haben wir einen herrlichen Blick auf den Rakaposhi (7.788 m) und den Lady Finger (6.000 m), eine schneefreie Felsnadel am Ultar Peak (7.388 m).
Eagles Nest ist ein Aussichtspunkt, wo sich ein Hotel und einige Campsites befinden und liegt auf etwa 3.000 m. Die Fahrt dahin ist recht abenteuerlich, die Straße ist sehr eng, kurvig und extrem steil. Wir machen zu Fuß einen Ausflug nach Karimabad, das ca. 900 Höhenmeter tiefer liegt, wir gehen am Altit Fort vorbei, das vor einigen Jahren frisch renoviert wurde, jedoch schrecken uns die 700 Rupien Eintritt pro Person (nur für Ausländer) ab und so sehen wir es nur von außen. In Karimabad treffen wir beim Point Zero Ali, er hat uns auch schon im Fährhafen gesehen. Er arbeitet hier in einem Büro, das Trekkingtouren anbietet und gibt uns ein paar Tipps, was wir unternehmen könnten. Er zeigt uns auf der anderen Talseite ein Seitental in dem Edelsteine abgebaut werden und er empfiehlt und das Hoper Valley, außerdem sagt er uns, dass es hier in Karimabad ein kleines Unternehmen gibt, das die Edelsteine schneidet, schleift und fasst. Das wollen wir uns ansehen, da wir ja noch die Rubine aus Tadschikistan haben. Wir gehen im Ort Richtung Baltit Fort, das war der ehemalige Regierungssitz des Mir von Hunza und kehren im Cafe de Hunza ein. Hier gibt es Walnusskuchen und richtigen Kaffee. Wir haben die Wahl zwischen Nespresso Kapseln und Lavazza Kaffee, auch steht Rösti auf der Speisekarte. Der Wirt erzählt uns später, dass er vor einigen Jahren in der Schweiz war und von dort das Rezept für Rösti und auch für den Walnusskuchen mitgebracht hat.
Nachdem wir zuerst Rösti gegessen haben und dann noch einen Kaffee mit Walnusskuchen probiert haben gehen wir zu der Steinschleiferei und fragen, ob sie uns die Steine aus Tadschikistan schleifen könnten. Das wäre kein Problem teilt man uns mit und wir sollen morgen gegen 12 Uhr wieder kommen, dann sei dann auch Strom verfügbar und sie könnten unsere Steine schleifen. Tadschikistan sei berühmt für seine Rubine.

Tags darauf steht Fida bereit unsere Rubine zu schleifen. Fida sei die Beste und berühmt für ihre Fähigkeiten, aber leider werden wir sogleich enttäuscht. Ein kurzer Blick auf unsere Rubine und dann erklärt uns der Chef, dass es sich bei unseren Steinen leider nicht um Rubine, sondern nur um Garnet handelt. Fida schleift uns aber trotzdem 3 der Steine und so verlassen wir nach ca. 2,5 Std. die Werkstatt mit 3 schön geschliffenen Halbedelsteinen. Das Ganze hat uns ca. 2,50 Euro gekostet.

Im Hoper Valley, einem Seitental des Hunza Valley, das wir am folgenden Tag erreichen findet gerade das Cultural Revival Festival statt und als wir am Ende des Tales den Gletscher besichtigen, filmen und interviewen uns drei Leute, die über das Festival im TV berichten. Danach werden wir zum Festival geführt, wo wir zum Tanzen aufgefordert werden und auch der Minister von Gilgit-Baltistan begrüßt uns freundlich.

Wir campen im Hof des Restaurants ‚Hoper Inn‘, sitzen dort im Garten und trinken Tee, während wir etwas am Laptop arbeiten. Plötzlich werden Getränke und Pommes serviert, eine freundliche Familie aus Lahore lädt uns dazu ein. Später trinken wir mit ihnen noch Kaffee und am Abend essen wir zusammen. Mujahids Familie lädt uns ein, bei ihnen in Lahore zu wohnen, wenn wir dort ankommen, wo er eine Fabrik für Herrenschuhe hat.
Doch zuvor fahren wir das Hunza Valley weiter talwärts bis Gilgit, der Hauptstadt Gilgit-Baltistans. Auf der Fahrt dahin passieren wir eine Stelle, wo vor ca. 55 Mio. Jahren die indische und die eurasische Kontinentalplatte aufeinandertrafen und dadurch diese riesigen Gebirgsmassen formten. Von Gilgit machen wir einen Ausflug in das Gilgit Valley. Wir wollen eine alte steinerne Buddha Statue besuchen, bevor der Islam in dieser Gegend Verbreitung fand war die Bevölkerung dem Buddhismus zugewandt. Wir passieren einige Checkpoints, die es hier überall gibt und wir uns dort als Ausländer regiestieren müssen. Mittlerweile haben wir von unseren Pässen Kopien gemacht, die wir dann dort einfach nur abgeben. Auf dem weiteren Weg treffen wir noch einen schweizerischen Offizier mit blauem Barett, er dient für ein Jahr in einer UN Einheit und überwacht als Blauhelmsoldat die Line of Control (LOC) zwischen Pakistan und Indien im umstrittenen Kaschmirgebiet.

Nach Gilgit, am Zusammenfluss von Gilgit River und Indus, der von Tibet über Indien nach Pakistan fließt, verlassen wir den Karakorum Highway und folgen dem Indus talaufwärts in Richtung Skardu. Skardu hat einen Flughafen und viele Expeditionen zum K2, dem zweithöchsten Berg der Erde und dem höchsten Berg in Pakistan, nehmen hier ihren Anfang. Wir hoffen etwas von dieser Expeditionsatmosphäre schnuppern zu können.

Die Berghänge im Tal fallen steil in den Indus ab und unten tosen die braunen Wassermassen talwärts. Die Berghänge sind zerlöchert wie ein Schweizer Käse und während einer Rast schauen wir mit den Ferngläsern die Löcher genauer an. Es scheint sich um Minen zu handeln und ab und zu hören wir auch Explosionen von Sprengungen. An der Straße ist eine kleine Miene oder vielleicht auch nur eine Probebohrung. Hier suchen wir, vom Goldfieber gepackt, nach Edelsteinen. Annette findet einen schönen schwarzen Turmalin, den wir mitnehmen.
Ein Stück weiter treffen wir auf eine Gruppe, die gerade Material auf die andere Flussseite transportiert, dort liegen die meisten Mienen und es führen keine Brücken über den Indus. Daher haben sich die Menschen Seilbahnen gebaut, mit denen sie Nahrungsmittel, Tiere und Material hinüberschaffen.
Wir machen Fotos, als gerade eine Ziege über den Indus transportiert wird und beiläufig frage ich, ob in den Säcken Reis sei. Nein, da sei Sprengstoff drin, den sie für die Minen benötigen. Ganz locker wird dieser im Sammeltaxi auf dem Dach und dann mit der Seilbahn über den Fluss transportiert. Einige Zeit später in Indien lesen wir, dass dort 3 Wohnhäuser und zwei Restaurants in die Luft geflogen sind, nachdem Sprengstoff für die Minen in Radschastan, der in einem Wohnhaus gelagert war, explodiert ist. Über 100 Menschen sind dabei gestorben.
Zum Abschied bekommen wir von den Bergleuten noch einen Aquamarin und einen Topas geschenkt.
Am Nachmittag erreichen wir Skardu, leider regnet es. Oder Gott sei Dank, denn am nächsten Tag scheint wieder die Sonne und die Stadt ist staubig und dreckig. Der Verkehr ist ein Chaos, wir gehen zu Fuß die Hauptstraße entlang und am Polo- und Fußballstadion, findet gerade ein Spiel statt. Die Leute stehen auf der Straße und schauen sich das Match an. Autos hupen wie wild durcheinander. Wir finden einen Edelsteinladen, der auch schleift, allerdings will er das 5-fache von dem was wir in Karimabad bezahlt haben, so suchen wir weiter und finden einen anderen Laden. Ein Mann will uns zur Schleiferei bringen, aber wir landen bei ihm zu Hause. Bei Tee und Gebäck erklärt er und, dass er mehrere Minen hat und den neuen Stein „K2 azurite“ abbaut, den es nur hier im Gebiet des K2 gibt. Allerdings sei es für ihn sehr schwer ihn nach Europa oder USA zu verkaufen. Er gibt uns ein ganzes Paket „Muster“ von geschliffenen und ungeschliffenen Steinen mit, mit dem Hinweis ein Geschäft in Deutschland zu gründen und Edelsteine zu verkaufen. Wir versprechen ihm nichts.
Von Skardu aus machen wir einen Ausflug in das Shigar Valley und besuchen den Jarbaso (The Blind Lake) und die Dünen, wo wir ein bisschen Off Road fahren.
Am Abend treffen wir auf eine große Gruppe von Off Road Fahrern, sie gehören alle zum Jeep Club Muzzafarabad und machen ihren jährlichen Ausflug. Ich werde sogleich interviewt, mit richtiger Kamera und Moderator. Der Club ist gut organisiert und wird von OLX Pakistan gesponsort. Am nächsten Morgen werden wir abgeholt zu ihrem Hotel und dort zeigen wir den Clubmitgliedern unseren Geländewagen und wieder werden zahlreiche Fotos und Videos gemacht. Danach brechen wir zu den Deosai Plains auf, der zweithöchste Hochebene der Erde, nach der Tibetischen Hochebene.
Hier soll es auch noch wilde Bären, den Schneeleoparden, Füchse und Wölfe geben, die Ebene liegt durchschnittlich auf 4.114 m. Auf unserer Landkarte ist ein Camp eingezeichnet, das wir anfahren möchten, leider ist dort gar nichts und so schlagen wir unser Zelt neben einem kleinen See, der von Gletschern gespeist wird, auf. Die Nacht ist sehr schwarz und total ruhig, leider spüren wir die Höhe etwas, denn der See liegt auf 4.700 m. Wir beschließen ein kleines Stück zurück zu fahren und dann dem Haupttrack auf der Deosai Hochebene zu folgen, außerdem endet für uns auf dieser Strecke sowieso bald die Weiterfahrt, denn es beginnt das umstrittene Kaschmirgebiet und dieses ist für Ausländer gesperrt. Nach nur wenigen Kilometern auf dem Haupttrack, kommt ein eingerichtetes Camp, wir halten kurz an und checken dies auf unserer Landkarte. „Ein Overlander“, ruft Annette plötzlich und aus der entgegengesetzten Richtung nähert sich ein weißer Toyota mit Kisten und Ersatzrad auf dem Dach. Als das Fahrzeug näher kommt, erkennen wir auch das deutsche Kennzeichen. Wir winken und der Toyota hält an, ein zierliche Frau steigt aus und fragt: „Seid ihr My Beast oder so?“
„Ja, sind wir“, Sven, ein Overlander in Indien hätte ihr mitgeteilt, dass wir ihr entgegenkommen. Martina ist alleine mit ihrem Hund Perla unterwegs. Ihre Reise dauert bereits 14 Jahre, angefangen hat sie als Backpacker in Südamerika, wo sie sich dann zwei Pferde zugelegt hat und auf diesen den Kontinent erkundet hat. Später ist sie auf ein Motorrad und dann auf den Toyota umgestiegen. Wir trinken zusammen einen Kaffee und plaudern über alles Mögliche, danach beschließen wir hier zusammen eine Nacht zu verbringen. Sie kommt aus Indien und ist auf der Fahrt durch Pakistan in den Iran. Sie hat 8 Monate in Indien zugebracht und gibt uns viele Tipps für Sightseeing, die Verkehrsregeln und die Indern.
Nach dem Frühstück verabschieden wir uns am nächsten Morgen, ihr Weg führt nach Westen und das Beast goes East. Ein kurzes Stück später treffen wir auf das Camp des Jeep Clubs Muzzafarabad und dort bleiben wir auch wieder für die nächste Nacht stehen. Sie haben ein richtiges Basislager mit Küchenzelt und Toilette. Es wird Brot gebacken, Hühner und Schafe geschlachtet, Tee gekocht, Fleisch gegrillt und Dal (Linsen) zubereitet. Wir treffen hier auch die pakistanische Bergsteigerlegende Hassan Sadpara, der einige 8.000er bestiegen hat. Bald nach dem Abendessen verschwinden wir im Dachzelt im Schlafsack, denn es wird unangenehm frisch. Am Morgen ist das Mineralwasser gefroren, aber die Sonne scheint und wir genießen das Frühstück mit den ersten Sonnenstrahlen. Wir fahren weiter in Richtung Sheosar Lake und Rama Lake, die Mitglieder vom Jeep Club fahren auch in diese Richtung, aber einige ihrer Farhrzeuge haben Startprobleme und benötigen Hilfe.

Nachdem wir den Sheosar Lake passiert haben erreichen wir einen Pass und verlassen die Deosai Plains hinunter in Richtung Astore. Auf der Fahrt bergab kommt uns ein Motorrad entgegen, auf dem ein hellhäutiger Mann mit Mütze sitzt. Wir schauen, stutzen und machen langsam, auch das Motorrad wird langsamer und dann erkennen wir Helmut. Er kommt aus Österreich und ist eigentlich per Fahrrad unterwegs, wir hatten ihn bereits in Osh im TES Guesthouse getroffen. Sein Rad hat er in Gilgit stehen lassen und sich das Motorrad ausgeliehen. Er ist auf dem Weg nach Tarishing, von wo aus man den Nanga Parbat sehen soll. Er kommt vom Rama Lake, wo er übernachtet hat und auch Martina hatte eine Nacht am Rama Lake zugebracht.
Nach einer Nacht am Rama Lake beschließen auch wir nach Tarishing zu fahren und treffen dort im Guesthouse, wo wir im Garten das Zelt aufschlagen, wieder Helmut. Im Garten trinken wir zuerst zusammen Tee und essen später dort zu Abend. Es ist sehr wolkig und der Nanga Parbat will sich offensichtlich nicht nackt zeigen. Helmut ist an diesem Tag zum Herrligkoffer Basecamp gegangen, aber auch dort hatte er die Rupalseite des Nanga Parbat nur in Wolken gesehen. Zumindest sehen wir den Raikot mit 7.070 m auch ein stolzer Berg und dahinter sehen wir die Kontur des East Peak des Nanga Parbat, dieser ist allerdings nur 7.530 m hoch.
Wir wollen unser Glück später noch mal im Indus Valley oder auf Fairy Meadows versuchen, um den Naga Parbat in seiner vollen Pracht zu sehen.

In Gilgit verbringen wir eine Nacht im Hotel Serena, dort treffen wir Zia, einen ehemaligen Offizier der pakistanischen Armee, mit dem wir ein interessantes Gespräch über Pakistan, Kaschmir und Indien führen. Er hatte uns angesprochen, da er bereits Bilder von unserem Auto im Internet gesehen hatte. Immer wieder sind wir überrascht wie schnell die Bilder vom Beast die Runde machen.
Von Gilgit aus fahren wir wieder auf dem Karakorum Highway talwärts, hier treffen wir drei italienische Geländewagen, die auch auf dem Weg nach Indien sind. Kurze Zeit später erreichen wir den Punkt, wo die drei großen Gebirge Hindukusch, Karakorum und Himalaya aufeinander treffen.
Das Wetter ist absolut genial, keine einzige Wolke ist am Himmel zu sehen und wir können den Nanga Parbat in seiner ganzen Größe sehen. Wir haben so viele Bücher, Bergsteigergeschichten, Legenden und Tragödien über diesen Berg gelesen und nun stehen wir vor ihm. Das Gefühl ist unbeschreiblich.

In Chilas suchen wir eine Übernachtungsmöglichkeit, aber man versucht uns einen Polizeischutz zur Seite zu stellen und daher beschließen wir weiter über den Barbusar Pass (4.170 m) nach Naran zu fahren. Dieser Anstieg ist für das Beast ein echter Härtetest, auf nur wenigen Kilometern steigt die Straße über 3.000 Höhenmeter, die Temperatur steigt verdächtig stark an und wir verlangsamen unsere Fahrt. Kurz vor der Passhöhe treffen wir wieder auf einen weißen Toyota Geländewagen. Wir geben Lichthupe und halten an, wir können es kaum glauben, es sind Emiel und Claire, ein niederländisch-australisches Paar, mit denen wir Ende Oktober/Anfang November Myanmar durchqueren werden.
Über Murree, wo wir wilde Affen entlang der Straße sehen, führt uns der weitere Weg nach Islamabad und Rawalpindi. In Rawalpindi suchen wir die Werkstätten der Truck Art Künstler und nach einigem Suchen werden wir auch fündig. In einem Hinterhof ist die Werkstatt von Al-Habib Ejaz, wir fragen ihn, ob er uns auf eine der hinteren Seitenscheiben, die wir durch Aluplatten ersetzt haben, ein pakistanisches Truckart Bild malen kann. Während die zwei Künstler sich ans Werk machen, das einen halben Tag in Anspruch nimmt, werden wir mit Gebäck und Tee versorgt. Wir sind die Attraktion, das halbe Viertel kommt und umringt uns. Der Rektor der Schule von nebenan lädt uns auf einen kühlen Schluck ein und am Nachmittag werden wir von ihm mit Essen versorgt.
Die letzte Station in Pakistan ist Lahore, hier haben wir einige Einladungen, die wir aber leider nicht alle annehmen können und so beschließen wir bei Mujahid und seiner Familie zwei Tage zu bleiben.
Die Fahrt zu seinem Haus führt durch enge Gassen, die voller Menschen sind. Die Einfahrt ist eng und das Eisentor hat einen Querträger, wir müssen die Luft aus den Reifen lassen, dass wir hinter dem Tor parken können. Mujahid zeigt uns seine Fabrik, in der in Handarbeit Herrenschuhe aus Leder hergestellt werden. Ich bekomme zwei Paar Schuhe von ihm geschenkt. Seine beiden Söhne sind sehr wissbegierig und fragen uns alles Mögliche, seine Frau Yasmina verwöhnt uns mit pakistanischen Leckereien.
Nach fast einem Monat verlassen wir Pakistan über die Wagah Border nach Indien. Zu Beginn unserer Reise stand für Annette fest, niemals durch dieses Land zu fahren, aber wir haben hier so viele nette Menschen getroffen, grandiose Landschaften gesehen, dass wir eines Tages nach Pakistan zurückkehren werden.

Ein Pakistani hatte uns während unseres Aufenthalts hier gesagt:
„Not all Pakistanis are terrorists.“

Zeitung

Mit Yak und Pack durch den Pamir

Wer oder was ist Tadschikistan? So stand es in einem Prospekt von Globetrotter und auch unsere Erfahrung zeigt, dass wir in fragende Gesichter schauen, wenn uns jemand fragt wo wir gerade seien und wir antworten in Tadschikistan.

Zu Beginn unserer Reise stand weder Kirgistan noch Tadschikistan auf dem Plan und als wir in Kirgistan eintrafen, planten wir noch keinen Trip über den Pamir.

In TES´Guesthouse trafen wir wieder einmal mit Emma und Andy zusammen und feierten dort gemeinsam Annettes Geburtstag. Die beiden Engländer überzeugten uns, mit Ihnen gemeinsam den Pamir Highway zu befahren und Oibek von Muztoo, einem schweizer Reisebüro in Osh besorgte für uns die Tadschikistan Visa, samt Pamir Permit in drei Tagen in der Hauptstadt Bischkek. In den drei Tagen, an denen wir warten mussten, trafen im Guesthouse einige Overlander und Motorradfahrer ein und wir hatten eine gute Zeit. Aber wir trafen auch schon einige Vorbereitungen, so baute Andy auch eine Dusche an seinen Toyota und wir füllten sämtliche Wasser- und Dieseltanks. Annette und Emma kauften Lebensmittel und Getränke ein, denn auf dem Pamir ist man auf sich alleine gestellt und es gibt nur wenige Orte wo man sich versorgen kann, meist auch nur privat.

Am Samstag nach Annettes Geburtstag brechen wir nach dem Frühstück in der Frühe auf. Das Beast ist vollgeladen, alle Tanks und der Kühlschrank sind gefüllt, Lebensmittel hängen überall in Tüten und Behältern herum. Ich fühle mich ein bisschen wie bei „Das Boot“, als sie sich auf Feindfahrt begeben und aus dem Hafen auslaufen. Jetzt wollte ich gerne mal wissen, wieviel Kilogramm wir auf die Waage bringen, schätzungsweise knappe 4 Tonnen.

Der erste Teil der M41 auf kirgisischer Seite ist noch gut ausgebaut und wir kommen flott voran. Wir passieren schon einige Pässe mit über dreitausend Metern Höhe und dann kommt der Kyzyl-Art-Pass mit 4280 m Höhe, auf diesem Pass befindet sich die kirgisisch-tadschikische Grenze und einer der Grenzbeamten empfängt uns mit den Worten:“ Welcome to the highest custom post in the world“.

Die Grenzabwicklung ist relativ problemlos, wir verhandeln natürlich wieder die Preise für diverse Zolldienstleistungen und bezahlen an den tadschikischen Zoll 25 US$ Zollabfertigungsgebühr, 10 US$ an die Transportabteilung und 70 Som an den Kollegen vom Veterinäramt. Ibrahim, ein tadschikischer Zöllner  will unbedingt das Beast kaufen und fragt uns aus, wir geben ihm eine Visitenkarte und teilen ihm mit, dass er uns eine E-Mail mit seinen Daten senden soll und wir uns dann bei ihm melden, wenn wir das Auto verkaufen. Er verrät uns dann, dass wir bereits alles bezahlt hätten und auf keinen Fall bei der Ausreise noch etwas bezahlen sollen.

Am ersten Tag fahren wir noch bis zum Lake Karakul und schlagen dort unsere Dachzelte auf. Dieser See ist durch einen Meteoriteneinschlag vor über 5 Millionen Jahren entstanden und hat keinen Abfluss, das Wasser salzhaltig und es gibt kaum Fische darin. Der See liegt auf ca. 4.000 m Höhe und somit höher als der Titicacasee, der als der höchstgelegene See der Welt gilt. Die Nacht ist kalt und wir spüren die Höhe. Stechen in der Brust, Kurzatmigkeit, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit sind Anzeichen dafür.

Nach dem Frühstück geht es weiter in Richtung Murghab, wir befinden uns bereits in der autonomen Provinz Berg Badachschan, die man nur mit der sogenannten Pamir Permit befahren darf. Kurz vor Murghab müssen wir bereits den höchsten Pass des Pamir Highways, den Ak-Baital-Pass mit 4.655 m  überwinden. Die Fahrzeuge qualmen extrem schwarz, doch wir kommen gut den Berg hinauf, kurz vor der Passhöhe qualmt Andys Toyota aber plötzlich heftig weiß und wir glauben schon an ein Motorproblem, er meldet uns auch, dass in seinem Display „Check Engine“ angezeigt wird. Er bleibt aber cool und meint, dass das mit sinkender Höhe sicherlich wieder verschwinden wird, was dann auch tatsächlich so war. Murghab ist einer der Hauptorte im Pamir und es leben ca. 7.000 Menschen in dieser Stadt, in der Tourist-Info kaufen wir für einen Dollar ein Brot, was für diese Region sehr teuer ist. Am Ortsrand wird unsere Permit kontrolliert und wir biegen in ein Seitental ab. Die Strecke ist längst nicht mehr asphaltiert und wir fahren Off Road weiter bis wir einen schönen Stellplatz für die Nacht finden. Bei der Ankunft können wir an den Berghängen Tierpfade im Schnee sehen und erkennen dort kurz darauf auch die seltenen Marco Polo Schafe, die sich für die Nacht wieder in die Berge zurückziehen. Die zweite Nacht verbringen wir auf 4.200 m und wir schlafen schlecht.

Auch die Fahrzeuge spüren die Höhe, am Morgen gleich nach dem Starten des Motors ist die Leistung gleich Null, die beiden Geländewagen bewegen sich nicht vom Fleck, nach ca. 5 Minuten ändert sich das aber glücklicherweise wieder und wir können normal fahren, an den schwarzen Qualm haben wir uns bereits gewöhnt. Annette wechselt noch ihren BH und trägt nun ausschließlich ihren Lauf-BH von TriAction, das Gehoppel auf den schlechten Pfaden geht ihr auf die „Eier“.

Wir fahren durch wunderschöne Natur, durchqueren einen Fluss und kehren noch einmal nach Murghab zurück. Jetzt wechseln wir Geld, leider haben beide Banken geschlossen, aber irgendjemand schickt uns zum Pamir Hotel, dort können wir Geld wechseln und auch frisches Brot einkaufen. Der Manager spricht sogar deutsch. Jetzt wollen wir nur noch tanken, was sich als noch schwieriger herausstellt. Keine der Tankstellen hat Diesel und auf dem LKW Parkplatz bietet man uns den Diesel zum doppelten Preis an. Nach langem Hin und Her zeigt uns einer einen Hinterhof, wo man Diesel bekommen soll. Wir kaufen den kompletten Vorrat von 68 Litern auf und füllen unsere Tanks und Reservekanister damit auf. Bis Khorog kommt keine Tankstelle mehr.

Wir beschließen einen Schlafplatz unterhalb 4.000 m zu suchen und übernachten auf 3.900 m. Wir schlafen tatsächlich besser. Auf der M41, dem Pamir Highway fahren wir bis kurz nach Alichor und biegen dort nach einer Flussbrücke wieder auf einem Track in ein Seitental ab und folgen dem Fluss. Unterwegs machen wir Halt an einem Geysir und einer heißen Quelle, wo wir auch picknicken. An einem kleinen See namens Bulukul bleiben wir für heute stehen, hier ist es wunderschön und auch nur 3.750 m hoch. Emma packt noch ihre Angel aus und fängt 2 kleine Fische.

Am Abend kommt ein Sturm auf und wir fixieren mit allem was wir haben unser Dachzelt, glücklicherweise hört gegen Mitternacht der Wind auf und wir schlafen gut.

Kurz nach der Weiterfahrt kommen wir wieder auf die M41 und fahren ein kurzes Stück zurück, bis wieder eine nichtasphaltierte Straße nach Süden abzweigt. Dieser folgen wir, passieren einen tadschikischen Grenzposten und erreichen dann den Pamir River, auf der anderen Seite sehen wir Afghanistan.

Es beschleicht uns ein seltsames Gefühl, denn über dieses Land haben wir noch nie etwas Gutes gehört. Wir fahren dem Fluss Pamir entlang bis Langar, wo sich der Pamir mit dem Wakhan River zum Panj vereint.

Dieser Teil Afghanistans heißt Wakhan Korridor und wurde Ende des 19. Jahrhunderts während des Great Game, als Pufferzone zwischen dem Russischen Reich und dem British Empire installiert. Hinter dem Wakhan Valley erheben sich die Berge des Hindukusch. In unserem Reiseführer lesen wir, dass das so viel wie „Killer der Hindus“ bedeuten soll. Vielleicht war das ein natürliches Hindernis für die Verbreitung des Hinduismus von Süden her.

Tadschikistan ist das ärmste Land Zentralasiens und eines der ärmsten Länder der Welt, die Hälfte der Wirtschaftskraft stammt aus Geld, das emigrierte Tadschiken nach Hause schicken.
Das Jahreseinkommen soll durchschnittlich pro Kopf bei ca. 200 US$ liegen. Daher floriert im Nachbarland Afghanistans, dem weltgrößten Opiumproduzenten, der Drogenhandel auf der „neuen Seidenstraße“. Der „Business Insider“ hat die 19 teuersten Substanzen der Welt veröffentlicht und laut dieser Studie liegen die Drogen Heroin, Crystal Meth, Kokain und LSD vor Gold und Platin, von den natürlich vorkommenden Stoffen liegen nur Diamanten und andere Edelsteine vor den Drogen.

In Zugvand, einem kleinen Ort am Panj River suchen wir Brot, nach einigem Fragen können wir privat Brot bekommen. Die gute Frau will uns das Brot schenken, doch nach einigem Bitten nimmt sich doch das Geld an. Wir sind immer wieder erstaunt, dass uns gerade die Menschen, die so wenig haben, uns einladen oder etwas schenken möchten.
Am nächsten Morgen möchten wir zur alten Festung Abrashim (Vishim) Qala, einem Fort zum Schutze der Seidenstraße und zum Schutz vor afghanischen und chinesischen Eindringlingen fahren. In Zong fragen wir nach dem Weg, aber eine Frau gibt uns zu verstehen, dass wir auch mit Geländewagen nicht dahin fahren können. Sie bietet uns an, dass ihre Tochter mit uns zu Fuß hinaufgeht, aber für eine Wanderung sind wir heute nicht aufgelegt. Als wir das Angebot ablehnen lädt sie uns auf eine Tasse Tee in ihr Haus ein. Ihr Sohn sucht für uns einen englischen TV-Sender und währenddessen macht Schobegin, so lautet ihr Name, Tee für uns. Das Haus ist nach islamischen Regeln gebaut und gemütlich eingerichtet, außer Tee reicht sie uns noch Brot, Milch, Butter, Yogurt, Melonen, Nüsse und Süssigkeiten. Wir stellen uns vor und als sie hört, dass wir aus Deutschland sind überrascht sie uns mit einigen deutschen Wörtern, wie Mann, Frau, Bruder, Schwester, Haus, … wo sie das gelernt hat verstehen wir leider nicht.

Auf der anderen Flussseite liegt Qala-e Panja, die Ruine einer afghanischen Zitadelle, man kann sie von Zong aus gut sehen, denn der Fluss ist hier nicht so breit.

Das Flusstal ist beeindruckend, die Berge sind karg, kahl und unwirtlich, am Fluss hingegen ist es grün und fruchtbar, wie in einer Oase. Der Fluss ist nicht begradigt oder kanalisiert, das Wasser sucht sich selbst den Weg und wechselt oft die Talseite, es bilden sich Inseln und Nebenarme, die sich später wieder vereinen, so stelle ich mir auch das Rheintal, vor hunderten von Jahren vor. Die Gegend hier ist wunderschön.

Am Nachmittag besuchen wir bei Vrang eine alte buddhistische Stupa, ein Junge von 14 Jahren zeigt uns den Weg, er spricht englisch und sein Freund spricht 5 Sprachen (Tadschik, Wakha, Russisch, Farsi/Afghan und Englisch).
Als wir wieder beim Auto sind, bieten uns die Beiden Rubine zum Kauf an. Tatsächlich gibt es in Tadschikistan Edelsteinminen, die auch schon Marco Polo in seinen Berichten erwähnte. Nach Begutachtung der „Ware“ entscheiden sich Andy und ich zum Kauf von jeweils 6 Rubinen. Jeder von uns zahlt umgerechnet dafür etwa 4 Euro. Zudem glauben wir, dass ein Einstieg in das Edelsteingeschäft gesünder ist als der Einstieg in das Opiumgeschäft.

Über uns ragen die Gipfel von Pik Engels und Pik Marx empor, wir fahren an diesem Tag aber noch weiter bis Yamchun und campen in der Nähe der Bibi Fatima Hot Spring, die mit Hilfe der Aga Khan Stiftung erneuert wird.

Am Abend besuchen Annette und ich die heiße Quelle und nach unserer Rückkehr trinken wir  noch zusammen Gin, über dem Hindukusch geht der Vollmond auf, die Stimmung wird plötzlich sentimental und eine seltsame Ergriffenheit kommt über uns.

Am Morgen besuchen wir noch das Fort Yamchun und fahren dann weiter nach Ishkashim, dort soll morgen auf der afghanischen Seite der wöchentliche Markt stattfinden, den man ohne Visum besuchen kann. In Hanis Guesthouse treffen wir Maurizio an, den wir bereits in Teheran und Bukhara getroffen haben, er ruft uns zu, dass er still alive und gesund aus Kabul zurückgekehrt ist, allerdings denken wir, dass er so einige lokale Spezialitäten konsumiert hat, die bei uns unter das Betäubungsmittelgesetz fallen würden.
Am nächsten Morgen teilt uns Hani, der Eigentümer des Guesthouses mit, dass der Markt aus Sicherheitsgründen leider schon wieder abgesagt worden ist. Laut seiner Aussage gab es am Vorabend auf der anderen Flussseite einige Schusswechsel und heute sei auch noch amerikanischer Nationalfeiertag, der 04. Juli. Der Markt ist zum zweiten Mal in Folge ausgefallen und für die lokale Bevölkerung ist das eine große wirtschaftliche Einbuße.

Hani teilt uns auch noch mit, dass die Straße nach Khorog aufgrund von Erdrutschen unpassierbar sei. Er warte auf Gäste, die sich per Handy gemeldet hätten um ihm das mitzuteilen.

Wir beschließen trotzdem in Richtung Khorog zu fahren und im Falle, dass es nicht weiter geht biegen wir in ein Seitental ab und warten halt ab, bis die Straße wieder frei ist.

Aber wir haben Glück und können mit unseren Fahrzeugen die Stellen passieren und erreichen am Nachmittag die Pamir Lodge in Khorog, der Hauptstadt der autonomen Provinz Berg Badachschan. Hier leben über 20.000 Menschen und es gibt auch eine Universität. In der Lodge haben wir dann auch wieder einmal Internetzugang und wir nehmen Kontakt zur Heimat auf. Leider sind die Nachrichten  nicht so erfreulich und Annette bucht noch am gleichen Abend einen Heimflug in 3 Tagen von Osh in Kirgistan nach Basel.

Ihrer Mama geht es nicht gut, ist im Krankenhaus und es steht eine schwierige Operation an. Sie telefoniert noch mit ihr und verspricht in drei Tagen bei ihr zu sein, ihre Mutter verspricht ihr auch sich doch operieren zu lassen.

Am nächsten Morgen endet leider unsere gemeinsame Reise mit Around the world in 800 days. Gerne wären wir noch einige Tage mit ihnen weitergefahren, aber dies ist zum jetzigen Zeitpunkt unglücklicherweise nicht möglich. Nach dem letzten gemeinsamen Frühstück bauen wir unser Zelt ab währenddessen hat Emma für uns belegte Brote gerichtet und eingepackt, wir tauschen noch unsere Bilder und Videos aus und dann fahren wir los, auf der M41 in Richtung Murghab geht es wieder zurück. Der Highway ist schlechter als mancher Off Road Track, wir fahren ohne Pause, wir essen die Brote unterwegs während der Fahrt und am Abend erreichen wir den Lake Karakul, wo wir die Nacht verbringen. Früh am nächsten Morgen geht es weiter bis zur Grenze, natürlich sollen wir wieder bezahlen, aber wir bleiben stur und zahlen nichts. Diesmal kann keiner der Grenzer Englisch und wir werden laut auf Russisch angebrüllt. Als der erste merkt, dass er von uns nichts kriegt, lacht er und schüttelt mir die Hand, der letzte Posten will dann bei der Ausreise noch unser Auto desinfizieren, ich versuche ihm zu erklären, dass das bei der Einreise evtl. noch sinnvoll sein kann, aber nicht bei der Ausreise. Die 100 Som, die er haben will verweigern wir und lassen ihn in seinem Häuschen sitzen. Nach einer ¼ Stunde gibt er einem Schweizer, der des russischen mächtig ist, unsere Pässe und trägt ihm auf uns auszurichten, dass er die 100 Som für uns bezahlt und er uns nie wieder in Tadschikistan sehen will.

Am Nachmittag erreichen wir Osh und fahren wieder zu TES‘ Guesthouse, Annette packt ihre Sachen und am nächsten Morgen um 03.00 bringt sie ein Taxi zum Flughafen.

Leider muss auch ich 9 Tage später nach Deutschland zur Beerdigung von Annettes Mutter fliegen.

Wichtig für Annette war, dass sie noch rechtzeitig bei ihrer Mutter sein konnte. Selbst wenn man sich „in the middle of nowhere“ befindet, so ist man doch auch wieder schnell bei seinen Lieben zu Hause.

Nach einer gemeinsamen Woche in der Heimat, fliegen wir wieder zusammen zurück nach Osh in Kirgistan, in der Nähe zu Tadschikistan.

Das ist ein armes, aber wunderschönes Land, mit äußerst freundlichen und hilfsbereiten Menschen und auf jeden Fall eine Reise wert. Im Nachhinein sind wir sehr froh, mit Andy und Emma diese Reise gemacht zu haben, wir hätten wirklich etwas verpasst.