Autor: Annette und Stefan

1 Jahr unterwegs

Am 25.09.2015 waren wir ein Jahr unterwegs. Wir haben über 39.000 km zurückgelegt und haben es bis in den Himalaya geschafft. Mensch und Maschine geht es gut und wir freuen uns auf unsere weiteren Abenteuer. Am Jahrestag sind wir über den höchsten befahrbaren Pass der Welt gefahren, den Khardung La, lt. indischen Angaben 5.602 m hoch, nach unseren Instrumenten „nur“ 5.350 m hoch.
Auch im zweiten Jahr heißt es wieder my beast goes east 🙂

khardung la 2

Deutsche Bahn in Pakistan

Heute gibt es mal einen ganz kurzen Blog. In Gilgit hatten wir ein schönes Erlebnis, wir hatten das Beast zur Komplettreinigung außen in eine Waschanlage gegeben und warteten auf der anderen Straßenseite bis der ganze Staub und Dreck abgewaschen war. In dieser Zeit trieb gerade ein Hirte seine Schaf- und Ziegenherde an uns vorüber und mir fiel seine Jacke auf. Ich bin zu ihm hin und tatsächlich trug er eine alte Schaffnerjacke der Deutschen Bahn. Ich fragte ihn, ob ich ein Photo machen darf, daraufhin warf er seinen Stock beiseite und sich in Pose. Leider hat er nicht verstanden, um was für eine Jacke es sich handelte, aber das war ihm wahrscheinlich auch egal. Eines muss man klar sagen, das war noch Qualität.

Video – Crossing the „Disaster Lake“ Atta Abad Lake in Pakistan

Seit einigen Tagen sind wir nun in Pakistan. Hier ein Video, wie wir von China auf dem Karakorum Highway über den Khunjerabpass  nach Gulmit fahren und per „Fähre“ den See überqueren, der 2010 durch einen gigantischen Erdrutsch entstanden ist. Im Moment wird an einem Tunnel gebaut, der noch in diesem Jahr eröffnet werden soll. In den letzten 5 Jahren haben über 14 Fahrzeuge die Überfahrt nicht geschafft und für uns war die Stunde Fahrzeit ganz schön aufregend. Zum Video ansehen bitte auf das Bild klicken.

vom korrupten KurdiSTAN in das Land des Lächelns

Noch hängen wir in Osh fest, Turkish Airlines hat unser Gepäck nicht verladen, daher verbringen wir zwangsweise noch 4 Tage in TES´ Guesthouse. Der Flug von Istanbul nach Osh war ein echtes Erlebnis. Die Hälfte einer großen Gruppe Bergsteiger hatte ebenfalls kein Gepäck bekommen, für die war das besonders bitter, da sie nun ohne Ausrüstung da standen. Der Service und die Informationspolitik  von Turkish Airlines ist eine totale Katastrophe. Die Kabine des Flugzeugs war komplett überladen, die buntgekleideten Reisenden hatten dutzende „Gepäckstücke“ dabei, meist Tüten und Kartons und die Staufächer waren alle übervoll. Wir hatten in Basel 3 Stunden Verspätung und in Istanbul eine Stunde Verspätung, in dieser Zeit wurde im Gang des Flugzeuges noch kräftig gebetet.

Als dann nach 4 Tagen endlich unser Gepäck eintraf, verabschiedeten wir uns bei den freundlichen Mitarbeitern von TES und machten uns auf den Weg nach Bischkek, dort müssen wir noch unser Indienvisum beantragen und so langsam läuft uns die Zeit davon. An diesem Donnerstag fahren wir die ganze Strecke in einem durch und erreichen die kirgisische Hauptstadt abends gegen 19 Uhr. Wir suchen noch die deutsche und indische Botschaft und dann eine Unterkunft.

Unterwegs mussten wir Straßenmaut bezahlen und ich konnte zusehen, dass das Fahrzeug vor uns 20 Som zahlte, als wir am Kassenhäuschen stoppen, halte ich dem Uniformierten auch 20 Som (~ 0,28 €) entgegen, er will jedoch 5 US$ von uns. Ich fange an, mit ihm darüber zu sprechen, dass das Fahrzeug vor uns nur 20 Som bezahlt hat. Er klärt uns dann auf, dass die Einheimischen 20 Som zahlen und Ausländer wie wir 320 Som oder 5 US$. Wir ärgern uns, zahlen und fahren weiter.

Im Hotel, nahe der deutschen Botschaft erleben wir dasselbe noch einmal, der Zimmerpreis für Einheimische beträgt 1.500 Som und wir sollen 2.600 Som bezahlen. Wir fragen nach einem bewachten Parkplatz und als das bejaht wird, checken wir ein, denn das Erlebnis aus Yerevan ist noch allzu präsent und außerdem ist es draußen bereits dunkel.

Am nächsten Morgen,  als wir zum Auto gehen, kommt ein Mann eiligen Schrittes auf uns zu und ruft schon von weitem: “Mister, Mister – Money, Money“. Wir bleiben stehen und warten bis er bei uns ist. Er will Geld fürs Parken, ich erkläre ihm, dass wir das bereits mit dem Zimmer bezahlt haben. Er schaut sehr unfreundlich und ich zeige ihm an mit zur Rezeption zu kommen, dort erklärt ihm dann die Hotelangestellte, dass das erledigt sei, dann zieht er sichtlich unzufrieden von dannen.

Wir gehen als erstes zur deutschen Botschaft, dort liegen unsere zweiten Reisepässe mit unseren Visa für Pakistan. Der Verwaltungsleiter empfängt mich freundlich, übergibt mir die Pässe und gibt mir mit auf den Weg in Kirgistan vorsichtig zu sein, das Land sei stark gebeutelt und die Kriminalität hoch, auch versuchen Beamte von Polizei und Zoll immer wieder Geld einzufordern. Wir sollen auf unsere Reisepässe aufpassen.

In Osh hatte uns das auch schon Ronald von den ‚2globetrotters.nl‘ gesagt und dass er nur Kopien an Polizisten auf der Straße aushändigt, er erklärt immer, der König der Niederlande hätte es untersagt das Original herauszugeben, nur Zollbeamten dürfe er das Dokument aushändigen und so hatten wir uns auch schon in Osh schöne Kopien von Fahrzeugschein, Führerschein und Reisepass machen und einschweißen lassen.

Im Anschluss daran fahren wir zur indischen Botschaft, wir wollen die Formulare dort ausfüllen, da es in Osh online leider nicht funktioniert hatte. Aber der freundliche Mitarbeiter in der Botschaft teilt uns mit, dass wir die Formulare nicht von Hand ausfüllen können, wir sollen in ein Internetcafé gehen und es nochmal online versuchen.

So ziehen wir unverrichteter Dinge wieder ab und suchen ein Internetcafé, füllen dort die Formulare aus und fahren dann zu Asiamotors, der offiziellen Mercedes-Benz Service Station und lassen dort unseren Schlauch einbauen, den wir aus Deutschland mitgebracht haben. Dann  suchen wir uns noch eine neue Unterkunft und landen im Bishkek B & B. Die Leute sind freundlich und die Zimmer sauber. Dort treffen kurze Zeit später auch noch Edgar und Vera aus Holland mit ihrem Toyota Landcruiser ein, die Zimmer sind ausgebucht, aber sie können im Hof in ihrem Dachzelt schlafen.

Am Abend treffen wir uns wieder einmal mit Emma und Andy, auch die beiden haben Visaprobleme. Eigentlich wollten sie nach dem Pamir Highway in Dushanbe, der Hauptstadt Tadschikistans ihre Iranvisa abholen, aber aus irgendwelchen Gründen hatte das nicht geklappt und sie mussten nach Bischkek zurückkehren.

Wir treffen uns bei einem Chinesen und essen gut zu Abend, anschließend landen wir noch in einer Bar, bei Shisha, Bier und Gin. Edgar feiert heute seinen 40. Geburtstag.

Am Montagmorgen stehen wir an der indischen Botschaft und übergeben unsere Papiere, Passbilder und die Visagebühren. Der Mitarbeiter verspricht uns sein Bestes zu geben, dass wir am Freitag die Visa hätten und Richtung China fahren könnten. Wir geben ihm auch noch unsere Handynummer, falls es schneller gehen sollte. So haben wir wieder einige Tage Zeit und diese wollen wir in den Bergen nördlich von Bischkek verbringen. Auf ca. 2.500 m finden wir etwas Abseits einer Feriensiedlung und einem Wintersportort einen schönen Platz nahe am Gebirgsbach. Wir bauen unser Zelt auf und putzen ein wenig das Auto innen und außen, sowie unsere Sachen.

Immer wieder treiben Kirgisen ihre Ziegen, Schafe, Kühe oder Pferde an uns vorbei oder es kommen welche in Geländewagen, die picknicken oder einfach nur die Landschaft bestaunen.

So auch eine Gruppe mit 4 Frauen und einem Mann, sie bauen etwas flussabwärts ihre Sachen auf, einen Tee- oder Wasserkocher, einen Grill, Decken, Kissen und allerlei Ess- und Trinkbares.

Nach einigen Stunden wir das Autoradio etwas lauter gedreht und einige der Frauen fangen an zu tanzen. Wir amüsieren uns und machen einige Fotos, kurze Zeit später kommt eine der Frauen zu uns und sagt, dass wir doch rüber kommen sollen. Wir lehnen zuerst dankend ab, aber beim zweiten Versuch geht Annette mit und nach 5 Minuten muss auch ich hinüber. Obwohl sie schon gespeist haben, gibt es noch reichlich Hühnerschenkel, Lammkoteletts und andere Fleischspezialitäten, es hat noch ein Blech Pizza und Melonen, es gibt Cay, Fanta, Cola und Wodka. Obwohl sie außer kirgisisch nur russisch können wird es noch ein lustiger Abend und wir erfahren, dass sie in Bischkek auf dem ‚Osh Basar‘ einen Fleischstand betreiben, sie verkaufen hauptsächlich Lamm.

Tags darauf warten wir auf Emma und Andy, aber sie sagen uns gegen Mittag ab, sie hätten Neuigkeiten zu ihrem Iranvisum und sie sollten in der Stadt bleiben und wie der Zufall so spielt, ruft auch uns der Mitarbeiter der indischen Botschaft eine Viertelstunde später an und teilt uns mit, dass wir morgen die Visa abholen könnten. So bleiben wir noch eine Nacht an unserem Gebirgsbach stehen, der rauscht aber so laut, dass ich beschließe Oropax in mein Ohr zu machen, um besser schlafen zu können.  Irgendwann in der Nacht meine ich, trotz Oropax ein tiefes Grollen oder Brummen wahrzunehmen. Ich entferne den Gehörschutz und lausche in die Nacht. Tatsächlich höre ich weit entfernt und vom Rauschen des Baches überdeckt ein tiefes HHHÖÖÖÖÖÖ. Ich denke an einen Hirten, der noch nach seinen Tieren ruft und sucht. Aber die Stimme kommt immer näher und auch Annette ist schon wach. Sie meint: “Da kommt jemand zu uns.“ Und tatsächlich ruft einer vor dem Zelt irgendetwas laut auf Kirgisisch oder russisch und beginnt am Zelt herumzumachen. Wir bleiben ruhig im Zelt liegen und warten ab. Aufgrund der Warnungen des Mitarbeiters der deutschen Botschaft sind wir hier nachts mit unseren „Waffen“ ins Bett gegangen. Jeder hat sein Pfefferspray, außerdem haben wir noch die Machete neben der Matratze und die Signalmunition.

Jetzt wird es ernst, der Unbekannte kommt ins Zelt und steigt die Leiter herauf. Wir leuchten ihm mit der MagLite direkt in die Augen und schreien so laut wie können Dawei, Dawei.

Wir wissen nicht wie wir reagieren sollen, es schaut uns ein junges Gesicht mit Mütze an, wir können nur seinen Kopf sehen, sein Körper steht auf der Leiter. Sollen wir ihm direkt mit der Faust ins Gesicht schlagen, sollen wir ihn mit der Machete köpfen, ihm einen Fußtritt ins Gesicht verpassen oder ihm eine Ladung Pfefferspray verabreichen.

Das Licht blendet ihn und er beginnt etwas zu lallen. Der Typ ist total betrunken. Wir drängen ihn von der Leiter und steigen selbst nach unten, immer wieder macht er eine „Schießbewegung“ und stammelt irgendetwas Unverständliches daher. Er hat sein Pferd an unserer Leiter angebunden, wir bugsieren ihn nach draußen und machen sein Pferd los.

In der Zwischenzeit hat er sich auf einen Stein gesetzt und wahrscheinlich würgt ihn der Wodka. Wir ziehen ihn wieder hoch und zeigen ihm an, er soll sich aufs Pferd setzen. Endlich schnappt er sich die Zügel und will aufsteigen, in seinem Zustand ein aussichtsloses Unterfangen, er steht nur neben seinem Pferd und geht immer wieder leicht in die Knie. Also versuchen wir es mit vereinten Kräften, wir stellen ein Bein in den Steigbügel, packen ihn zu zweit und er wippt ein wenig mit. Auf drei geht’s los und dann sitzt er wieder im Sattel. Er macht eine Bewegung des Dankes und sagt etwas zu uns, dann macht er ein Schnalzgeräusch mit der Zunge und sein Pferd trabt schnell den steilen Anstieg zum Weg nach oben. Die Dunkelheit und das laute Rauschen des Baches verschlingen ihn sofort. Wir sind total erleichtert und gehen wieder ins Bett, aber an richtigen Schlaf ist nicht mehr zu denken.

Wir sind froh als die Sonne aufgeht, packen unsere Sachen und nach dem Frühstück machen wir uns auf den direkten Weg zur indischen Botschaft.

In der Hauptstadt steht wieder ein Polizist nach dem anderen, ca. alle 20 m steht auf jeder Straßenseite ein Uniformierter mit seinem hellorangen Stab. Ich fahre total korrekt, meist auf der linken Spur und vermeide Blickkontakt mit den Polizisten. Trotzdem werden wir herausgewinkt und der Beamte grüßt förmlich und erzählt etwas auf Kirgisisch. Wir halten an unserem Verhaltensmuster fest, das da heißt „play the idiot“. Er will die Pässe sehen und wir händigen ihm die Kopien aus, Zolldokument, Car Passport, alles ok, aber Annette sei nicht angeschnallt gewesen und er redet etwas von einer Strafe und Money. Wir schauen nur blöd  und reden auf deutsch. Er wird konkreter und sagt deutlich Money. Ok, Annette hält ihm mal 20 Som hin. Er lacht. Ich frage nach seinem Namen und deute auf seine Uniform, dort steht jeweils der Name des Polizisten und dann nehme ich das Handy und versuche Aigul vom Bishkek B & B anzurufen. Plötzlich gibt er mir schnell die Kopien der Papiere zurück und winkt uns weiter.

Doch kaum 20 Minuten später werden wir wieder angehalten. Gleiche Prozedur, grüßen und Papiere einfordern. Bevor ich diesmal etwas aushändige frage ich höflich was das Problem sei, wie seien gerade kontrolliert worden. Doch er will die Papiere sehen, wieder kriegt er die Kopien, schaut dann alles durch und winkt uns weiter.

Wir fühlen uns hier so unwohl und gerade die Polizei, der man vertrauen können sollte, wenn man Hilfe benötigt , stellt hier den größten Anteil an Ganoven, gerne hätten wir Noori und ihre Freundinnen, die wir am Gebirgsbach getroffen haben, auf dem ‚Osh Basar‘ besucht, aber dort treiben falsche Uniformierte ihr Unwesen, die nur Geld von einem wollen und so haben wir auf diesen Besuch verzichtet.

Bereits in Osh wurden wir Zeuge vom korrupten System in Kirgistan. Bei der Einreise nach Kirgistan bei der Rückkehr vom Pamir Highway, hat der Grenzbeamte auf das Zolldokument für das Auto als Ablaufdatum aus unerfindlichen Gründen den 20.07. eingetragen, obwohl man 2 Monate visafrei nach Kirgistan einreisen kann, auch mit einem Auto. Also wollten wir das in Osh verlängern lassen und zwar bevor das Dokument abgelaufen war, denn dann gibt es immer gleich noch eine Strafe. Die erste Nachfrage ergab, dass es möglich sei, ich aber zum Grenzübergang bei Osh, ca. 30 km entfernt, fahren müsse und dann würde das ca. 160 US$ kosten, das gelänge aber nur wenn der Bekannte gerade Schicht hätte.

Nach Befragen von mehreren anderen Möglichkeiten entschied ich mich dafür, mit einem Mittelsmann zu einem Hotel in Osh zu gehen. Abgemacht waren ein Monat Verlängerung und 50 US$, dann stieg der Mittelsmann in das zivile Auto des Zollbeamten ein, dieser hatte durch Hupen auf sich aufmerksam gemacht. Nach einer kurzen Besprechung kam der Mittelsmann zurück und wollte mir 2 Monate für 100 $ verkaufen, was ich aber ablehnte. Ich solle ums Eck verschwinden und er versuche das hin zu bekommen. Der zivile Beamte wechselte dann auf den Rücksitz und vollzog dort mit dem Stempel den Verwaltungsakt. Ich musste dann für 2 Monate 60 US$ bezahlen.

Aigul, die nette Managerin vom Bishkek B & B erzählte uns auch viele Geschichten über Korruption und Schmiergeldzahlungen. Sie hatte gerade einen Motorradunfall und ging an Krücken. Die Ärzte in Kirgistan operieren nur dann, wenn man noch Extra Dollars bezahlen kann. Ansonsten hat man halt Pech. Sie ist Ende Zwanzig und hat 4 Jahre in Amerika studiert, sie hatte ein Stipendium bekommen.  Sie erzählt uns auch, dass selbst die Hochschuldiplome käuflich sind. Die meisten einheimischen Studenten können sich es nicht leisten nur zu studieren, deshalb arbeiten sie die meiste Zeit, kommen die letzten beiden Wochen zur Hochschule und zahlen dann für bessere Noten.

Wie es scheint ist das System von hinten bis vorne gescheitert. Dies gilt leider auch für die anderen ehemaligen Sowjetrepubliken und STAN-Länder, vielleicht mit Ausnahme von Georgien.

So kämpfen wir uns in Staus langsam zur indischen Botschaft vor, jedoch gelingt uns das nicht ganz. Kurz davor ist alles abgeriegelt, daher lassen wir das Auto stehen und gehen die letzten Meter zu Fuß. Die Botschaft liegt an einem großen Kreisverkehr und gerade als wir dort ankommen, rollt ein riesiger Autokorso vorbei, alles schwarze Limousinen und einige Motorräder. Die Polizisten am Straßenrand salutieren, dabei halten sie ihren orangen Stab senkrecht vor den Kopf, ein sehr amüsantes Bild.

In der Botschaft erhalten wir unsere Visa für Indien, wir bedanken uns ganz herzlich bei dem Mann und überreichen ihm ein paar deutsche Bonbons. Er hält abwehrend die Hände nach vorne, nein das kann er nicht annehmen, doch als wir ihm erklären, dass es sich nur um Sweets handelt, nimmt er diese schließlich an.

So nun geht unsere Zeit in Zentralasien zu Ende und das Reich der Mitte erwartet uns. In 5 Tagen erwartet uns der chinesische Guide am Torugart Pass an der kirgisisch-chinesischen Grenze.

Wir fahren noch zu Globus, einem großen, westlichen Supermarkt und kaufen dort für die nächsten Tage ein. Wir wollen über den Yssyk Kul zum Song Kul und dann über Naryn zum Torugart Pass fahren.

Bei Globus treffen wir zuerst Laura und Yves, ein schweizerisches Overlander Paar, die mit einem Mercedes Kastenwagen auch auf unserer Route unterwegs sind und die wir auch schon in Teheran an der usbekischen Botschaft getroffen haben, dann treffen noch Andy und Emma ein, die auch zum Yssyk Kul wollen, um dort die Zeit tot zu schlagen, bis sie ihr Iran Visum bekommen. Daneben befindet sich eine Tankstelle, wo wir noch volltanken und  dort treffen wir das deutsche Overlander Paar Sarah und Thomas aus Rostock, die mit einem L300 von Mitshubishi unterwegs sind. Das Witzige ist, dass wir die Beiden bereits früher im Internet getroffen haben, als wir eine Möglichkeit suchten um China zu durchqueren. Die Welt ist halt doch nur ein Dorf.

Zusammen mit Andy und Emma fahren wir zum Yssyk Kul, das ist ein großer See im Osten des Landes und am Nordufer ist ein richtiges Touristenzentrum. Hier treffen sich viele russisch stämmige Kasachen und Kirgisen. Vom Hörensagen soll es ein bisschen wie Ballermann sein. Daher fahren wir an das Südufer, suchen uns ein schönes Plätzchen direkt am Strand genießen unser BBQ und einige Dosen Bier.

Am nächsten Morgen fahren wir weiter nach Süden und übernachten am Song Kul, einem See auf einer Hochebene etwas über 3.000 m hoch gelegen, auf der im Sommer die Nomaden ihre Herden weiden lassen und inzwischen ein touristisches Zentrum geworden ist. Hier kann man in Jurten übernachten und auf Pferden die Umgebung erkunden.

Die Jurten Camps werden von „Dorfgemeinschaften“ betrieben. Die Organisation heißt CBT – Community Based Tourism und die Idee dahinter ist, dass alle gleichermaßen vom Tourismus profitieren.

Hier sehen wir riesige Geier in der Luft kreisen, aber bis wir unsere Kamera ausgepackt haben sind sie nur noch schwer am Horizont auszumachen. Wir nächtigen an einem ruhigen Plätzchen direkt am See und fahren am Morgen wieder weiter Richtung Naryn, der letzten größeren Stadt vor der Grenze.

In einem der Jurten Camps hält uns ein europäischer Tourist an und fragt, ob er und seine Frau mit nach unten fahren könnten. Es wären keine anderen Touristen da, mit denen sie ein Taxi teilen könnten und für sie allein wollte die Taxi Mafia 8.000 Som (ca. 115 Euro). Hoch sind sie für 250 Som (ca. 3,50 Euro) gefahren. Das sind die Punkte, mit denen man die Touristen vergrault und man sich einfach nur abgezockt fühlt.

Über Naryn, einer alten Garnisonsstadt an der Seidenstraße, wo wir noch eine Nacht verbringen fahren wir zum Torugart Pass. Wir sind gespannt war uns dort erwartet. Wir haben viele unterschiedliche Berichte gelesen und Meinungen gehört. Kurz vor dem Pass liegt ein See und ein Naturschutzgebiet, dieses Gebiet darf nur mit einer Permit befahren werden und manche haben uns auch von einer speziellen Grenzgenehmigung (border zone permit) erzählt. So haben wir uns bereits in Bischkek informiert und dort hieß es man müsse in Naryn (CBT Naryn) die Genehmigung einholen, dies dauere 3 Tage und koste 1.000 Som pro Person, wolle man die Genehmigung an einem Tag, so koste das 1.700 Som pro Person. Wir wunderten uns schon dort, wie man für einen Ticketverkauf 3 Tage benötigen kann. Auf der Inernetseite eines kirgisischen Reisebüros fanden wir dann aber eine Information, dass man keine Genehmigung benötigt, als wir noch telefonisch nachfragten, wollte man uns dort aber einen Guide für 120 US$ andrehen. Wir bräuchten ein Fahrzeug, das vorne weg fährt. Zu guter Letzt fragten wir noch bei CBT in Bischkek nach und Gutsana, eine freundliche Mitarbeiterin, die auch gut deutsch spricht, versicherte uns, dass wir keine Genehmigung bräuchten, wenn wir nach China wollten und ein gültiges Visum vorzeigen könnten. Dies deckte sich auch mit einigen Forenbeiträgen im Internet und so versuchen wir unser Glück ohne Permit.

Ca. 40 km vor dem Pass bei Position 40°45‘09‘‘ N; 75°05‘00‘‘ E ist der Schlagbaum. Der Beamte fragt nach unserem Ziel und als wir ihm China sagen, trägt er unsere Daten in ein Buch ein und winkt uns durch. Also keine Genehmigung.

Kurz zuvor gabeln wir eine Tramperin auf. Sie steht an diesem Sonntag alleine an der gottverlassenen Straße und zuerst fahren wir an ihr vorbei, da wir ja keinen Platz haben, kehren dann aber um. Wir packen ihren Rucksack hinten hinein und sie muss sich hinten in die Mitte auf den Kühlschrank quetschen. Jetzt bemerken wir, dass sie einen kleinen Hund dabei hat. Datka, das war der Name einer kirgisischen Prinzessin, ist vielleicht 6 Wochen alt und wurde von Mette in Bischkek gerettet.

Mette ist 20 Jahre alt und stammt aus Dänemark, sie will auch nach China. Allerdings ist der Torugart Pass für Fußgänger, Backpacker und Fahrradfahrer gesperrt, bzw. es besteht Taxipflicht. Auch hat sie für den Hund keinerlei Papiere, sie will es aber trotzdem versuchen.

Zusammen fahren wir auf die Passhöhe auf ca. 3.700 m, dort ist ein großes Eisentor, das von Chinesen bewacht wird. Allerdings ist oben, als wir ankommen gerade eine private Fotosession. Wir fragen die Chinesen, wo wir über Nacht stehen bleiben können und sie weisen uns auf der kirgisischen Seite einen Platz neben der Straße an.

Am nächsten Morgen fahren wir wieder ein Stück zurück zum kirgisischen Grenzposten, der seltsamerweise keinen Schlagbaum hatte und an dem wir daher gestern dran vorbeigefahren sind. Hier müssen wir noch unsere Ausreisestempel holen.  Wir sollen hinten herum um das Gebäude und über den Hof zurück auf die Straße fahren. Hier stauen sich die LKWs, die auch nach China wollen. Auf dem Hof steht eine lange Schlange von LKWs, die sich auch in die Reihe der Laster auf der Straße einreihen wollen. Ich fahre an der Schlange vorbei und dann geht es steil bergan auf die Straße, dort steht, halb eingeknickt, ein Hängerzug und links ist wenig Platz, aber ich fahre trotzdem auf dem losen Untergrund an ihm vorbei. Dann passiert es zu ersten Mal, ich touchiere ein fremdes Fahrzeug. Mit unserem Dachzelt streife ich den Seitenspiegel des Lasters. Der Fahrer des Scania und die anderen umherstehenden Trucker schreien, fuchteln und rufen. Ja, ich bleibe ja stehen, aber auf der Straße. Dort ist auch ein Polizist, der auf den Verkehr bei dieser Einfahrt aufpasst. Zu Fuß gehe ich an den Tatort. Sie fragen mich „Americano?“, nein ich bin Deutscher und dann sagt der Fahrer „Heil Hitler“ und grinst. Ich denke: „Ok, vielleicht lässt sich das einfach regeln.“ Wir begutachten den Schaden, der Spiegel ist ganz, nur das Plastikgehäuse hat Risse und ein Teil davon ist heruntergefallen. Ich schaue den anderen Außenspiegel an, der genauso aussieht und mit breitem Tesaband zusammengeflickt ist. Ich erkläre dem Fahrer, dass das Spiegelgehäuse wohl schon kaputt war und jetzt nur ein Teil davon abgefallen ist. Ich biete ihm 10 US$ an. Sofort erhebt sich ein Stimmengewirr, einer von den anderen LKW Fahrern schreibt in den Staub 100 $. Ich bleibe ruhig und geben den Leuten zu verstehen, dass 100 $ total überzogen ist und ich nicht mehr als 10 $ gebe. Jetzt kommt der Polizist dazu, alle rufen nach einem Protokoll. „Ja“, sage ich, machen wir ein Protokoll. Als erstes will er jetzt den Reisepass und ich gebe ihm die Kopie. Er dreht diese ein paarmal in den Händen herum und fragt wohl was das sei, ein anderer Trucker sagt dann: „Passport copy“. Ich sage ihm, dass er das Protokoll auch mit der Kopie machen kann und ich meinen Original Ausweis nur dem Zoll vorlege. Er bleibt aber tatenlos auf der Straße stehen. Die anderen umringen mich und wollen die 100$, ich zeige auf den Polizisten und sage: „Protokoll“.  Aber jetzt beginnt es brenzlig zu werden, der Fahrer des „Unfallwagens“ sucht einen faustgroßen Stein und kommt damit und grimmiger Miene auf den Mercedes zu. Er macht so, als wolle er den Spiegel einschlagen, ich gehe einen Schritt zu Seite und machen seinen Weg frei, zeige auf den Polizisten, der daneben steht und deute an, ob er das wirklich im Beisein der Polizei machen will. Oben auf der Straße beginnt jetzt eine Huperei, die Schlange hat sich weiter nach vorne bewegt und die nachfolgenden LKW wollen aufrücken, aber da steht das Beast im Weg. Jetzt soll ich plötzlich wegfahren, aber ich bleibe stehen. „Zuerst machen wir das Protokoll“, sage ich. Der Polizist weiß nicht was er tun soll und gibt mir die Kopie zurück. Alle drängen mich zum Auto und zum weiter fahren, aber ich bleibe stur und sage, dass wir zuerst die Sache mit dem Spiegel klären. Zum Abschluss biete ich dem Fahrer 20 $ an, aber alle beharren auf den 100$ und dass es in China eine Strafe von 150 $ gäbe, wenn der Spiegel kaputt sei. Jetzt kommen die Zöllner von vorne zu uns, es sind keine LKW zum Abfertigen mehr da. Sie schauen was da los ist und jetzt muss ich nach vorne fahren. Ich fahre an allen Zollbeamten vorbei bis in den Zollhof, dort regt sich dann einer auf, warum ich am ersten Posten vorbei gefahren sei. Ich sage ihm, dass ich kein Stoppschild gesehen hätte, aber ich muss zurück fahren. Dort lässt man uns dann erstmal für eine Weile stehen. Endlich kommt einer mit mehreren Sternen zu uns, der junge Beamte erklärt ihm alles und dann kann ich wieder in den Zollhof fahren. Dort steigen Mette und Annette aus, gehen zur Abfertigung in das Passenger Terminal, ich muss einem anderen Zollbeamten folgen. Ich gebe hier mein Zolldokument für das Fahrzeug ab, zeige die Fahrzeugpapiere und dann meinen Ausweis. Einer der Beamten stempelt diesen und gibt ihn mir zurück, dann muss ich mit dem Fahrzeug auf die Grube fahren. Hier fragt mich ein Zöllner was mit dem LKW sei und ich erkläre ihm die Geschichte, male ihm ein Bild von ‚Spiegel vorher – Spiegel nachher‘. Er nickt und scheint zu verstehen. Aber jetzt wird erst einmal das Auto kontrolliert und zum ersten Mal wird unser Geheimfach für Bargeld und Papiere entdeckt. Ich versuche es ihm zu erklären, dass da nur Papiere drin sind, aber ich muss es öffnen. Das Geld nehme ich gleich heraus und dann sehen sie die zweiten Pässe. Was das ist, wollen sie wissen und ich erkläre ihnen, dass es bei uns möglich ist zwei Reisepässe zu haben und zeige ihm das Pakistan Visum. In meinem zweiten Reisepass ist ein anderes Foto als im anderen. Als er dieses sieht, zeigt er es seinem Kollegen und sagt dann zu mir: „Statham“. Ich verstehe zuerst nicht ganz, aber dann schwärmt er mir von seinem Lieblingsschauspieler vor, Jason Statham, den man vielleicht aus den Transporter-Filmen kennt und dass ich so aussehen würde wie Statham. Dann checken Sie weiter das Auto und als sie fertig sind, fängt er wieder an mit dem Spiegel. Ich erzähle ihm, dass alle Spiegel am Fahrzeug kaputt waren und ich ihm 20$ geboten habe, aber der Fahrer nicht wollte. Dann geht er in den Bürokomplex und kehrt nach einigen Minuten zurück. Er schüttelt mir die Hand, und lächelt, dann verabschiedet er mich mit den Worten: „Statham – good luck.“ Den Unfallgegner habe ich nie wieder gesehen.

Auf unserer Reise wurde ich schon einige Male gefragt, ob ich im Fernsehen wäre, ob ich ein Actor sei oder dass ich einem Schauspieler ähnlich sähe. Hier sind die Topvergleiche.

Ich fahre zum Ende des Gebäudes und nehme Mette und Annette wieder auf, dann fahren wir wieder auf die Passhöhe. Das waren zwei aufregende Stunden.

Auf der Passhöhe können wir nicht weiterfahren, die Chinesen teilen uns mit, dass wir hier parken müssen, bis unser Guide da ist. Um 11.30 Uhr schließen sie dann das Eisentor und erst um 15.00 Uhr geht dieses wieder auf. Dann erscheint auch Abdullah, unser Guide. In der Zwischenzeit hat sich Mette verabschiedet, sie versucht ihr Glück über die Grenze zu kommen mit einem kirgisischen LKW Fahrer.

Mit Abdullah fahren wir ca. 5 km auf der chinesischen Seite talabwärts bis zum ersten Checkpoint. Dort wird in einer provisorisch aufgebauten Röntgenanlage das Gepäck durchleuchtet und zwei Mann kontrollieren den Rest des Fahrzeugs. Dann geht es weiter auf einer schlechten Piste Richtung Kashgar, der sagenumwobenen Stadt an der Seidenstraße am Rande der Wüste Taklamakan, dem gefährlichsten Ort der ganzen Seidenstraße.

Gegen 18.00 Uhr erreichen wir einen weiteren Posten an dem das Fahrzeug desinfiziert werden soll, es ist aber gerade Zeit zum Abendessen und alle Beamten sind verschwunden. Gegen halb sieben trudeln sie wieder ein und sprühen das Beast ein. Leider zu wenig, denn der ganze Dreck und Staub  ist danach immer noch drauf, aber wir dürfen weiter bis zum nächsten Gebäude fahren, wo noch einmal alle Kisten geröntgt und das Fahrzeug gecheckt wird. Sie wollen die Fahrgestell- und die Motornummer sehen. Die Fahrgestellnummer ist kein Problem, aber die Motornummer, trotz eines Anrufs bei Mercedes in Deutschland kann ich die Nummer nicht finden. Das Auto ist glücklicherweise so dreckig und heiß, dass der Beamte auch nur aus der Ferne schaut und schließlich abwinkt. Alles klar, wir haben die Stempel und nach ca. 10 Std. Einreiseformalitäten sind wir in der Provinz Xinjiang. Es fängt bereits an dunkel zu werden und wir fahren zum Hotel Seman in Kashgar, dieses ist im ehemaligen russischen Konsulat. Morgen wollen wir die Formalitäten für das chinesische Nummernschild und den Führerschein erledigen und tags drauf Kashgar erkunden.

Leider ist die Altstadt von Kashgar nicht mehr das was sie einmal war, die Chinesen wollten die ganze Stadt umgestalten und nur auf internationalen Druck haben sie einen Rest stehen gelassen, der aber auch nichts mehr mit der alten Altstadt von einst zu tun hat.

Abends essen wir lecker in einer Art Imbiss, das Essen ist scharf, gut und günstig. Danach trinken wir bei John´s Cafe noch ein paar Bier und plaudern mit Luc und Laurant aus Luxemburg. Sie kommen gerade aus Pakistan und erzählen uns, dass der Karakorum Highway noch gesperrt sei und sie mit dem Flugzeug von Islamabad nach Kashgar kommen mussten.

Am Nachmittag des zweiten Tages in Kashgar versuche ich den Scheibenwischermotor mit einem Kabelbinder zu fixieren, dieser ist mit drei Schrauben auf einer Platte befestigt, aber das Gussteil ist an einer Schraubstelle gebrochen und immer wenn der Scheibenwischer auf Hochtouren läuft, fängt er sich an, sich zu verstellen. Als ich endlich mit der Arbeit, an dieser unmöglichen Stelle fertig bin, kommen zwei Männer in Bergsteigermontur zu uns. Sie kommen aus Franken und wollten den Muztagh Ata (7.546 m) besteigen, sind aber aufgrund des Wetters gescheitert. Außerdem haben Sie einen ihrer Bergkameraden aus Schonach im Schwarzwald am Berg verloren. Er sei der Fitteste gewesen, aber in einer Nacht ist er im Zelt auf 6.200 m gestorben, wahrscheinlich an einem Lungenödem oder an der Höhenkrankheit. Die Beiden waren noch sichtlich mitgenommen.

Dann geht es für uns endlich los, wir verlassen etwas enttäuscht Kashgar und machen uns auf, das Dach der Welt zu erkunden. Zuerst geht es weiter durch den Pamir nach Tashkurgan, wo wir noch einmal nächtigen und uns Abdullah am Morgen, nachdem wir die chinesischen Ausreiseformalitäten erledigt hatten, verlässt.

Nun fahren wir allein auf dem Karakorum Highway den Khunjerab Pass auf ca. 4.700 m hinauf. Der Karakorum Highway ist die höchstgelegene Fernstraße der Erde und führt uns nun nach Pakistan, in das 21. Land auf unserer Reise.

Good Luck – Statham

Stefan and the actors

Mit Yak und Pack durch den Pamir

Wer oder was ist Tadschikistan? So stand es in einem Prospekt von Globetrotter und auch unsere Erfahrung zeigt, dass wir in fragende Gesichter schauen, wenn uns jemand fragt wo wir gerade seien und wir antworten in Tadschikistan.

Zu Beginn unserer Reise stand weder Kirgistan noch Tadschikistan auf dem Plan und als wir in Kirgistan eintrafen, planten wir noch keinen Trip über den Pamir.

In TES´Guesthouse trafen wir wieder einmal mit Emma und Andy zusammen und feierten dort gemeinsam Annettes Geburtstag. Die beiden Engländer überzeugten uns, mit Ihnen gemeinsam den Pamir Highway zu befahren und Oibek von Muztoo, einem schweizer Reisebüro in Osh besorgte für uns die Tadschikistan Visa, samt Pamir Permit in drei Tagen in der Hauptstadt Bischkek. In den drei Tagen, an denen wir warten mussten, trafen im Guesthouse einige Overlander und Motorradfahrer ein und wir hatten eine gute Zeit. Aber wir trafen auch schon einige Vorbereitungen, so baute Andy auch eine Dusche an seinen Toyota und wir füllten sämtliche Wasser- und Dieseltanks. Annette und Emma kauften Lebensmittel und Getränke ein, denn auf dem Pamir ist man auf sich alleine gestellt und es gibt nur wenige Orte wo man sich versorgen kann, meist auch nur privat.

Am Samstag nach Annettes Geburtstag brechen wir nach dem Frühstück in der Frühe auf. Das Beast ist vollgeladen, alle Tanks und der Kühlschrank sind gefüllt, Lebensmittel hängen überall in Tüten und Behältern herum. Ich fühle mich ein bisschen wie bei „Das Boot“, als sie sich auf Feindfahrt begeben und aus dem Hafen auslaufen. Jetzt wollte ich gerne mal wissen, wieviel Kilogramm wir auf die Waage bringen, schätzungsweise knappe 4 Tonnen.

Der erste Teil der M41 auf kirgisischer Seite ist noch gut ausgebaut und wir kommen flott voran. Wir passieren schon einige Pässe mit über dreitausend Metern Höhe und dann kommt der Kyzyl-Art-Pass mit 4280 m Höhe, auf diesem Pass befindet sich die kirgisisch-tadschikische Grenze und einer der Grenzbeamten empfängt uns mit den Worten:“ Welcome to the highest custom post in the world“.

Die Grenzabwicklung ist relativ problemlos, wir verhandeln natürlich wieder die Preise für diverse Zolldienstleistungen und bezahlen an den tadschikischen Zoll 25 US$ Zollabfertigungsgebühr, 10 US$ an die Transportabteilung und 70 Som an den Kollegen vom Veterinäramt. Ibrahim, ein tadschikischer Zöllner  will unbedingt das Beast kaufen und fragt uns aus, wir geben ihm eine Visitenkarte und teilen ihm mit, dass er uns eine E-Mail mit seinen Daten senden soll und wir uns dann bei ihm melden, wenn wir das Auto verkaufen. Er verrät uns dann, dass wir bereits alles bezahlt hätten und auf keinen Fall bei der Ausreise noch etwas bezahlen sollen.

Am ersten Tag fahren wir noch bis zum Lake Karakul und schlagen dort unsere Dachzelte auf. Dieser See ist durch einen Meteoriteneinschlag vor über 5 Millionen Jahren entstanden und hat keinen Abfluss, das Wasser salzhaltig und es gibt kaum Fische darin. Der See liegt auf ca. 4.000 m Höhe und somit höher als der Titicacasee, der als der höchstgelegene See der Welt gilt. Die Nacht ist kalt und wir spüren die Höhe. Stechen in der Brust, Kurzatmigkeit, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit sind Anzeichen dafür.

Nach dem Frühstück geht es weiter in Richtung Murghab, wir befinden uns bereits in der autonomen Provinz Berg Badachschan, die man nur mit der sogenannten Pamir Permit befahren darf. Kurz vor Murghab müssen wir bereits den höchsten Pass des Pamir Highways, den Ak-Baital-Pass mit 4.655 m  überwinden. Die Fahrzeuge qualmen extrem schwarz, doch wir kommen gut den Berg hinauf, kurz vor der Passhöhe qualmt Andys Toyota aber plötzlich heftig weiß und wir glauben schon an ein Motorproblem, er meldet uns auch, dass in seinem Display „Check Engine“ angezeigt wird. Er bleibt aber cool und meint, dass das mit sinkender Höhe sicherlich wieder verschwinden wird, was dann auch tatsächlich so war. Murghab ist einer der Hauptorte im Pamir und es leben ca. 7.000 Menschen in dieser Stadt, in der Tourist-Info kaufen wir für einen Dollar ein Brot, was für diese Region sehr teuer ist. Am Ortsrand wird unsere Permit kontrolliert und wir biegen in ein Seitental ab. Die Strecke ist längst nicht mehr asphaltiert und wir fahren Off Road weiter bis wir einen schönen Stellplatz für die Nacht finden. Bei der Ankunft können wir an den Berghängen Tierpfade im Schnee sehen und erkennen dort kurz darauf auch die seltenen Marco Polo Schafe, die sich für die Nacht wieder in die Berge zurückziehen. Die zweite Nacht verbringen wir auf 4.200 m und wir schlafen schlecht.

Auch die Fahrzeuge spüren die Höhe, am Morgen gleich nach dem Starten des Motors ist die Leistung gleich Null, die beiden Geländewagen bewegen sich nicht vom Fleck, nach ca. 5 Minuten ändert sich das aber glücklicherweise wieder und wir können normal fahren, an den schwarzen Qualm haben wir uns bereits gewöhnt. Annette wechselt noch ihren BH und trägt nun ausschließlich ihren Lauf-BH von TriAction, das Gehoppel auf den schlechten Pfaden geht ihr auf die „Eier“.

Wir fahren durch wunderschöne Natur, durchqueren einen Fluss und kehren noch einmal nach Murghab zurück. Jetzt wechseln wir Geld, leider haben beide Banken geschlossen, aber irgendjemand schickt uns zum Pamir Hotel, dort können wir Geld wechseln und auch frisches Brot einkaufen. Der Manager spricht sogar deutsch. Jetzt wollen wir nur noch tanken, was sich als noch schwieriger herausstellt. Keine der Tankstellen hat Diesel und auf dem LKW Parkplatz bietet man uns den Diesel zum doppelten Preis an. Nach langem Hin und Her zeigt uns einer einen Hinterhof, wo man Diesel bekommen soll. Wir kaufen den kompletten Vorrat von 68 Litern auf und füllen unsere Tanks und Reservekanister damit auf. Bis Khorog kommt keine Tankstelle mehr.

Wir beschließen einen Schlafplatz unterhalb 4.000 m zu suchen und übernachten auf 3.900 m. Wir schlafen tatsächlich besser. Auf der M41, dem Pamir Highway fahren wir bis kurz nach Alichor und biegen dort nach einer Flussbrücke wieder auf einem Track in ein Seitental ab und folgen dem Fluss. Unterwegs machen wir Halt an einem Geysir und einer heißen Quelle, wo wir auch picknicken. An einem kleinen See namens Bulukul bleiben wir für heute stehen, hier ist es wunderschön und auch nur 3.750 m hoch. Emma packt noch ihre Angel aus und fängt 2 kleine Fische.

Am Abend kommt ein Sturm auf und wir fixieren mit allem was wir haben unser Dachzelt, glücklicherweise hört gegen Mitternacht der Wind auf und wir schlafen gut.

Kurz nach der Weiterfahrt kommen wir wieder auf die M41 und fahren ein kurzes Stück zurück, bis wieder eine nichtasphaltierte Straße nach Süden abzweigt. Dieser folgen wir, passieren einen tadschikischen Grenzposten und erreichen dann den Pamir River, auf der anderen Seite sehen wir Afghanistan.

Es beschleicht uns ein seltsames Gefühl, denn über dieses Land haben wir noch nie etwas Gutes gehört. Wir fahren dem Fluss Pamir entlang bis Langar, wo sich der Pamir mit dem Wakhan River zum Panj vereint.

Dieser Teil Afghanistans heißt Wakhan Korridor und wurde Ende des 19. Jahrhunderts während des Great Game, als Pufferzone zwischen dem Russischen Reich und dem British Empire installiert. Hinter dem Wakhan Valley erheben sich die Berge des Hindukusch. In unserem Reiseführer lesen wir, dass das so viel wie „Killer der Hindus“ bedeuten soll. Vielleicht war das ein natürliches Hindernis für die Verbreitung des Hinduismus von Süden her.

Tadschikistan ist das ärmste Land Zentralasiens und eines der ärmsten Länder der Welt, die Hälfte der Wirtschaftskraft stammt aus Geld, das emigrierte Tadschiken nach Hause schicken.
Das Jahreseinkommen soll durchschnittlich pro Kopf bei ca. 200 US$ liegen. Daher floriert im Nachbarland Afghanistans, dem weltgrößten Opiumproduzenten, der Drogenhandel auf der „neuen Seidenstraße“. Der „Business Insider“ hat die 19 teuersten Substanzen der Welt veröffentlicht und laut dieser Studie liegen die Drogen Heroin, Crystal Meth, Kokain und LSD vor Gold und Platin, von den natürlich vorkommenden Stoffen liegen nur Diamanten und andere Edelsteine vor den Drogen.

In Zugvand, einem kleinen Ort am Panj River suchen wir Brot, nach einigem Fragen können wir privat Brot bekommen. Die gute Frau will uns das Brot schenken, doch nach einigem Bitten nimmt sich doch das Geld an. Wir sind immer wieder erstaunt, dass uns gerade die Menschen, die so wenig haben, uns einladen oder etwas schenken möchten.
Am nächsten Morgen möchten wir zur alten Festung Abrashim (Vishim) Qala, einem Fort zum Schutze der Seidenstraße und zum Schutz vor afghanischen und chinesischen Eindringlingen fahren. In Zong fragen wir nach dem Weg, aber eine Frau gibt uns zu verstehen, dass wir auch mit Geländewagen nicht dahin fahren können. Sie bietet uns an, dass ihre Tochter mit uns zu Fuß hinaufgeht, aber für eine Wanderung sind wir heute nicht aufgelegt. Als wir das Angebot ablehnen lädt sie uns auf eine Tasse Tee in ihr Haus ein. Ihr Sohn sucht für uns einen englischen TV-Sender und währenddessen macht Schobegin, so lautet ihr Name, Tee für uns. Das Haus ist nach islamischen Regeln gebaut und gemütlich eingerichtet, außer Tee reicht sie uns noch Brot, Milch, Butter, Yogurt, Melonen, Nüsse und Süssigkeiten. Wir stellen uns vor und als sie hört, dass wir aus Deutschland sind überrascht sie uns mit einigen deutschen Wörtern, wie Mann, Frau, Bruder, Schwester, Haus, … wo sie das gelernt hat verstehen wir leider nicht.

Auf der anderen Flussseite liegt Qala-e Panja, die Ruine einer afghanischen Zitadelle, man kann sie von Zong aus gut sehen, denn der Fluss ist hier nicht so breit.

Das Flusstal ist beeindruckend, die Berge sind karg, kahl und unwirtlich, am Fluss hingegen ist es grün und fruchtbar, wie in einer Oase. Der Fluss ist nicht begradigt oder kanalisiert, das Wasser sucht sich selbst den Weg und wechselt oft die Talseite, es bilden sich Inseln und Nebenarme, die sich später wieder vereinen, so stelle ich mir auch das Rheintal, vor hunderten von Jahren vor. Die Gegend hier ist wunderschön.

Am Nachmittag besuchen wir bei Vrang eine alte buddhistische Stupa, ein Junge von 14 Jahren zeigt uns den Weg, er spricht englisch und sein Freund spricht 5 Sprachen (Tadschik, Wakha, Russisch, Farsi/Afghan und Englisch).
Als wir wieder beim Auto sind, bieten uns die Beiden Rubine zum Kauf an. Tatsächlich gibt es in Tadschikistan Edelsteinminen, die auch schon Marco Polo in seinen Berichten erwähnte. Nach Begutachtung der „Ware“ entscheiden sich Andy und ich zum Kauf von jeweils 6 Rubinen. Jeder von uns zahlt umgerechnet dafür etwa 4 Euro. Zudem glauben wir, dass ein Einstieg in das Edelsteingeschäft gesünder ist als der Einstieg in das Opiumgeschäft.

Über uns ragen die Gipfel von Pik Engels und Pik Marx empor, wir fahren an diesem Tag aber noch weiter bis Yamchun und campen in der Nähe der Bibi Fatima Hot Spring, die mit Hilfe der Aga Khan Stiftung erneuert wird.

Am Abend besuchen Annette und ich die heiße Quelle und nach unserer Rückkehr trinken wir  noch zusammen Gin, über dem Hindukusch geht der Vollmond auf, die Stimmung wird plötzlich sentimental und eine seltsame Ergriffenheit kommt über uns.

Am Morgen besuchen wir noch das Fort Yamchun und fahren dann weiter nach Ishkashim, dort soll morgen auf der afghanischen Seite der wöchentliche Markt stattfinden, den man ohne Visum besuchen kann. In Hanis Guesthouse treffen wir Maurizio an, den wir bereits in Teheran und Bukhara getroffen haben, er ruft uns zu, dass er still alive und gesund aus Kabul zurückgekehrt ist, allerdings denken wir, dass er so einige lokale Spezialitäten konsumiert hat, die bei uns unter das Betäubungsmittelgesetz fallen würden.
Am nächsten Morgen teilt uns Hani, der Eigentümer des Guesthouses mit, dass der Markt aus Sicherheitsgründen leider schon wieder abgesagt worden ist. Laut seiner Aussage gab es am Vorabend auf der anderen Flussseite einige Schusswechsel und heute sei auch noch amerikanischer Nationalfeiertag, der 04. Juli. Der Markt ist zum zweiten Mal in Folge ausgefallen und für die lokale Bevölkerung ist das eine große wirtschaftliche Einbuße.

Hani teilt uns auch noch mit, dass die Straße nach Khorog aufgrund von Erdrutschen unpassierbar sei. Er warte auf Gäste, die sich per Handy gemeldet hätten um ihm das mitzuteilen.

Wir beschließen trotzdem in Richtung Khorog zu fahren und im Falle, dass es nicht weiter geht biegen wir in ein Seitental ab und warten halt ab, bis die Straße wieder frei ist.

Aber wir haben Glück und können mit unseren Fahrzeugen die Stellen passieren und erreichen am Nachmittag die Pamir Lodge in Khorog, der Hauptstadt der autonomen Provinz Berg Badachschan. Hier leben über 20.000 Menschen und es gibt auch eine Universität. In der Lodge haben wir dann auch wieder einmal Internetzugang und wir nehmen Kontakt zur Heimat auf. Leider sind die Nachrichten  nicht so erfreulich und Annette bucht noch am gleichen Abend einen Heimflug in 3 Tagen von Osh in Kirgistan nach Basel.

Ihrer Mama geht es nicht gut, ist im Krankenhaus und es steht eine schwierige Operation an. Sie telefoniert noch mit ihr und verspricht in drei Tagen bei ihr zu sein, ihre Mutter verspricht ihr auch sich doch operieren zu lassen.

Am nächsten Morgen endet leider unsere gemeinsame Reise mit Around the world in 800 days. Gerne wären wir noch einige Tage mit ihnen weitergefahren, aber dies ist zum jetzigen Zeitpunkt unglücklicherweise nicht möglich. Nach dem letzten gemeinsamen Frühstück bauen wir unser Zelt ab währenddessen hat Emma für uns belegte Brote gerichtet und eingepackt, wir tauschen noch unsere Bilder und Videos aus und dann fahren wir los, auf der M41 in Richtung Murghab geht es wieder zurück. Der Highway ist schlechter als mancher Off Road Track, wir fahren ohne Pause, wir essen die Brote unterwegs während der Fahrt und am Abend erreichen wir den Lake Karakul, wo wir die Nacht verbringen. Früh am nächsten Morgen geht es weiter bis zur Grenze, natürlich sollen wir wieder bezahlen, aber wir bleiben stur und zahlen nichts. Diesmal kann keiner der Grenzer Englisch und wir werden laut auf Russisch angebrüllt. Als der erste merkt, dass er von uns nichts kriegt, lacht er und schüttelt mir die Hand, der letzte Posten will dann bei der Ausreise noch unser Auto desinfizieren, ich versuche ihm zu erklären, dass das bei der Einreise evtl. noch sinnvoll sein kann, aber nicht bei der Ausreise. Die 100 Som, die er haben will verweigern wir und lassen ihn in seinem Häuschen sitzen. Nach einer ¼ Stunde gibt er einem Schweizer, der des russischen mächtig ist, unsere Pässe und trägt ihm auf uns auszurichten, dass er die 100 Som für uns bezahlt und er uns nie wieder in Tadschikistan sehen will.

Am Nachmittag erreichen wir Osh und fahren wieder zu TES‘ Guesthouse, Annette packt ihre Sachen und am nächsten Morgen um 03.00 bringt sie ein Taxi zum Flughafen.

Leider muss auch ich 9 Tage später nach Deutschland zur Beerdigung von Annettes Mutter fliegen.

Wichtig für Annette war, dass sie noch rechtzeitig bei ihrer Mutter sein konnte. Selbst wenn man sich „in the middle of nowhere“ befindet, so ist man doch auch wieder schnell bei seinen Lieben zu Hause.

Nach einer gemeinsamen Woche in der Heimat, fliegen wir wieder zusammen zurück nach Osh in Kirgistan, in der Nähe zu Tadschikistan.

Das ist ein armes, aber wunderschönes Land, mit äußerst freundlichen und hilfsbereiten Menschen und auf jeden Fall eine Reise wert. Im Nachhinein sind wir sehr froh, mit Andy und Emma diese Reise gemacht zu haben, wir hätten wirklich etwas verpasst.

Video Armenien

unser Video von Armenien ist jetzt online. Bitte hier klicken.

Auf der Seidenstraße

Wer eroberte und verband die antike Welt miteinander, waren es Kriegshelden, Pioniere oder vielleicht sogar nur einfache Kaufleute?

In einem uighurischen Text heißt es „… ferner gibt es Kaufleute, die ruhen nicht mit dem Handel und sind Nutzbinger …, von Ost nach West ziehen sie umher, deine Wünsche bringen sie dir. Zehntausend Schätze, die Wunder der Welt, sind bei ihnen. … Gäbe es keine Kaufleute, durchstreifend die Welt, wann könntest du anziehen den schwarzen Zobelpelz? Schnitte die chinesische Karawane das Karawanenbanner ab, woher sollten dann die zehntausend Kostbarkeiten kommen? … Solcherlei sind die Kaufleute alle, schließe dich ihnen an, halte offen das Tor! Bemühe dich um sie, halte sie wohlfeil, und dein Name wird mit Güte weit bekannt, glaube es!“

So alt der Handel über die transasiatische Handelsroute auch ist, der Begriff „Seidenstraße“ ist eine Wortschöpfung aus dem 19. Jahrhundert von einem deutschen Geographen und diese Bezeichnung ist auch ein wenig irreführend. Erstens wurde nicht nur Seide zwischen Europa und Asien gehandelt und zweitens bestand die Straße aus einer Vielzahl von Karawanenwegen, die zum Teil parallel zueinander verliefen und sich mehrfach verzweigten.

Zu Zeiten Marco Polos, des wohl berühmtesten Reisenden auf der Seidenstraße, hatte der alte Handelsweg, der das Reich der Mitte mit dem Abendland verbindet, seine große Blütezeit lange hinter sich. Mehr als 1300 Jahre bevor sich der Venezianer 1271 auf seine Reise an den Hof des mongolischen Khans im heutigen Beijing, machte, hatten unzählige Kaufleute vor ihm mit ihren Karawanen die Seidenstraße beschritten. Die alten Römer wussten bereits um die Zeitenwende chinesische Seide zu schätzen, rätselten aber noch lange, woraus sie bestand und woher sie kam. Seide war leicht und unzerbrechlich und deshalb einfach auf dem Rücken eines Kamels oder Lastesels über weite, unwegsame Strecken quer durch Asien zu transportieren. Doch das edle Gewebe war nicht das einzige Handelsgut, das im Handel über die Seidenstraße eine Rolle spielte. China exportierte außer der Seide Naturlack, Gewürze wie Zimt, Ingwer und Kurkuma, edle Keramiken, Pelze, Moschus und später Tee und Rhabarber in den Westen.

Aus Indien und Persien kamen Gewürze wie Koriander, Nelken, Muskat, Kardamom, echter Safran und Pfeffer, Woll- und Leinentextilien, ferner Sandelholz, Indigo, Lapislazuli, Kampfer, Myrrhe, Henna, Weihrauch und Rohrzucker nach China.

Die mehr als 10.000 km lange Strecke vom östlichen Mittelmeer bis nach China hat, bis auf einige wenige, wohl kaum ein Händler in einem Stück zurückgelegt. Weder für Mensch noch für Tier war der schier endlose Weg durch öde Steppen, heiße Wüsten und über eisige Hochgebirge im Ganzen zu bewältigen. Die meisten Waren wurden etappenweise von Händler zu Händler weitergereicht. Im alten Rom wusste man nichts von chinesischen Kaufleuten, und auch Römer wurden in der chinesischen Hauptstadt des Altertums und Mittelalters nicht gesichtet.

Als Transportmittel auf der Seidenstraße dienten dem Menschen meist Pferde, als Lasttiere verwendete man in der Wüste lieber die widerstandfähigen Kamele, im Hochgebirge Yaks und ansonsten Esel und Ochsenkarren. Die Handelsrouten waren so angelegt, dass die Karawanen in einem Abstand von wenigen Tagen eine Oase erreichen konnten, wo Wasser, Proviant, Herbergen und frische Tiere zur Verfügung standen. Karawanen hatten nicht nur räuberische Überfälle, sondern auch schreckliche Unwetter, wie Sand- oder Schneestürme, zu fürchten. Dem Berufsstand des Kaufmanns, der diese Strapazen auf sich nahm, um die Bewohner der Oasenstädte mit allerlei Annehmlichkeiten zu versorgen, brachte man deshalb entlang der Seidenstraße große Achtung entgegen. Abbildungen von Händlern und Kaufleuten verschiedener Nationalitäten tauchen immer wieder in der religiösen Kunst entlang der Seidenstraße auf.

Doch die unzähligen Händler, die seit Jahrhunderten die Seidenstraße nutzten, haben nur selten über ihre, mit Sicherheit erlebnis- und oft entbehrungsreichen Reisen, berichtet. Aus geschäftlichen Gründen lag ihnen wohl daran, den genauen Weg ihrer Reisen und den Ort ihrer geschäftlichen Quellen im Dunkel zu lassen. Eine Ausnahme bildet Marco Polo, der mit seinem berühmten Bericht einen der ersten Bestseller der Weltliteratur schuf, über dessen Echtheit sich die Wissenschaftler allerdings bis heute streiten. Das weniger bekannte „Handbuch für den Kaufmann“, 1340 von Francesco Pegolotti verfasst, beschreibt genaue Routen und Reisezeiten. Die Reise dauerte nach seinen Rechnungen mit verschiedensten Verkehrsmitteln – Ochsenwagen, Schiff, Kamelwagen, Lasteseln und Pferden – etwas 285 – 295 Tagen. Dies entspricht auch der heutigen Reisezeit mit einer modernen G-Klasse von Mercedes-Benz im Jahre 2015 auf der Seidenstraße.

Doch auf der Seidenstraße wurden nicht nur Handelsgüter ausgetauscht, sie war auch der Informations-Highway des Altertums, über den Ideen, Technologien, Künste und Moden von Ost nach West und umgekehrt transferiert wurden. Zahlreiche Religionen – der Buddhismus, das Christentum, der persische Zoroastrismus und schließlich der Islam – fanden über reisende Händler, Pilger und Missionare auf der Seidenstraße weite Verbreitung in Asien.

Im Gegensatz zu den Kaufleuten verfassten viele der religiösen Pilger ausführliche Reiseberichte, denen wir wertvolle Informationen über die damaligen Reisebedingungen, die Völker und Kulturen entlang der Seidenstraße entnehmen können.

Nachdem es der neuen Ming-Dynastie gelungen war, die Mongolen 1368 aus China zu vertreiben, war es mit dem regen Handel und Kulturaustausch über die Seidenstraße vorbei. Die jahrzehntelange Fremdherrschaft der Mongolen hatte für die Chinesen offenbar ein solch traumatisches Erlebnis dargestellt, dass sie ihre Landesgrenzen nach Norden und Westen hin abschotteten und viel Geld in die Instandsetzung und an Ausbau der Großen Mauer investierten. Der Ost-West-Handel wurde ab da nun hauptsächlich über die Häfen der südchinesischen Küste auf die „Seidenstraße der Meere“ verlagert.

Eine der Hauptlinien der Seidenstraße bildete die Strecke Teheran – Mashhad – Merv – Bukhara – Samarkand – Tashkent – Fargana – Osh – Kashgar im heutigen Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Kirgistan und China und seit einigen Wochen befahren wir diese Hauptlinie. In Turkmenistan ist vom Flair der Seidenstraße leider wenig übriggeblieben, als wir jedoch die Grenze nach Usbekistan überschreiten und nach Bukhara kommen, können wir die Atmosphäre der alten Zeit spüren. Die Stadt wir überragt von einem großen Minarett, das, wie wir bisher immer dachten, nur der Muezzin nutzt, um zum Gebet zu rufen, aber wie uns Sanam erklärt, früher auch als Leuchtturm in der Wüste, der die Karawanen bei Sandsturm nach Bukhara lotste oder zur Beobachtung diente. Wir bleiben 4 Tage in Bukhara und genießen die Ruhe der Stadt, das alte Zentrum ist sehr schön restauriert und die kleinen Basare sind voller Leben. Sanam, die ein „Tourist-Office“ führt, macht mit uns zwei Stadtführungen und erklärt uns, wie sich das Leben zu Zeiten der Seidenstraße in Bukhara abgespielt haben könnte. So gab es ein Finanzviertel, wo sich die Karawanen mit lokalem Geld versorgten, Hamams, um sich zu waschen und zu erholen und natürlich Basare, wo Waren verkauft und gehandelt wurden und natürlich Karawansereien, Herbergen für Mensch und Tier. Es gibt verschiedene Basare und früher war ein Basar ganz wichtig, der Hutbasar. Zuerst können wir uns das nicht vorstellen, aber nach ihren Erläuterungen leuchtet auch uns das ein. Der Hut war eine Art Visitenkarten und man konnte an ihnen ablesen, woher man kam, zu welchem Stand man gehörte, ob man noch zu haben ist und noch so einiges mehr. Außerdem gab es einen bedeutenden Edelstein- und Schmiedekunstbasar.

Am darauffolgenden Tag besuchen wir mit ihr das Chor Minar, eine Medresse aus dem 18. Jahrhundert, eine Schule, erbaut von einem Kaufmann, der mit Indien Handel betrieb und dort ein so schönes Gebäude sah, das ihm als Vorbild für die Medresse in Bukhara diente. Die Minarette haben hier keine Funktion, sondern wurden nur aus ästhetischen Gründen errichtet, diese sind nicht einmal begehbar. Das Chor Minar ist auch auf dem Titelblatt des aktuellen Lonely Planet Reiseführers Central Asia.

Am Abend fahren wir zum Elternhaus von Sanam in ein kleines Dorf, nahe Bukhara um dort auch zu Abend zu essen. Wir dürfen zuschauen, wie ihre Schwägerin Brot backt und Plov, das traditionelle Essen in Usbekistan, zubereitet.

Sanam sagt uns, Bukhara und Samarkand, die beiden berühmten Städte der Seidenstraße, seien wie zwei junge Frauen, die eine ungeschminkt, die andere bunt und aufgetakelt und wir sollten selbst entscheiden, welche uns besser gefällt.

In Samarkand besichtigen wir das Timur Mausoleum, das Registan und die Bibi Fatima Moschee, auch hier ist alles sehr schön hergerichtet, nur fehlt uns das Flair und die tolle Atmosphäre, die wir in Bukhara gespürt haben.

Im Hostel in Samarkand treffen wir Heike aus Minden, sie ist per Fahrrad unterwegs und als wir sie fragen wohin sie möchte, sagt sie „nach Tuktoyaktuk“. Wir schauen uns verdutzt an und sie ergänzt dann „das ist in Kanada“. Wir schauen immer noch verdutzt, denn Kanada liegt nicht gerade auf dem Weg durch Asien.

Sie macht eine unglaubliche Radreise durch Asien nach Australien und will dann per Schiff nach Südamerika und von dort nach Kanada radeln.

Unser Weg führt uns weiter in die Hauptstadt Usbekistans, nach Tashkent. Dort suchen wir eine Mercedes Werkstatt, denn ich möchte gerne einen kleinen Service durchführen lassen. Am Straßenrand treffe ich zwei neue Mercedes, eine S- und eine E-Klasse. Ich frage die beiden Fahrer nach Mercedes Benz. Einer gibt mir dann sein Handy und die Dame am anderen Ende erklärt mir, dass es keine offizielle Niederlassung gäbe, aber mich jemand abholen würde und mich zu einem qualifizierten Service bringen würde. Nach einer ¼ Stunde kommt Alexander in einem Golf und bringt uns zu einer Werkstatt, zwei Gruben, zwei Tore, alles ölig und dreckig. OK, ich frage sie ob sie Öl 5W-40 haben und ob sie einen Ölwechsel durchführen könnten. Ich zeige Ihnen meinen 5L Kanister, den ich zum Nachfüllen dabei habe. Nein, haben sie natürlich nicht und so fährt Alexander los und holt 8 ltr. von der gleichen Sorte Liqui Moly Leichtlauföl – Made in Germany. Am Fahrzeug habe ich noch einen Ölverlust festgestellt und zeige diesen Alexander, evtl. die Dichtung vom Rohr des Turboladers. Wir vereinbaren für morgen früh einen Termin, denn heute ist bereits später Nachmittag.

Wir fahren zu Alis Guesthouse, in Usbekistan muss man sich als Tourist spätestens alle 72 Std. in einem Hotel registrieren lassen, ansonsten gibt es unter Umständen bei der Ausreise am Zoll Schwierigkeiten und diese wollen wir natürlich vermeiden.

Die Tür ist verschlossen und wir klingeln mehrfach. Wir wollen schon auf dem Absatz kehrt machen, als doch noch die Tür aufgeht und ein ca. 50-Jähriger in weißer Leinenhose und nacktem Oberkörper vor uns steht. Er bringt uns zu Ali ins Büro, dieser sitzt in Unterhosen und ebenfalls nacktem Oberkörper an seinem Schreibtisch. Er lacht uns freundlich zu uns sagt: „Hello“, dann zieht er sich eine Hose an. Wir verhandeln den Preis und eine sehr junge Dame zeigt uns das Zimmer, es ist ein riesen Apartment, wir fragen nach einem kleineren Doppelzimmer, aber diese seien alle belegt. OK, wir nehmen das Zimmer und Ali sagt in zwei Stunden wird unsere Ankunft gefeiert. Er lädt uns zum Abendessen ein, es gibt Bier, Vodka, Plov, Nüsse, etc. Beim Abendessen erklärt er uns, dass er Ärger mit den Behörden gehabt hätte und erst gestern wiedereröffnet hätte. Als er jung war zog er mit drei anderen Musikern durch die Lande und war ein erfolgreicher „Popstar“, davon zeigt er uns Videos. Auffällig sind die vielen Fernbedienungen, Receiver und Sat-Anlagen, dann sagt er uns, dass er über 1600 Programme empfangen kann, „do you want to see german Porno?“ Wir lehnen ab und ziehen uns nach dem Essen zurück. Annette ist davon überzeugt in einem Puff gelandet zu sein, aber immerhin haben wir erfahren, dass es doch eine richtige Mercedes Niederlassung in Tashkent gibt und zu dieser fahren wir am nächsten Morgen.

Der Service wird gemacht und wir verlassen Tashkent in Richtung Norden an den Stausee „Chorvoq Suv Ombori“, dort sind auf unserer Karte richtige Campingplätze eingezeichnet und es scheint ein lokales Touristenzentrum zu sein, wir freuen uns auf ein Bad im See.

Als wir dort jedoch ankommen versperrt ein großes Tor die Weiterfahrt, in großen, eisernen Lettern steht dort „KONSTRUCTOR“. Wir steigen aus und sprechen mit einer Frau, es kommt eine zweite hinzu, die englisch kann und sie sagt uns, dass das Camp nur für Kinder sei. Wir könnten aber rechts hinunter zum Strand, dort gibt es einen Fußweg und ein Mann, der sein Haus neben Konstructor hat, bietet uns an im Hof zu parken und zu campen. Der Strand ist voller Scherben und an baden ist nicht zu denken, wir bleiben aber trotzdem zwei Tage am See und machen klar Schiff im Beast. Uns würde schon interessieren was in diesem Feriencamp von statten geht, aber es ist komplett umzäunt und wir hören immer nur, wie die Kinder im Chor etwas nachbrüllen, das Ganze geht immer bis um 22.00 Uhr abends, dann wird es ruhig. Leider fällt mir bei diesem Lagerzaun und dem eisernen Schriftzug „Arbeit macht frei“ ein.

Unser Weg führt uns ins Ferganatal, dort wird noch Seide verarbeitet und es soll in Margilon auch noch einen großen Basar geben, auf dem auch Seide verkauft wird, auch die berühmte Keramik kommt aus der Nähe des Ferganatals.

Als wir ankommen findet dort gerade das internationale ITF Damentennisturnier statt, das später die Russin Anastasiya Komardina gewinnen wird, es ist schwer eine Unterkunft zu finden.

In Fergana besuchen wir die Seiden- und Teppichproduktion von Yodgorlik, wir erhalten eine Führung und der junge Mann zeigt uns alle Stationen der Seidenherstellung. Zuerst werden die Kokons in heißes Wasser gegeben und eine Frau löst einen Faden ab und klebt ihn an andere Fäden, die bereits an einem Rad entlang laufen und so aufgewickelt werden, später kommt die Seide in einen Absud, um sie weich zu machen, in die Färberei und anschließend zur Weberei. Er erklärt uns die natürlichen und die chemischen Farbstoffe, das Fixieren mit Aluminiumsulfat und zum Schluss auch noch das Teppichweben. Yodgorlik stellt Woll- und Seidenteppiche von Hand her und wir sind sehr beeindruckt von der Geduld und der ruhigen Hand der Frauen, die dort arbeiten.

Auf meine Nachfrage dürfen wir auch in die maschinelle Produktion, die Maschinen sind uralt und der Lärm ist ohrenbetäubend, obwohl nur drei Maschinen am laufen sind. Anschließend kaufen wir uns noch ein paar Sachen im Werksshop ein und wollen dann zurück zum Hotel. Aber auf der anderen Straßenseite ist eine Bäckerei und die Mitarbeiter haben uns gesehen. Sie winken, dass wir kommen sollen und Fotos machen. Einer erklärt uns, wie er den Teig macht, nein er hat keine Maschine und zeigt auf seine Oberarme, sein Kollege macht aus dem Teig Rohlinge und gibt diese weiter an seinen Kollegen am Ofen. Dieser hat den härtesten Job, denn er muss die Rohling in den Ofen „kleben“ und wenn sie gut sind wieder herausholen. Da wir Fotos machen verzichtet er auf seinen Hitzeschutz, den Schal. Dieser arme Kerl schwitzt und der Schweiß rinnt in Strömen von seiner Stirn, aber alle sind freundlich und lachen uns zu, zum Abschied bekommen wir noch zwei Brote geschenkt.

Am nächsten Tage fahren wir zur kirgisischen Grenze, wo wir gegen 14 Uhr ankommen. Wir bleiben an einem Fluss stehen und machen uns einen Kaffee. Es kommt aus dem Niemandsland ein junger Mann und bietet uns Kissen am Fluss an. Wir fragen ihn, ob wir hier campen können, ja das ist kein Problem. Ich möchte noch ein Bad im Fluss nehmen, der jedoch eine ordentliche Fließgeschwindigkeit hat. Also laufe ich ein Stück flussaufwärts, wo zwei Jugendliche am Ufer stehen und frage sie, wo man baden kann. Einer zeigt in die Flussmitte und zeigt mir an, keine Kopfsprünge zu machen, der andere springt gleich mit Anlauf hinein und so springe ich hinterher. Es ist eine muntere Achterbahnfahrt und ich komme heil einige Meter weiter unten wieder heraus. Die beiden Jugendlichen sind neugierig und kommen später zu uns ans Auto. Wir bauen gerade unser Dachzelt und den Klapptisch auf und einer von den beiden kann das ganze gar nicht glauben und lacht andauernd vor lauter Freude. So kommen noch den ganzen Abend Jugendliche vorbei und möchten Fotos machen, alle sind sehr freundlich und freuen sich über die ungewöhnlichen Gäste.

Am nächsten Morgen passieren wir problemlos die Grenze nach Kirgistan und fahren in das nahe gelegene Osh. Hier sehen wir uns auf einem Basar um, leider nicht mehr orientalisch, sondern ein „Russenbasar“, am Stadtrand in alten Seecontainern untergebracht. Verkauft wird billiger Ramsch, Kopien von Markenwaren und Kleidung. Die Ware kommt wie vor 2000 Jahren aus China, aber die Zauberworte, die die Kunden so mögen heißen heutzutage Polyacryl, Polyethylenterephthalat, Polyamid und BILLIG. Noch immer sind es die Kaufleute, die die ersehnten Güter zu ihren Kunden liefern, sogar bis in die entlegensten Winkel dieses Kontinents.

Turkmenistan – „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“

Wir haben uns entschieden weiter auf der Seidenstraße nach Norden durch die STAN-Länder nach China zu fahren. In Teheran haben wir Visa für China, Usbekistan und Turkmenistan geholt. Für Turkmenistan bekommt man als Selbstfahrer nur ein Transitvisum, meist nur für drei oder fünf Tage und nur wenn man bereits das Visum für das darauffolgende Land vorweisen kann.

Für Einige ist Turkmenistan das Nordkorea Zentralasiens und tatsächlich ist die Regierung auch eine Diktatur. Saparmyrat Nyýazow, Staatsgründer und Präsident bis zu seinem Tod im Jahre 2006 nannte sich selbst Turkmenbaşı (Führer aller Turkmenen), er benannte die Monate nach sich und seiner Familie um, sowie auch Schulen, Kanäle, Flughäfen, eine Stadt und einen Kometen. Sein Credo war „Halk, Watan, Turkmenbaşı“, was übersetzt so viel wie „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ heißt und stark an einen anderen Diktator erinnert.

Der neue Präsident hat seit 2006 viele Reformen durchgeführt und so darf jetzt wieder getanzt oder in Autos Musik gehört werden.

Wir überqueren die Grenze Iran-Turkmenistan bei Bajgiran. Dort herrscht ein reges Treiben, einige Turkmenen haben im Iran Teppiche gekauft und ein Pick-Up hat diese bis zur Grenzstation gebracht, wo sie nun alle auf einem großen Haufen liegen. Die Menschen beschriften, sortieren und stapeln um. Auffällig sind die Frauen, sie tragen bunte Kleider, die bis zum Boden reichen und große bunte Kopftücher, einige haben auffällig viele Goldzähne. Das Passieren der Grenze geht schnell, kostet aber wieder einmal mehr als 100 US $ und so erreichen wir schon gegen Mittag die Hauptstadt Ashgabat. Die Straße ist nun 4-spurig und wird von einem großen Tor überspannt. Wir sind aber ganz alleine auf weiter Flur. Es ist heiß, sehr heiß und das Thermometer zeigt über 45 °C an. Vom Iran her mussten wir noch einmal ein paar Berge überqueren, doch nun sind wir am Rande der Karakum Wüste angelangt und außer der Hitze spüren wir auch wieder den Sand und Staub in der Luft.

Ashgabat wirkt auf uns wie eine Filmkulisse. Sie könnte Schauplatz eines schlechten Science Fiction Films sein. In der Stadt ist kein Leben, die großen, weißen Gebäude scheinen leer zu stehen und auf den Straßen und Bürgersteigen ist es menschenleer.

Manchmal sehen wir ein paar vermummte Frauen, die die Straßen fegen und die Leitplanken polieren. In einer Wüstenstadt sind das gleichermaßen Sisyphusarbeit wie Tantalusqualen. Und was wir so alles über dieses Land und seine Regierung gelesen haben, muss es den meisten Turkmenen, auch wie die Unterwelt oder Hölle vorkommen, wo nach griechischer Mythologie auch Sisyphus und Tantalus büßen mussten.

Aber auf den äußeren Schein wird hier sehr viel Wert gelegt. So erzählte uns Maurizio, ein argentinischer Backpacker, dass sein Gastgeber in Ashgabat (Couchsurfing) von der Polizei angehalten wurde und ihm unmissverständlich gesagt wurde, dass er sein Auto zu waschen hätte.

Nach 47 Tagen im Iran und ohne richtiges Bier zieht es uns in einen schattigen Biergarten, dort trinken wir erst einmal ein schönes kaltes Bier und versuchen der Hitze zu entfliehen. Als wir jedoch zurück am Auto sind, zeigt das Thermometer über 52 °C an und wir versuchen ein Hotel zu finden. Wir versuchen unser Glück in vieren, aber meist empfängt uns schon der Parkwächter sehr unfreundlich mit No, No, No und so beschließen wir weiter zu fahren und landen gegen Abend in einer Kleinstadt namens Tejen. Wir fragen am Straßenrand einen Mann nach einem Hotel, er ist der Besitzer eines Autoteileladens. Er winkt aber gleich ab, das Hotel sei nicht gut. Leider spricht er nur russisch und so ist die Kommunikation recht schwierig. Aber er setzt sich in sein Auto und fährt vor. Sein Nachbar hat eine Art B&B (Bed and Breakfast) und das Zimmer ist sauber, die Toilette ist im Hof und die Dusche besteht aus mehreren alten Blecheimern, aber er fängt bereits an, das Wasser zu erhitzen. Wir gehen noch was essen und kehren dann zu unserem B&B zurück. Als wir gerade unser Gepäck ins Zimmer geschafft haben, klopft es und der Mann aus dem Autoteileladen steht wieder da. Er ist aufgeregt, klopft sich auf die Schultern und salutiert. „Police, Problem, Hotel“. Alles klar wir haben verstanden, private Unterkünfte sind hier unerwünscht und so ziehen wir ins Hotel um. Und dieses ist wirklich schlecht. Wir kriegen die Suite mit Bad, die Toilette ist aber auch auf dem Hof. Als erstes holen wir „Baygon“ aus dem Auto, das gute Mittel von der Firma Bayer Leverkusen, Abteilung Insektenbekämpfung haben wir noch aus Griechenland. Wir sprühen bis wir beide selbst einen Hustenanfall bekommen und ziehen uns dann zurück. Morgens um 06.00 Uhr stehen wir auf, die halbe Tierwelt Turkmenistans liegt auf dem Rücken, kurze Zeit später sitzen wir im Auto Richtung Mary. Am liebsten würden wir direkt nach Usbekistan fahren, dummerweise sind die Visa aber zeitlich genau aufeinander abgestimmt und wir müssen 5 Tage in diesem Land bleiben. So beschließen wir in Mary eine gute Bleibe zu finden und uns Gonur Depe und die UNESCO Stätte Merv anzusehen.

Der Ort, einst eine wichtige Station an der Seidenstraße, ist seit der Jungsteinzeit besiedelt. Den ersten Höhepunkt erlebte Merv im 2. Jahrtausend v. Chr, hieß nach der Eroberung durch Alexander den Großen auch schon Alexandria oder trug zu Zeiten König Antiochos I. den Namen Antiochia.

Das Gelände ist sehr weitläufig und daher nur mit dem Auto zu besichtigen, an den historischen Stätten sind keinerlei Hinweisschilder angebracht, wo man Informationen dazu erhalten könnte, Führungen werden keine angeboten und das sehr kleine Museum war geschlossen. Es scheint, dass Touristen hier unerwünscht sind. Wir schauen uns das Mausoleum von Sultan Sanjar und Fort Kyz Kala an. Informationen darüber entnehmen wir dem Lonely Planet Central Asia, einem Geschenk von Fabian und Sandra (Cloud Machine), unseren Reisefreunden, die wir in Kappadokien und im Iran getroffen haben.

Tags drauf versuchen wir die Ausgrabungsstätte Gonur Depe zu finden, laut unseren Unterlagen eine der größten archäologischen Ausgrabungen im Nahen Osten, die nach Ägypten, Mesopotamien, China und Indien das fünftgrößte Zentrum der Zivilisation bildet. Doch es ist schwierig den Weg zu finden, im Lonely Planet ist der Weg nur vage beschrieben und es gibt keine GPS Koordinaten, das Internet ist nicht verfügbar, Straßenschilder gibt es auch keine und so stoppen wir einen Eselswagen mit 4 Leuten, die gerade ein Motorrad abschleppen. Aber von Gonur Depe haben alle 4 noch nie etwas gehört, es kommen noch einige Leute aus dem nahen Dorf hinzu und einer scheint etwas zu wissen und gibt uns eine Wegbeschreibung. Wir finden zwar einen historischen Platz, gewiss nicht Gonur Depe, aber leider gibt es auch hier keinerlei Schilder mit Erklärungen und so kehren wir wieder nach Mary zurück, ohne die Ausgrabungsstätte gefunden zu haben, aber dafür hatten wir Kontakt zu hiesigen Polizei. Diese steht überall am Straßenrand, beobachtet, kontrolliert und protokolliert alles. Mit orangen Schlagstöcken deuten sie den Autos an anzuhalten, wir hatten die Geste wahrscheinlich missverstanden und sind weitergefahren, nach ca. 5 Minuten hat uns dann ein Polizeiwagen gestoppt und Pässe samt Visa gecheckt.

Die Straßen sind in einem katastrophalen Zustand und man benötigt unglaublich viel Zeit selbst um nur kurze Strecken zurückzulegen. Wir fragen uns schon, wo die Erlöse aus den Öl- und Gasgeschäften landen.

Die letzte Station in diesem Land ist die Stadt Turkmenabad an der Grenze zu Usbekistan. Hier übernachten wir noch einmal und stehen um 07.00 Uhr an der alten Pontonbrücke über den Amu-Darya River. Die Einheimischen fahren zur Zahlstelle übergeben eine Münze und überqueren den Fluss, bei uns zeigt uns der Kassierer an, rechts ran zu fahren. Wir müssen warten bis um 09.00 Uhr die Bank aufmacht. Nach einer kurzen Diskussion machen wir halt einen Kaffee am Straßenrand und beobachten den Verkehr. Die ausländischen LKW stehen auch noch alle da und so suche ich einen Iraner auf und frage ihn, ob er Rials gegen usbekische Soms tauschen will. Er willigt ein und kurze Zeit später sind wir stolze Besitzer von 100.000,00 Som. Der Unterschied zum iranischen Geld ist, dass die Usbeken nur kleine Scheine haben, im Iran gab es 500.000 Rial Scheine und in Usbekistan waren, die größten, die wir gesehen hatten 5.000-er Scheine. An der Grenze gab´s aber nur 1.000-er Scheine und so ging der Geldbeutel nicht mehr zu, weshalb wir dann auf Plastiktüten umgestiegen sind.

Gegen 08.00 Uhr kommt der Bankier, wir zahlen 20 US$ und dürfen nach mehreren Kontrollen die Brücke passieren. Kurze Zeit später sind wir am Zoll und freuen uns auf Land Nr. 17 Usbekistan.

Video Georgien

Ist schon eine kleine Weile her, aber trotzdem gut. Zum Video anschauen … bitte hier klicken 😉

47 Tage unterm Tschador

„Eine deutsche Touristin wurde über 6 Wochen gezwungen den traditionellen iranischen Tschador zu tragen“, so ähnlich könnte eine Schlagzeile in deutschen Medien zum Bild von Annette lauten. Und so schlecht die Meldungen der letzten Jahre über den Iran waren, so hat sich unser Bild in Europa über den Iran festgesetzt. Böse, unberechenbar, schlecht.

Als wir unseren Familien unsere Reisepläne vorgestellt und auch gesagt hatten, dass wir den Iran bereisen wollen, war der allgemeine Tenor „seid ihr wahnsinnig, die bringen euch um, …“.

Wir waren 47 Tage im Iran und sind von der Natur, den Landschaften und den Menschen sehr beeindruckt. Sicher ist nicht alles gut und wir haben auch Menschen getroffen, die sehr unter dem politischen System oder den Traditionen leiden, aber die Menschen haben, gerade gegenüber uns Deutschen, eine noch nie erlebte Gastfreundschaft an den Tag gelegt.

Am 15.04. reisen wir in den Schurkenstaat ein und unsere Gefühle sind gemischt. Die erste Station ist im Norden Tabriz, eine der größten Städte des Landes. Wir suchen den Elgolipark auf, denn hier soll man auch gut campieren können. Bereits an der Parkzufahrt spricht uns ein junger Iraner an, er zeigt uns den Weg und bezahlt für uns den Parkeintritt. Wir bleiben dort für zwei Tage und treffen unzählige freundliche Menschen, z. B. Maryam und ihr Freund Alireza. Zuerst trinken wir mit Ihnen einen Kaffee und essen Schokolade, am Abend kommt Maryam nochmal alleine und bringt uns Suppe zum Abendessen mit und am nächsten Morgen bringt sie Käse, Honig, Brot und einen lokalen Brotaufstrich zum Frühstück mit. Später führt uns Maryam durch ihre Heimatstadt und wir gehen zusammen Mittag essen. In der Stadt treffen wir Nasser Khan von der Tourist Info, er kann perfekt Deutsch und er erzählt uns, dass es in Shiraz ein Reisebüro gibt, wo man Fährtickets nach Dubai und von Dubai nach Mumbai/Indien buchen kann. Er gibt uns die Kontaktdaten und bei seinem Bruder schließen wir noch eine KFZ-Haftpflichtversicherung für 2 Monate ab.

Im Elgolipark treffen wir auch Renault und Maryline mit ihren 3 Kindern aus Frankreich. Sie sind zu fünft im Camper unterwegs und der älteste Sohn ist bereits schulpflichtig, aber sie haben die Genehmigung selbst zu unterrichten und fahren um die Welt. Sie wollen im September zusammen mit Isabela und Rafael und mit Jessica und Allain China durchqueren. Für uns ist das zu spät und wir wollen über Indien reisen. Die Dubai Fähre ist für uns interessant, denn dann müssen wir nicht durch Belutschistan und den Süden Pakistans.

Am Abend kommt erneut Maryam zu Besuch und sie erzählt uns beim gemeinsamen Abendessen ihre Geschichte. Sie studierte Sport und hatte eine Doktorandenstelle, als sie sich in Alireza verliebt hatte, sie wollten heiraten und deswegen hatten sich dann die beiden Familien getroffen, aber unglücklicherweise hat die Familie ihres Freundes der Heirat nicht zugestimmt und nun ist ihre Familie auf die andere Familie böse und sie kann sich nicht mehr öffentlich mit ihm treffen. Im Moment sieht sie keine Lösung für ihre Situation. Sie hat ihre Forschungsstelle für eine Lehrerstelle aufgegeben, weil sie dachte, dass sie heiraten wird.

Im Park treffen wir auch noch Morteza, einen jungen Mann im Trainingsanzug. Er spricht uns auf Deutsch an und scheint gut drauf zu sein. Wir gehen mit ihm spazieren und trinken einen Tee zusammen. Auch er war sehr unglücklich verliebt, er erzählt uns von seiner Traumfrau, sie liebten sich und für ihn war die Welt in Ordnung. Er war asiatischer Meister in Karate, Sportler durch und durch, bis seine Freundin einen anderen heiraten musste, den ihre Familie für sie ausgesucht hatte. Für ihn ist die Welt zusammengebrochen, er hörte auf Sport zu treiben und fing dafür an zu rauchen. 2 Jahre hat diese Phase gedauert und eine deutsche Frau, die er auch im Park kennenlernte, half ihm die Krise zu bewältigen. Nun ist er wieder gut drauf, er treibt wieder Sport und hat ehrgeizige sportliche Pläne.

Hier merken wir zum ersten Mal die Unterschiede zu unserem Leben in Europa. Die Familien spielen hier eine sehr große und wichtige Rolle und die Traditionen werden noch streng bewahrt.

Von Tabriz aus machen wir einen Abstecher nach Kandovan, einer Stadt im Fels, ähnlich dem türkischen Kappadokien, mit dem Unterschied, dass Kandovan noch immer bewohnt wird und zum Lake Orumiyeh, einem Salzsee, der das größten Binnengewässer des Iran, aber zur Zeit ziemlich ausgetrocknet ist. Dort soll man Flamingos beobachten können, was uns aber verwehrt bleibt. Wir verbringen dort eine Nacht und fahren dann zum Kaspischen Meer, über Ardebil nach Astara und Bandar Anzali, wo wir eine Nacht am Strand schlafen. Unterwegs treffen wir Andrew und Suzi mit ihren beiden Kindern. Sie sind Australier und zu viert im Landrover nach Europa unterwegs, also fast unsere Route, nur umgekehrt. Sie sind von Indien aus durch Pakistan gefahren, insgesamt 6 Tage mit Militärbegleitung (2 Tage davon noch im Iran). Das war zwar nicht sehr angenehm, aber sie hatten nie ein ungutes Gefühl, sie hatten auch keine Bomben, o. ä. gesehen, wie zwei andere Bekannte, die hätten leider zwei Bombenexplosionen erlebt. In Indien hätten sie sich unwohler gefühlt, erzählt uns Suzi. Auch durch Burma mussten Sie mit Begleitung fahren, aber auch dies haben sie locker genommen, Andrew ist ein ruhiger, cooler Typ, den so schnell nichts aus der Fassung zu bringen scheint.

Hier an der Küste des Kaspischen Meeres ist es grün und schwül, es ist der am dichtesten besiedelte Teil des Iran und hier wird sogar Reis angebaut. Unser Weg führt in Richtung Rasht und kurz vor der Stadt sehen wir einen Laden der Autoschilder herstellt. Wir möchten gerne ein altes Nummernschild, als Souvenir mit nach Hause nehmen und so halten wir an und ich gehe in die Werkstatt. Leider sprechen alle nur persisch und als ich mit Händen und Füssen erkläre, dass ich ein Nummernschild möchte, ernte ich nur Kopfschütteln. Ein LKW-Fahrer beobachtet die ganze Szene und als ich zurück am Auto bin, hält er mir sein Handy ans Ohr. Eine Frau spricht Englisch und fragt mich, was ich möchte. Ich erkläre ihr, dass ich ein Nummernschild als Souvenir haben möchte. Oh, das sei nicht möglich, dass ich ein Nummernschild bekomme, aber ihr Schwager Hossein würde mit mir nach Rasht fahren und dort könne ich Souvenirs kaufen. Ich erkläre ihr, dass ich Nummernschilder aus der ganzen Welt sammle und ich auch gerne eines aus dem Iran hätte. Ein altes, kein aktuelles für mein Auto. Ok, das versteht sie und sie erklärt es ihrem Schwager, dann gehen wir nochmal zusammen in Werkstatt und nach kurzer interner Beratung kommt der Ältere mit drei alten Nummernschildern zurück, die er mir alle schenkt. Ich bedanke mich tausendmal in der Werkstatt und beim LKW Fahrer. Wir verstauen die Nummern und wollen gerade losfahren, als Hossein nochmals klopft und fragt, ob wir duschen möchten. Wir lehnen ab, aber so leicht gibt er nicht auf und so fahren wir mit ihm zu seiner Wohnung, wo seine Frau mit dem kleinen Sohn und einer Verwandten bereits auf uns warten.

Wir duschen uns und danach gibt es Mittagessen. Es ist alles sehr lecker und Soraya, Hosseins Frau hat sehr viele Dinge selbst gemacht, zum Beispiel den eingelegten Knoblauch, ganze Knollen werden 7 Jahre in Essig eingelegt. Später kommt dann auch Maryam, die Telefondolmetscherin dazu und wir trinken Cay und essen Süßigkeiten und Nüsse. Für den Abend lädt uns Maryam zu sich nach Hause ein, sie wohnt bei ihrer Mutter auf dem Land und zum Abendessen kommt die ganze Familie.

Annette schenkt Badir, dem kleinen Sohn und Sahar, der 19-jährigen Tochter von Soraya eine BeastEast Mütze. Dafür bekommt dann Annette wiederum eine selbstgemachte Geldbörse von Maryam geschenkt. Sie ist Schneiderin und macht auch Lederarbeiten, Taschen, Geldbeutel, etc. Alles sehr schöne Dinge von sehr guter Qualität und sehr präzise gearbeitet. Die Nacht verbringen wir im Haus von Maryams Mutter und am Morgen verabschieden wir uns ganz herzlich in Richtung Masuleh, einer terrassenförmig angelegter kleinen Stadt bei der jeweils das Flachdach eines Hauses, der Hof des darüber liegenden Hauses bildet.

Über Qazvin fahren wir in Richtung Esfahan, der ehemaligen Hauptstadt Persiens. Zum ersten Mal benutzen wir auch die Autobahn, die, wie auf der ganzen Welt, mautpflichtig ist. Aber an den Mautstationen empfängt man uns mit einem freundlichen „Welcome to Iran“ und winkt uns durch. Ein anderer fragt uns, wo wir her sind und als er Germany hört, sagt er „Karlheinz Rummenigge, Klaus Fischer“ und winkt uns freundlich lachend ebenso durch. Wir sind erstaunt und freuen uns.

Auch werden wir immer wieder von Leuten angesprochen, dass wir dieselbe Rasse sind, Arier, dieselbe Brut und wir Brüder seien. Die Iraner mögen uns Deutsche sehr. Dass auch wir uns an den Sanktionen gegen den Iran beteiligen, dafür haben sie Verständnis. Wildfremde Menschen geben mir einen Bruderkuss, z. B. Hossein, ein Fischer am Kaspischen Meer fragt uns wo wir her sind und als ich sage „Germany“ umarmt er mich und gibt mir rechts und links einen Kuss, später schenkt er uns sechs kleine Fische zum Abendessen. An einer Tankstelle bekommen wir zwar nur 40 Liter Diesel, diese müssen wir dafür aber nicht bezahlen. Auf den Straßen winken uns die Leute freundlich zu, fragen während der Fahrt woher wir kommen und rufen immer wieder „Welcome to Iran“, selten haben wir uns so willkommen gefühlt. Bei Mashhad überholt uns immer wieder ein Auto und alle Insassen winken uns zu, dann deuten sie uns an, rechts ran zu fahren, eine Frau steigt aus, begrüßt uns und schenkt uns Brot und Doogh (Trinkyoghurt, wie Ayran in der Türkei).

Der Weg nach Esfahan ist lang und wir schaffen die Strecke nicht in einem Tag, gegen halb sieben verlassen wir die Hauptstraße und fahren eine staubige Piste einen Hügel hinauf. Oben parken wir und steigen aus, um uns einen Überblick zu verschaffen, dazu steigen wir zu Fuß noch ein wenig höher. Von der anderen Seite kommt ein Auto, es hält und ein junger Mann kommt zu uns hoch. „Welcome to my country“. Es ist Mohsen, der eine Farm in dem grünen Tal hat und er lädt uns zu sich ein. Auf der Farm ist noch sein Cousin Abbas und später kommt noch ein afghanischer Hirte namens Abdullah. Wir trinken Cay und essen. Dann wird die Wasserpfeife angemacht und obwohl nur Mohsen ein wenig Englisch kann unterhalten wir uns gut. Abdullah kommt mit den Ziegen auf den Hof, er wirkt mürrisch. Aber er kümmert sich um uns und schenkt uns immer wieder Tee ein, vor dem Haus ist ein Brunnen und als die Sonne untergeht, fühlt sich der Ort wie eine Oase an. Wir liegen auf Teppichen und lauschen in die Nacht. Es kommt noch ein Freund vorbei, der mit Abdullah fischen geht, es ist 10 Uhr Abends und als sie mit ihrem Fang zurückkehren ist es bereits nach Mitternacht, als sie den Grill für das Abendessen anzünden. Wir gehen allerdings ins Bett. Am Morgen ist Abdullah schon wieder mit den Ziegen auf der Weide. Seine Frau und die Tochter leben noch in Herat und er schickt Geld nach Hause. Aufgrund der Kriegswirren ist er in den Iran gegangen, um hier zu arbeiten. Am Abend spielte er noch eine Art Gitarre und sang. Auf seinem Handy hat er uns Bilder gezeigt, wie er mit seinem Hund einen Wolf erlegt hat. Dieser kleine Mann hat einen großen Eindruck auf uns gemacht und die Gastfreundschaft von Abbas und Mohsen war unbeschreiblich.

Am Morgen fahren wir nach Esfahan, hier besichtigen wir die Brücke Pol-e Khaju und den Meydan-e Imam Platz, mit seinen Moscheen. Der Platz ist der zweitgrößte der Welt und in früheren Zeiten wurde hier sogar Polo gespielt. Die Brücke verrät erst nach einiger Zeit ihre wunderschönen Geheimnisse und es ist erstaunlich welche Gedanken sich die Erbauer gemacht haben. Z. B. stehen an jedem Flussufer genau gegenüber zwei steinerne Löwen und bei Dunkelheit kann man, wenn man von einem Löwen zum anderen schaut, die Augen leuchten sehen. Es ist erstaunlich, denn wenn man die Löwen genau anschaut ist da nicht der kleinste Anhaltspunkt, was da leuchten könnte und es leuchten nur die Augen.

Esfahan liegt am Rande der Wüste Daht-e Kavir und wir haben bisher noch nie eine Wüste aus der Nähe gesehen, daher liegen unsere nächsten Ziele in dieser Wüste. Die Fahrt geht über Nain, wo wir nochmals unsere Wasser- und Dieseltanks voll füllen, nach Garmeh und Farazad. In der Luft liegt ein Dunst und Staub, man kann kaum 200 m weit sehen und es bläst ein starker Wind. Es ist Ende April und die Temperaturen liegen so um die 30-35°C. In Garmeh finden wir einen wunderschönen Platz an einem Felsen, wo es eine kleine Quelle gibt. Wir bleiben 3 Tage und nutzen die Zeit um das Auto und die Ausrüstung zu reinigen, wir waschen Wäsche und gehen immer wieder zu dieser Quelle, wo kleine Fische drin sind. Wie wir herausfinden sind das Putzerfische und wenn wir die Füße ins Wasser halten, fressen sie die Nagel- und Hornhaut weg.

Ab und zu kommen Leute aus dem Dorf oder andere Reisende und so treffen wir dort den ehemaligen Premierminister Litauens und den Leadsänger einer Unabhänigkeitsband. Ein Guide, der mit einer französischen Gruppe an die Quelle kommt gibt uns den Tipp nach Mesr oder Farazad zu fahren, Mesr bedeutet soviel wie Ägypten und die Wüste dort sei Sandwüste mit Dünen. Die Wüste bei Garmeh ist steinig. Er zeigt uns auf der Landkarte auch noch einen Ort in der Wüste Lut, den wir möglichst besuchen sollten.

Von Garmeh nach Mesr sind es nur ca. 1 Stunde Autofahrt und am Mittag treffen wir dort ein. Es ist alles zu und der Ort wirkt wie ausgestorben, wir fahren weiter bis Farazad, wo die Strasse aufhört und nur noch Wüste ist. Wir treffen dort im Guesthouse „Barandaz Desert Lodge“ Hossein und fragen ihn nach Möglichkeiten Kamele zu reiten und nach einem Platz, wo wir übernachten können. Für Camelriding müssen wir zurück nach Mesr und auf dem Weg dorthin verlassen wir die Strasse, Annette hat ein Schild entdeckt, das wir aus der Nähe ansehen möchten, als wir dort ankommen erkennen wir einen Totenkopf und beschließen lieber umzudrehen. Aber, wir stecken bereits im Sand fest. Wir holen unsere Schaufeln aus der Dachbox und schaufeln das Auto frei, wir fahren ein Stück rückwärts bleiben aber bei einem Gebüsch an einer versteckten Wurzel wieder stecken. Wir schaufeln und schaufeln, bei fast 40° und überall Sand ist das eine üble Schinderei. Wir versuchen loszufahren, aber es geht nicht, die Räder graben sich in den Sand und wir sitzen schon auf. Ich steige auf das Dach und hole die Sandbleche herunter, wieder freischaufeln und Sandbleche drunter. Mittlerweile kommt ein junger Mann auf dem Motorrad aus Farazad und hilft uns. Wie es scheint hat er große Erfahrung bei der Autobergung, er holt aus den umliegenden Büschen Zweige und Stöcke und unterlegt die Vorderräder damit, unter den Hinterrädern haben wir die Sandbleche. Im Kriechtempo starten wir den nächsten Versuch und kommen ein Stück vorwärts, wir unterlegen ständig mit Büschen und Blechen die Räder, bis wir nach zwei Stunden endlich wieder auf der Straße sind. Camelriding hat sich für heute erledigt, wir fahren nach Farazad und suchen den Stellplatz auf, aber mittlerweile hat es angefangen stark zu winden und es ist unmöglich bei diesem Wind sich draußen aufzuhalten, man hat ständig Sand in den Augen und daher gehen wir zu Hossein in die Lodge und fragen nach einem Zimmer.

In diesem traditionellen Haus schlafen wir am Boden, zum Abendessen gibt es Kartoffeln und Kamelfleisch, aber wir fühlen uns sehr wohl hier und schlafen, trotz des harten Untergrunds, gut, was eventuell auch an der nachmittäglichen Schaufelei lag.

Die Kamele haben in der heutigen Zeit leider keine Aufgaben mehr wie früher, einige wenige Kamele werden als Reittiere (für Touristen) verwendet und die anderen dienen nur noch als Fleischlieferanten. Die Wege durch die Wüsten sind asphaltiert und die Transportaufgaben lösen nun Pick-Ups oder Trucks.

Wir verlassen nun wieder die Kavirwüste und wollen in die Wüste Lut, hier wurde per Satellit vor einigen Jahren der heißeste Punkt der Erde ermittelt. Zuvor passieren wir noch die Stadt Yazd und als wir in die Stadt einrollen, entdecken wir am Straßenrand den Camper von Renault und davor den Landrover von Rafael. Wir halten an und treffen die beiden mit ihren Familien, gemeinsam fahren wir zum Silkroad Hotel in die Altstadt von Yazd, wo wir auf dem Parkplatz kostenlos übernachten können, die Duschen und WC dürfen wir im Hotel mitbenutzen.

In Yazd versuchen wir unser Iranvisum zu verlängern und fahren mit dem Taxi zum Visaoffice, aber man wimmelt uns ab und erklärt uns, dass das noch zu früh sei. Am Abend besuchen wir noch einen alten Wasserspeicher, in dem nun Zurkhane praktiziert wird. Das ist eine traditionelle Kraftsportart und die Sportler stemmen schwere Holzkeulen oder große Eisenteile mit schweren Ketten dran, dazwischen wird immer wieder getanzt und sich bewegt, einiges erinnert uns an Yoga und Zumba, ab und zu rotieren alle um die eigene Achse, wie die tanzenden Derwische in Konya.

Auf unserer Karte ist eine kleine Straße nach Shadad eingezeichnet und wir müssen nicht über Kerman fahren um in die Lut zu kommen. Das scheint auch alles gut zu funktionieren, bis ca. 80 km vor Shadad. Die Straße ist mittlerweile nur noch Piste und vor einem Dorf hält ein Fahrzeug an und 4 junge Männer erklären uns, dass es unmöglich sei von hier aus nach Shadad zu fahren. Wir würden den Weg nicht finden, der führt durch Flüsse, etc. Wir wollen es aber doch versuchen und fahren mit Navi und Karte weiter in Richtung Shadad. Der Weg wird immer abenteuerlicher und die Einheimischen schauen immer verduzter, als wir an ihnen vorbeifahren. Aber die Landschaft ist einmalig, wir fahren in einem Flussbett Richtung Osten, passieren noch einen Ziegenhirten mit seiner Herde und stehen urplötzlich in einem kleinen Dorf mit einer grünen Moschee, wie eine Oase der Ruhe wirkt dieser Ort. Ich parke das Auto, nehme die Karte mit und frage einen Mann nach dem Weg nach Shadad. Er redet auf Persisch auf mich ein, aber ich verstehe, dass wir zurück müssen, hier gibt es keinen Weg mehr. So fahren wir halt wieder zurück und über Kerman nach Shadad in die Wüste Lut, wo wir gegen Mitternacht ankommen und einfach das Auto an einem Felsen in der Wüste abstellen, Zelt aufklappen und uns schlafen legen.

Am nächsten Morgen sehen wir die Kaluts, bizarre Felsformationen in der Wüste Lut, die Wind, Sand und Erosion im Laufe von Jahrhunderten geformt haben.

Sobald die Sonne aufgeht wird es unsagbar heiß, wir wollen heute Abend hier noch einen Sonnenuntergang miterleben, aber den ganzen Tag in der Hitze, das ist nicht auszuhalten, wir fahren in eine kleine Oase, ca. 20 km östlich und liegen den ganzen Tag unter den Palmen an einem kleinen Kanal. Am Abend suchen wir uns einen schönen Felsen und beobachten den Sonnenuntergang. Gegen 23 Uhr haben wir immer noch 40 °C, schlafen ist nicht möglich.

Langsam wird es Zeit, sich um unsere weitere Route zu kümmern und gerne würden wir mit einem Schiff nach Indien fahren. Auch einen Abstecher in die Emirate würden wir gerne machen, wobei sich dieser Wunsch nach den Temperaturen hier und unseren Sand- und Wüstenerlebnissen etwas relativiert hat. In Shiraz suchen wir die Agentur auf, die uns Herr Khan in Tabriz empfohlen hat, auf und fragen nach Fährverbindungen. Die Fähre nach Dubai ist kein Problem und sie glaubt auch, dass ein Schiff von Dubai nach Indien geht, sie gibt uns aber die Telefonnummer des Büros in Dubai, dort erhalten wir allerdings die klare Aussage, dass im Moment keine Schiffe fahren. Aufgrund dessen verzichten wir auch auf den Abstecher in die V. A. E. Aber an den persischen Golf wollen wir dennoch und suchen uns als Ziel Bandar Bushehr aus, das ist nicht so weit zu fahren. Wir bleiben dort aber auch nur für eine Nacht, denn es ist nicht nur sehr heiß, sondern dazu noch extrem feucht und auch dort ist in der Nacht an Schlaf nicht zu denken.

Uns beschäftigt nun das Problem, wohin wir weiter reisen. Wir diskutieren alle Möglichkeiten und entscheiden uns dafür, die folgenden zwei Möglichkeiten weiter zu verfolgen:

  1. auf dem Landweg über Pakistan nach Indien
  2. über Turkmenistan, Uzbekistan, Kirgistan, China nach Südostasien

Ohne Internet ist es aber gar nicht so einfach Informationen hierzu zu beschaffen und klar ist auch, dass wir jetzt nach Tehran müssen.

Unterwegs dahin treffen wir abends in einem Park auf die Tafakoris, 3 Familien aus Esfahan, und nach einigen Gesprächen, Cay und Süssigkeiten fahren wir mit Payam und seiner Frau Yalda mit nach Esfahan und schlafen bei Ihnen. Wir bekommen noch eine Stadtführung bei Nacht und am Morgen erzählen sie uns, dass sie schon in Deutschland und in der Schweiz waren. Payam ist für eine Kunststofffirma tätig und hat eine Firma, die mit Gasmotoren Strom erzeugt und an die Regierung verkauft. Allerdings sei sein letzter Visaantrag von den deutschen Behörden abgelehnt worden.

Am Nachmittag erreichen wir Tehran und parken im Park des Holy Shrine Imam Khomeni. Hier erwartet uns nun ein Behördenmarathon. Wir gehen zuerst zur pakistanischen Botschaft, denn diese Route ist am schnellsten und mit dem wenigsten Behördenkram verbunden. Jedoch sagt man uns ganz schnell, dass in Tehran keine Touristenvisa für Europäer ausgestellt werden. Das müssten wir in unserem Heimatland tun. Zumindest bekommen wir jedoch das Iranvisum bei der Visapolizei verlängert und wir können nun bis zum 16. Juni im Iran bleiben.

Nun bleibt also nur noch die Route über die Stan-Länder und China. Aber für China ist ein Guide und allerlei Besonderheiten vorgeschrieben und für die Einholung aller Genehmigungen benötigen die Agenturen 3 Monate Vorlaufzeit. Wir müssen uns also sputen.

Wir beantragen Visa für Turkmenistan, Uzbekistan und China. Von China aus wollen wir nach Laos, jedoch nehmen wir davon Abstand, als wir die Kosten hierfür hören, um die 11.000 Euro soll eine dreiwöchige Tour kosten ohne Hotel für uns und ohne Kraftstoffkosten.

Also entscheiden wir uns für eine 5 Tagestour von Kirgistan über China nach Nordpakistan und das Visum für Pakistan beantragen wir mit unseren 2. Reisepässen in Deutschland.

Nach über einer Woche von Botschaft zu Botschaft und Internetcafe zu Copyshop benötigen wir eine Pause und entscheiden uns dafür mit Fabian und Sandra in die Berge nördlich von Tehran zu fahren. Die beiden haben wir bereits in Kappadokien getroffen und sie haben in Tehran in einem Krankenhaus ein Praktikum für ihr Medizinstudium absolviert. Dort haben sie auch einen Tipp für das Wochenende bekommen, den Javarom Complex. Das ist ein großer Park, in dem die Iraner ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen, dem picknicken mit grillen und zelten. Wir sind dort willkommene Gäste, man schenkt uns Maiskolben, fragt uns zu unseren Fahrzeugen, es werden zahlreiche Bilder gemacht und der Manager begrüßt uns persönlich, er lässt uns Suppen zukommen und reichlich Tee.

Wir machen von hier aus nochmal einen Ausflug zum Kaspischen Meer und dann zurück nach Tehran, um die beantragten Visa abzuholen. Abholen wollen wir auch Fabian, unseren Sohn am Flughafen, der uns über Pfingsten eine Woche besucht.

Zuerst fahren wir an den Salzsee Daryacheh-ye-Namak in der Kavirwüste und wollen in das Dorf Maranjab, das ist aber aufgrund einer Militärübung großräumig abgesperrt und dort treffen wir in der Wüste auf eine Gruppe Off Roader. Sie nehmen uns mit zum Salzsee und wollen uns eine gute Stelle zeigen, aber das Terrain ist tückisch und wir bleiben im Morast stecken, zum Glück sind wir 4 Fahrzeuge und können uns helfen. Mit ihnen fahren wir noch in das Dorf Niasar, wo zur Zeit Golab, das Rosenwasser hergestellt wird und essen mit ihnen in einem Restaurant. Wir schlafen bei einem Steinbruch irgendwo im Gelände, Fabian hat ein kleines Zelt dabei, das er neben dem Auto auf-schlägt. Über Esfahan fahren wir mit ihm nochmal in die Wüste nach Garmeh und Farazad, wo wir nun das Kamel Reiten nachholen und von dort aus nordwärts Richtung Damavand. Fabian möchte den höchsten Berg des Iran gerne aus der Nähe sehen. Gegen 17 Uhr erreichen wir den Ort Damghan und wollen ins Zentrum um evtl. eine Internetkarte für den WLAN Router zu kaufen, an einem Kreisel stoppt uns ein ziviles Fahrzeug, der Fahrer sagt „Police“, kann aber sonst kein Englisch. Er zeigt uns an zu warten und nach ca. 5 Minuten kommt ein Polizeifahrzeug, dem wir folgen sollen. Angeblich wollen sie Kopien von den Ausweisen machen. Wir fahren durch ein großes Tor mit Armeeposten, dann kommt ein Iraner in Zivil, der Englisch kann und uns in sein Büro führt. Er schaut die Ausweise an, die Visa und fängt an Fragen zu stellen, woher wir kommen, wann wir in den Iran eingereist sind, etc. Er wiederholt die Fragen immer wieder und bevor wir uns in Widersprüche verwickeln, hole ich unser Tagebuch aus dem Auto. Ich frage ihn, was er denn meint, was wir sind. Aber er fragt uns weiter aus, besonders interessiert ihn was wir in der Wüste gemacht haben, dann will er die Bilder unserer Kamera sehen. In der Zwischenzeit bekommen wir Tee und Schokolade, aber das „Verhör“ zieht sich in die Länge. Bis dann das Protokoll fertig ist und der Kommandeur zugestimmt hat sind 4 Stunden vorbei und es ist 9 Uhr und stockdunkel, so bleiben wir in dieser Stadt und mieten ein Zimmer. Am nächsten Morgen fahren wir Richtung Mount Damavand, müssen aber aufgrund von Straßensperrungen und Erdrutschen große Umwege fahren, so dass wir wieder erst am Abend dort ankommen und als wir einen Schlafplatz suchen, treffen wir auf drei Männer an einem Auto, die in die Tiefe starren, wo ein weiteres Auto steht, Türen und Motorhaube geöffnet. In der Zwischenzeit kommt noch Mahmood, ein LKW-Fahrer hinzu und wir beginnen mit der Bergung. Zuvor sichert Annette die Straße mit unseren Blicklichtern ab. Das Seil der Winde ist zu kurz und wir machen mit einem schweren Spanngurt eine Verlängerung, die Iraner sind begeistert, was die Deutschen so alles dabei haben. In zwei Etappen ziehen wir den Peugeot zurück auf die Straße, und der Fahrer bedankt sich tausendmal und gibt mir wieder mal zwei Küsse. Ich frage Mahmood, ob wir hier schlafen können, aber er gibt uns zu verstehen, dass wir mit ihm nach Reyneh kommen sollen. Dort führt er uns zu Mostafa, in dessen Hof wir parken und übernachten können.

Am Morgen frühstücken wir mit Mostafa und seiner Schwester, er ist 38 Jahre alt und war Bergführer am Damavand, aber seit 8 Jahren hat er eine seltsame Krankheit, von der auch seine Schwester betroffen ist und er kann kaum noch gehen und die Teetasse muss er mit beiden Händen zum Mund führen. Er tut uns so leid, aber wir können im leider nicht helfen. In seinem Haus hat er im EG eine sehr schöne Ferienwohnung, die er vermietet und als wir bei ihm sind, treffen wir dort Dirk und seinen Kumpel aus Düsseldorf, die am nächsten Morgen eine Trekkingtour zum Damavand unternehmen wollen.

Mostafa spricht gut Englisch, die Ferienwohnung ist gut ausgestattet mit Bad, WC und Küche und von Mostafa erhält man alle Informationen, die man für eine Tour am oder auf den Damavand benötigt.

Wir können uns den Damavand nur aus der Ferne ansehen, machen noch ein paar tolle Fotos und fahren dann wieder gen Tehran, denn die Woche mit Fabian geht zu Ende. Wir parken nochmal am Khomeni Shrine und kochen unser letztes gemeinsames Abendessen im Iran. Fabians Flugzeug geht nachts um 03.20 Uhr. Auf dem Parkplatz treffen wir Amir, den ich schon mal zuvor dort getroffen habe. Er ist ein Obdachloser, der seit 9 Jahren in diesem Park lebt. Er hat keinen Militärdienst im Iran abgeleistet und hat nun unter den Repressalien der Regierung zu leiden, so bekommt er keinen Pass und ohne Pass bekommt er keine Wohnung und somit auch keine Arbeit. Seine Familie kam bei einem Autounfall ums Leben und mit seiner Verwandtschaft kann er es aufgrund der Ereignisse nicht gut. So vegetiert er nun auf diesem Parkplatz vor sich hin und sucht einen Ausweg. 2003 ist er schon mal, mit der Hilfe von Schmugglern auf einem Pferd vom Iran über die Berge in die Türkei geflohen, aber nach einem Jahr in der Türkei hat man ihn aufgegriffen und in den Iran abgeschoben. Er erzählt seine Geschichte und wir können ihm keinen Ratschlag geben, er möchte so gerne dieses Land verlassen, aber er hat Angst. Er erzählt uns auch, dass wenn man hier die Religion wechseln möchte, dass man gehängt wird. Seine Geschichte gibt uns zu denken und wir merken wie wohl es uns in Deutschland und Europa geht.

Nachdem wir Fabian am Flughaben abgeladen haben, führt unser Weg nordostwärts nach Mashhad und Richtung Turkmenistan. Mashhad ist die heiligste Stadt des Iran, dort steht der Shrine des Imam Reza. Wir steuern das Camp Ghadir an, dort herrscht ein irrer Trubel, wie auf dem Jahrmarkt und man erzählt uns, dass in fünf Tagen der Geburtstag des Imam Reza gefeiert wird und Tausende von Pilgern erwartet werden. Im letzten Jahr wären 5 Millionen dagewesen, Gott sei Dank werden wir da schon wieder weg sein.

Im Camp sehen wir einen Mercedes Truck mit Augsburger Kennzeichen und treffen Michael, er ist im Moment allein in Central Asia unterwegs und möchte wie wir nach Turkmenistan und Uzbekistan. Er kennt bereits Mahmood und seine Frau Fatima, die ihn jeden Tag mit Essen versorgen und auch zu uns ans Auto kommen sie jeden Abend mit ihren beiden Söhnen. Wir bekommen nun jeden Abend das Abendessen geliefert, Kamelfleisch mit Reis, Nudeln, Suppe und Süßspeisen. Er ist Mechaniker und sein Bruder LKW Fahrer, er war schon oft mit ihm in Turkmenistan und gibt uns Tipps, bzw. seine Einschätzung zum Essen, zu den Straßen und zur letzten Brücke vor Uzbekistan. Jeden Abend fragt er uns, ob wir etwas brauchen, bei ihm duschen möchten und dann bekommen wir das Essen. Das Ganze ist aber überhaupt nicht aufdringlich. Er sagt zu uns, wenn was mit dem Auto oder mit den Reifen ist, dann sollen wir ihn anrufen, seine Nummer haben wir längst bekommen. Einmal, so erzählt er uns, hat er einem dänischen Paar mit den Reifen geholfen, als sie ihn angerufen hatten.

Not for money – for God!

Wir verlassen dieses Land und fragen uns, ob so ein Schurkenstaat aussieht?