Wir haben uns entschieden weiter auf der Seidenstraße nach Norden durch die STAN-Länder nach China zu fahren. In Teheran haben wir Visa für China, Usbekistan und Turkmenistan geholt. Für Turkmenistan bekommt man als Selbstfahrer nur ein Transitvisum, meist nur für drei oder fünf Tage und nur wenn man bereits das Visum für das darauffolgende Land vorweisen kann.
Der neue Präsident hat seit 2006 viele Reformen durchgeführt und so darf jetzt wieder getanzt oder in Autos Musik gehört werden.
Wir überqueren die Grenze Iran-Turkmenistan bei Bajgiran. Dort herrscht ein reges Treiben, einige Turkmenen haben im Iran Teppiche gekauft und ein Pick-Up hat diese bis zur Grenzstation gebracht, wo sie nun alle auf einem großen Haufen liegen. Die Menschen beschriften, sortieren und stapeln um. Auffällig sind die Frauen, sie tragen bunte Kleider, die bis zum Boden reichen und große bunte Kopftücher, einige haben auffällig viele Goldzähne. Das Passieren der Grenze geht schnell, kostet aber wieder einmal mehr als 100 US $ und so erreichen wir schon gegen Mittag die Hauptstadt Ashgabat. Die Straße ist nun 4-spurig und wird von einem großen Tor überspannt. Wir sind aber ganz alleine auf weiter Flur. Es ist heiß, sehr heiß und das Thermometer zeigt über 45 °C an. Vom Iran her mussten wir noch einmal ein paar Berge überqueren, doch nun sind wir am Rande der Karakum Wüste angelangt und außer der Hitze spüren wir auch wieder den Sand und Staub in der Luft.
Ashgabat wirkt auf uns wie eine Filmkulisse. Sie könnte Schauplatz eines schlechten Science Fiction Films sein. In der Stadt ist kein Leben, die großen, weißen Gebäude scheinen leer zu stehen und auf den Straßen und Bürgersteigen ist es menschenleer.
Manchmal sehen wir ein paar vermummte Frauen, die die Straßen fegen und die Leitplanken polieren. In einer Wüstenstadt sind das gleichermaßen Sisyphusarbeit wie Tantalusqualen. Und was wir so alles über dieses Land und seine Regierung gelesen haben, muss es den meisten Turkmenen, auch wie die Unterwelt oder Hölle vorkommen, wo nach griechischer Mythologie auch Sisyphus und Tantalus büßen mussten.
Aber auf den äußeren Schein wird hier sehr viel Wert gelegt. So erzählte uns Maurizio, ein argentinischer Backpacker, dass sein Gastgeber in Ashgabat (Couchsurfing) von der Polizei angehalten wurde und ihm unmissverständlich gesagt wurde, dass er sein Auto zu waschen hätte.
Nach 47 Tagen im Iran und ohne richtiges Bier zieht es uns in einen schattigen Biergarten, dort trinken wir erst einmal ein schönes kaltes Bier und versuchen der Hitze zu entfliehen. Als wir jedoch zurück am Auto sind, zeigt das Thermometer über 52 °C an und wir versuchen ein Hotel zu finden. Wir versuchen unser Glück in vieren, aber meist empfängt uns schon der Parkwächter sehr unfreundlich mit No, No, No und so beschließen wir weiter zu fahren und landen gegen Abend in einer Kleinstadt namens Tejen. Wir fragen am Straßenrand einen Mann nach einem Hotel, er ist der Besitzer eines Autoteileladens. Er winkt aber gleich ab, das Hotel sei nicht gut. Leider spricht er nur russisch und so ist die Kommunikation recht schwierig. Aber er setzt sich in sein Auto und fährt vor. Sein Nachbar hat eine Art B&B (Bed and Breakfast) und das Zimmer ist sauber, die Toilette ist im Hof und die Dusche besteht aus mehreren alten Blecheimern, aber er fängt bereits an, das Wasser zu erhitzen. Wir gehen noch was essen und kehren dann zu unserem B&B zurück. Als wir gerade unser Gepäck ins Zimmer geschafft haben, klopft es und der Mann aus dem Autoteileladen steht wieder da. Er ist aufgeregt, klopft sich auf die Schultern und salutiert. „Police, Problem, Hotel“. Alles klar wir haben verstanden, private Unterkünfte sind hier unerwünscht und so ziehen wir ins Hotel um. Und dieses ist wirklich schlecht. Wir kriegen die Suite mit Bad, die Toilette ist aber auch auf dem Hof. Als erstes holen wir „Baygon“ aus dem Auto, das gute Mittel von der Firma Bayer Leverkusen, Abteilung Insektenbekämpfung haben wir noch aus Griechenland. Wir sprühen bis wir beide selbst einen Hustenanfall bekommen und ziehen uns dann zurück. Morgens um 06.00 Uhr stehen wir auf, die halbe Tierwelt Turkmenistans liegt auf dem Rücken, kurze Zeit später sitzen wir im Auto Richtung Mary. Am liebsten würden wir direkt nach Usbekistan fahren, dummerweise sind die Visa aber zeitlich genau aufeinander abgestimmt und wir müssen 5 Tage in diesem Land bleiben. So beschließen wir in Mary eine gute Bleibe zu finden und uns Gonur Depe und die UNESCO Stätte Merv anzusehen.
Der Ort, einst eine wichtige Station an der Seidenstraße, ist seit der Jungsteinzeit besiedelt. Den ersten Höhepunkt erlebte Merv im 2. Jahrtausend v. Chr, hieß nach der Eroberung durch Alexander den Großen auch schon Alexandria oder trug zu Zeiten König Antiochos I. den Namen Antiochia.
Das Gelände ist sehr weitläufig und daher nur mit dem Auto zu besichtigen, an den historischen Stätten sind keinerlei Hinweisschilder angebracht, wo man Informationen dazu erhalten könnte, Führungen werden keine angeboten und das sehr kleine Museum war geschlossen. Es scheint, dass Touristen hier unerwünscht sind. Wir schauen uns das Mausoleum von Sultan Sanjar und Fort Kyz Kala an. Informationen darüber entnehmen wir dem Lonely Planet Central Asia, einem Geschenk von Fabian und Sandra (Cloud Machine), unseren Reisefreunden, die wir in Kappadokien und im Iran getroffen haben.
Tags drauf versuchen wir die Ausgrabungsstätte Gonur Depe zu finden, laut unseren Unterlagen eine der größten archäologischen Ausgrabungen im Nahen Osten, die nach Ägypten, Mesopotamien, China und Indien das fünftgrößte Zentrum der Zivilisation bildet. Doch es ist schwierig den Weg zu finden, im Lonely Planet ist der Weg nur vage beschrieben und es gibt keine GPS Koordinaten, das Internet ist nicht verfügbar, Straßenschilder gibt es auch keine und so stoppen wir einen Eselswagen mit 4 Leuten, die gerade ein Motorrad abschleppen. Aber von Gonur Depe haben alle 4 noch nie etwas gehört, es kommen noch einige Leute aus dem nahen Dorf hinzu und einer scheint etwas zu wissen und gibt uns eine Wegbeschreibung. Wir finden zwar einen historischen Platz, gewiss nicht Gonur Depe, aber leider gibt es auch hier keinerlei Schilder mit Erklärungen und so kehren wir wieder nach Mary zurück, ohne die Ausgrabungsstätte gefunden zu haben, aber dafür hatten wir Kontakt zu hiesigen Polizei. Diese steht überall am Straßenrand, beobachtet, kontrolliert und protokolliert alles. Mit orangen Schlagstöcken deuten sie den Autos an anzuhalten, wir hatten die Geste wahrscheinlich missverstanden und sind weitergefahren, nach ca. 5 Minuten hat uns dann ein Polizeiwagen gestoppt und Pässe samt Visa gecheckt.
Die Straßen sind in einem katastrophalen Zustand und man benötigt unglaublich viel Zeit selbst um nur kurze Strecken zurückzulegen. Wir fragen uns schon, wo die Erlöse aus den Öl- und Gasgeschäften landen.
Die letzte Station in diesem Land ist die Stadt Turkmenabad an der Grenze zu Usbekistan. Hier übernachten wir noch einmal und stehen um 07.00 Uhr an der alten Pontonbrücke über den Amu-Darya River. Die Einheimischen fahren zur Zahlstelle übergeben eine Münze und überqueren den Fluss, bei uns zeigt uns der Kassierer an, rechts ran zu fahren. Wir müssen warten bis um 09.00 Uhr die Bank aufmacht. Nach einer kurzen Diskussion machen wir halt einen Kaffee am Straßenrand und beobachten den Verkehr. Die ausländischen LKW stehen auch noch alle da und so suche ich einen Iraner auf und frage ihn, ob er Rials gegen usbekische Soms tauschen will. Er willigt ein und kurze Zeit später sind wir stolze Besitzer von 100.000,00 Som. Der Unterschied zum iranischen Geld ist, dass die Usbeken nur kleine Scheine haben, im Iran gab es 500.000 Rial Scheine und in Usbekistan waren, die größten, die wir gesehen hatten 5.000-er Scheine. An der Grenze gab´s aber nur 1.000-er Scheine und so ging der Geldbeutel nicht mehr zu, weshalb wir dann auf Plastiktüten umgestiegen sind.
Gegen 08.00 Uhr kommt der Bankier, wir zahlen 20 US$ und dürfen nach mehreren Kontrollen die Brücke passieren. Kurze Zeit später sind wir am Zoll und freuen uns auf Land Nr. 17 Usbekistan.